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120 Jahre: Michelin-Männchen feiert sehr seltenen Geburtstag

 

Auf Tausenden von Lastwagen bereist er die Welt, präsentiert neue Reifen auf Plakaten und wirbt für die exquisite Sterneküche: Der Michelin Mann, eines der bekanntesten Werbemaskottchen der Welt, wird 120 Jahre alt. Seine Silhouette entstammt der Fantasie der Gebrüder Michelin: Die beiden erkennen in einem Reifenstapel vor einem Messestand die Figur eines riesigen Mannes. Zusammen mit dem Künstler und Werbezeichner Marius Rossillon alias O’Galop entwerfen sie 1898 das Werbeposter mit dem Titel «Nunc est bibendum», auf dem das Männchen Gestalt annimmt. Der römische Trinkspruch des Dichters Horaz «Jetzt lasst uns trinken» löst sich in der Unterzeile auf: «Auf Ihr Wohl! Der Michelin Reifen schluckt das Hindernis!» Dies bezieht sich auf Glassplitter und Nägel – keine Seltenheit auf den staubigen Strassen zur Jahrhundertwende –, mit denen der Reifenmann kurzen Prozess macht und sie genüsslich runterschluckt. Lebensgross feiert er sein Publikumsdebüt am Michelin Stand des ersten Pariser Automobil-Salons. Seitdem taucht er auf allen Werbemitteln der Marke auf, illustriert technische Informationen zum richtigen Reifengebrauch und steht bis heute bei Messen und Veranstaltungen im Mittelpunkt.

 

Neben O’Galop, der ihn zum Leben erweckt, legen über die Jahrzehnte viele weitere Künstler zeichnerisch Hand an den Reifenmann: Hautot, Grand Aigle, Riz, Cousyn und René Vincent sind nur einige der Künstler, die ihn illustrieren, seinen Charakter mitprägen und neue Stile einfliessen lassen. Doch um den Wiedererkennungswert zu schaffen, vereinheitlicht Michelin das Design und stellt dafür 1920 einen Künstler im hauseigenen Design Studio ein. So wird nicht nur die Zahl der Pneus festgelegt, aus denen der Michelin Mann besteht, sondern auch die Form des Körpers klar definiert. Nach und nach bildet sich das unverwechselbare Antlitz hervor: Lächelnd, freundlich und beschützend, manchmal auch etwas verschmitzt, zählt er heute zu den bekanntesten Markensymbolen.

 

Im Jahr 2000 wählt eine professionelle Jury der Financial Times den Michelin Mann zum besten Markenzeichen aller Zeiten, und er erscheint in 3D. Der Designwandel schreitet fort, ohne die Tugenden zu vernachlässigen: Seit 2017 zeigt sich das Signet in einer modernen und schlankeren Form, bleibt aber sympathisch und freundlich. Frisch runderneuert, schickt sich der Reifenmann an, seinen Platz auf dem Lastwagen zurückzuerobern: Nach einer vorübergehenden Abwesenheit ist er seit 2017 sowohl für den Innenraum als auch für das Fahrzeugdach erhältlich und begleitet die Kapitäne als Schutzengel.

 

In seiner 120-jährigen Geschichte ändert sich nicht nur das Aussehen vom schwergewichtigen Reifenstapel mit Monokel und Zigarre hin zu einem schlanken, freundlichen Begleiter. In den vielen Werbeauftritten, Anleitungen und Reiseführern nimmt der Michelin Mann auch unterschiedliche Rollen ein. Zwar mag die Erde sein favorisierter Spielplatz sein, doch kommt er auch mit dünner Luft zurecht – schliesslich besteht er zu grossen Teilen daraus.

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts steckt die moderne Luftfahrt zwar noch in den Kinderschuhen, Michelin begleitet und unterstützt die Entwicklung jedoch. So wirbt das Signet 1908 für den ersten «Michelin Cup Flugwettbewerb» mit Flugzeugen, die wie Libellen auf seiner Hand sitzen. 1914 betätigt sich das Markensymbol als Wahrsager: In der wöchentlichen Kolumne der Zeitung «L’Auto» zeigt sich der Reifenmann mit Zauberhut und schwarzer Katze auf der Schulter. Thema: «Die Zukunft ist keine Zauberei, sondern eine ernste Herausforderung». Inspiriert von E. C. Segars Figur «Popeye» entstand 1930 eine Serie aus sechs Zeichnungen, in denen der Michelin Mann unter anderem als Schwimmer zu sehen ist.

 

1952 bildet die Pariser Motor Show die Bühne für ein ungewöhnliches Ereignis: Der Michelin Mann heiratet. Mit der feierlichen Zeremonie am Michelin Stand präsentiert der Pneuhersteller die Vereinigung von Stahl und Textil. Die technologische Innovation bildet die Basis für Radialreifen in allen Klassen: Autos (1949), schwere Lastwagen (1952), Baufahrzeuge (1959), landwirtschaftliche Fahrzeuge (1978), Flugzeuge (1981) und Motorräder (1984). Zum neunten Mal seit seiner Geburt 1898 entwickelt sich der Michelin Mann 2017 weiter. Die jüngste Version verkörpert mehr denn je das selbst gesteckte Ziel der Gruppe: ein Partner im Alltag, der den Kunden diskret, rücksichtsvoll und beruhigend zur Seite steht.

 

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