Carrosserie- und Fahrzeugbau

Serie: Mein erstes Auto - Thomas Hurter

 

Egal, wie lange es her ist, von welcher Marke es stammte und in welchem Zustand es damals war: Sein erstes Automobil vergisst keiner, jeder und jede erinnert sich besonders gerne daran. Oftmals auch mit etwas Wehmut. Wir haben bekannte Profis aus der Carrosserie- und Fahrzeugbranche zu einer Zeitreise in die automobile Vergangenheit eingeladen und sie zu ihrem emotionalen Erlebnis des ersten Fahrzeugbesitzes befragt.

 

Heute: Thomas Hurter (58), ACS Zentralpräsident, Kandidat Zentralpräsident AGVS, Nationalrat SVP Schaffhausen, Linienpilot Swissair/Swiss, Milizpilot Schweizer Luftwaffe, Präsident Aerosuisse (Dachverband der Schweizerischen Luft- und Raumfahrt)

 

Herr Hurter, Ihr erstes Auto war ein schwarzer VW Golf GTI mit einer, sagen wir Mal, speziellen Optik. Wie ist dieses Design zustande gekommen?
Thomas Hurter: Sie sprechen die gelben Streifen an, mit denen er «verziert» war. Das kam so: Zu der Zeit, als ich den Golf aus dem Verkehr nehmen wollte, war ich Militärpilot in der Staffel 11. Und die hatte einen Tiger im Emblem. Ich befand mich also mittendrin in den Ausmusterungsarbeiten, da lackierten die Fliegerkollegen in einer Nacht- und Nebelaktion die gelben Streifen aufs Auto. Der Tiger-Look war geboren. Links in die Türe montierten sie dann sogar noch den Aufkleber «Schleudersitz», weil sie der Meinung waren, dass nur dies als Ganzes das passende Autodesign für einen Staffelpiloten sein könne. Der Gag war gelungen, das Gelächter riesig.

 

Etwa fünf Jahre zuvor hatten Sie sich den GTI zugelegt. Ihr Traumwagen?
Thomas Hurter: Er stand an zweiter Stelle in meiner Beliebtheitsskala, hinter dem Ford Capri. Den fanden damals alle cool, ich sowieso.

 

Warum haben Sie sich trotzdem für den Golf entschieden?
Thomas Hurter: Mein Vater klapperte nicht nur die Händler im Zürcher Oberland mit mir ab, sondern er half auch bei der Autofinanzierung. Ich war Anfang der Achtziger Jahre 19 Lenze jung und Student, steckte mitten in der Militärpiloten-Ausbildung und konnte daher kein regelmässig hohes Einkommen vorweisen. Der günstigere Verkaufspreis vom Occasions-Golf sprach schliesslich gegen den Capri. Aber ich war begeistert vom GTI – und erinnere mich noch, wie der Verkäufer uns nahelegte, dass es sich hier um ein sehr gefährliches Auto handeln würde für einen Neulenker.

 

Was ist aus dem «Gefahrenherd» geworden?
Thomas Hurter: Ich liess ihn etwa 1987 mitsamt der Tigerstreifen verschrotten. Er hatte sich mittlerweile etwas pannenanfällig gezeigt, verlor auch mal Oel. Allerdings stand der Kilometerzähler auf etwa 160 000, da zeigt man Nachsicht.

 

Als Nachfolger wählten Sie, wie ich weiss, einen weinroten Chevrolet Camaro. Ein Neuwagen?
Thomas Hurter: Ein Kollege aus dem Militär und ich haben damals zwei oder drei Mal die schönsten Autos aus den USA importiert. Er holte sich schliesslich eine Corvette in die Schweiz, ich den Camaro. Der war brandneu, versehen mit einem targa-ähnlichen Dach – ein unglaublich tolles Auto. Wir liessen die US-Cars jeweils per Schiffsfracht nach Rotterdam schicken und holten sie dort persönlich ab.

 

Ein mutiges Unterfangen. Die Kommunikation per Internet war ja damals noch nicht weit fortgeschritten.
Thomas Hurter: Wir erledigten alles per Telefon. Das war wirklich eine sehr aufwändige Sache. Und wenn ich ganz ehrlich bin, begleitete mich ab und zu auch ein mulmiges Gefühl. Schliesslich ging es immer um eine Menge Geld, und das Controlling über die gesamten Transaktionen hatten wir ja eigentlich jeweils in unbekannte Hände gelegt.

 

Wie gut machte sich der Chevrolet?
Thomas Hurter: Er lief klaglos, ich behielt ihn viele Jahre. Später wollte ich ihn einem Händler aus dem Zürcher Oberland in Kommission geben. Aber das ist eine andere Geschichte. Eine ziemlich hässliche sogar.

 

Erzählen Sie sie bitte. Storys rund um Occasions-Autos sind immer besonders interessant und lehrreich.
Thomas Hurter: Als ich den Wagen abgeliefert hatte und auf den Kommissionsvertrag wartete, warf der Händler ein Bündel Noten auf den Tisch und meinte, für diese Summe werde er mein Auto gleich übernehmen. Das viele Bargeld lockte, aber die Summe entsprach nicht jener, die ich mir vorgestellt hatte. Also blieb ich standhaft, pochte auf den Kommissionsvertrag. Nach wenigen Wochen rief der Verkäufer wieder bei mir an und teilte mit, dass mein Auto defekt sei. Der Motor würde stark überhitzen.

 

Sie haben sich dann doch zum Verkauf an den Händler entschieden?
Thomas Hurter: Wo denken Sie hin. Ich holte den Camaro bei ihm ab und fuhr eine Runde damit – und musste feststellen, dass die Geschichte stimmte. Der Motor überhitzte tatsächlich stark. Mein Vater bestand schliesslich darauf, das Auto bei einem neutralen Garagisten untersuchen zu lassen. Dort stellte sich heraus, dass einer der Kühlventilatoren bewusst deaktiviert worden war.

 

Man wollte Sie bewusst täuschen, um den zuvor in Aussicht gestellten Ankaufspreis durchzuboxen?
Thomas Hurter: Ganz klar, da bin ich überzeugt davon. Ich war ja eigentlich Laie, und das hat der Händler als Profi sicherlich gespürt. Wir holten den Chevrolet daraufhin zurück und verkauften ihn selber. Aber das ist Jahre her, heute sind solche Winkelzüge mit Bestimmtheit kein Thema mehr.

 

Jemand erzählte mir jüngst, dass Sie ein besonderes Flair für Oldtimer haben. Stimmt das?
Thomas Hurter: Ich bin sogar ein richtiger Fan geworden. Hauptsächlich die britischen Roadster haben es mir angetan – und hier insbesondere der Jaguar E. Der war immer mein Traum. Aber irgendwie ist es einfach nie zu einem Kauf gekommen.

 

Warum haben Sie sich nie einen Klassiker zugelegt? Es muss ja nicht grad Jerry Cottons Dienstwagen sein.
Thomas Hurter: Ich hänge das sonst nicht an die grosse Glocke, aber ihnen verrate ich, dass wir zwei Oldies besitzen. Der eine, ein Austin-Healey Sprite, fährt leider im Moment nicht. Man müsste einiges daran instand stellen, und er hat Rost. Er gehörte schon meiner Mutter, als ich noch ein Bub war.

 

Dann haben Sie sicherlich auch tolle Erinnerungen daran?
Thomas Hurter: Ja klar, da gibt es sehr viele. Eine betrifft das Stoffdach, das in etwa so wasserdicht war wie eine Zeine. Meine Mutter chauffierte mich jeweils zwei oder drei Mal pro Woche nach Zürich ins Judo. Bei Regenwetter sass ich, bewaffnet mit Joghurtbechern, im Fond und fing die hereinstürzenden Regentropfen auf.

 

Wo steht der smarte Brite aktuell?
Thomas Hurter: Bei einem Kollegen, der eine Fabrikhalle mit Oldtimer-Ausstellung besitzt. Er liess unsere Scheune nachbauen, in welcher der Sprite die letzten 30 Jahre verbracht hat. Auf diese Weise interpretiert er innerhalb der Ausstellung das Thema Scheunenfund.

 

Und der zweite Oldtimer, was können Sie uns darüber berichten?
Thomas Hurter: Das ist ein Mini Cooper, er gehörte ebenfalls meiner Mutter. Den haben wir vor ein paar Jahren restaurieren lassen. Es ist immer sehr viel Spass dabei, wenn ich als Grossgewachsener mit diesem kleinen Auto durch Schaffhausen düse.

 

Wie ging es hinsichtlich Alltagswagen weiter, nachdem Sie den Camaro verkauft hatten?
Thomas Hurter: Ziemlich kunterbunt. Zuerst kaufte ich einen Nissan Terrano, dann das Elch-Auto von Mercedes. Wie hiess das schon wieder . . .?

 

. . . die A-Klasse!
Thomas Hurter: Genau. Unsere Kinder fanden den kleinen Mercedes extrem toll, weil sie darin so hoch sitzen konnten. Die letzten vier Jahre hatten wir einen Audi, jetzt einen Mercedes GLE. Bei dieser Marke werde ich wohl längere Zeit bleiben, weil ein guter Freund in einer entsprechenden Garage arbeitet. Er löst jedes Problem, da bin ich dankbar und habe sehr viel Vertrauen in ihn. Zudem mag ich – dies im Widerspruch zur Oldtimer-Liebe – solch moderne Autos. Sie faszinieren mit ihrer Technik und den Möglichkeiten hinsichtlich Navigationsgerät, den vielen Sicherheits-Gadgets und all den elektronischen Helfern, die für Komfort stehen.

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