Carrosserie- und Fahrzeugbau
João Gonçalves: «Ich hatte ein Ziel – diese WM zu gewinnen!»
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José João Gonçalves heute in seinem Betrieb im zürcherischen Pfäffikon . . . José João Gonçalves heute in seinem Betrieb im zürcherischen Pfäffikon . . .
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. . . und 2005 in der Siegerpose als Weltmeister. . . . und 2005 in der Siegerpose als Weltmeister.
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Erfolgreiche Weltmeisterschaften: José João Gonçalves (unten, rechts) mit seinen beiden Medaillen. Erfolgreiche Weltmeisterschaften: José João Gonçalves (unten, rechts) mit seinen beiden Medaillen.
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Der Weltmeister mit seinem WM-Coach Willi Frei (2. von links). Der Weltmeister mit seinem WM-Coach Willi Frei (2. von links).
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17 Jahre ist es her: José João Gonçalves mit Schweizer Fahne und im . . . 17 Jahre ist es her: José João Gonçalves mit Schweizer Fahne und im . . .
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. . . Interview mit dem Schweizer Fernsehen als neuer Weltmeister. . . . Interview mit dem Schweizer Fernsehen als neuer Weltmeister.
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Viel Ehre: Bundesrat Joseph Deiss, von 1999 bis 2006 Mitglied der Regierung, gratuliert dem jungen Lackierer am Tag der Berufsbildung. Viel Ehre: Bundesrat Joseph Deiss, von 1999 bis 2006 Mitglied der Regierung, gratuliert dem jungen Lackierer am Tag der Berufsbildung.
https://www.carwing.ch/carrosserie-und-fahrzeugbau/6402-joao-goncalves-ich-hatte-ein-ziel-diese-wm-zu-gewinnen.html#sigProId84de6873c0
Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kam José João Gonçalves Ende 1998 aus Portugal in die Schweiz. Im Alter von nur 15 Jahren. Sieben Jahre später war er Schweizer- und Weltmeister bei den Lackierern. Nach verschiedenen Herausforderungen als Schulungsexperte und Anwendungstechniker gehört ihm seit 2016 die «Gehri Carrosserie Spritzwerk AG» in Pfäffikon ZH. Wir haben uns mit dem heute 38-Jährigen über seinen bemerkenswerten Werdegang unterhalten.
Herr Gonçalves, in diesem Herbst sind die Schweizermeisterschaften der drei Carrosserieberufe über die Bühne gegangen. Es folgt jetzt noch die Berufs-WM für die Carrosseriespengler in Bern. Mit Ihnen als Zaungast?
José João Gonçalves: Ja, die spannende Zeit ist da, die jungen Berufsleute dürfen wieder gegeneinander antreten und sich messen. Für mich waren und sind Besuche leider schwer möglich, ich befasse mich aktuell mit dem Umbau unserer «Gehri Carrosserie Spritzwerk AG». Vielleicht reicht es noch, einen Blick in die WM in Bern reinzuwerfen. Ist immer ein Highlight für mich.
Das kann man wohl so sagen. Sie waren schliesslich selbst einmal in der Situation der Teilnehmenden, haben 2005 an der Berufsweltmeisterschaft in Helsinki die Goldmedaille gewonnen. Mit welchen Gedanken erinnern Sie sich daran?
José João Gonçalves: Am Anfang herrschten Aufregung und Anspannung. Denn alle Teilnehmer waren angenehm im Umgang, aber auch sehr motiviert, zielstrebig und ehrgeizig. Da habe ich mir gesagt: Jetzt bist du schon so weit gekommen, da gibt es nur einen Weg und ein einziges Ziel: Du willst diese WM gewinnen.
Ich weiss noch, dass Sie damals 552 von 600 möglichen Punkten geholt haben. Wie überrascht waren Sie selbst von diesem Glanzresultat?
José João Gonçalves: Die Punktzahl war weniger wichtig, Weltmeister werden aber schon. Trotzdem ist es schwierig, in einem Wettbewerb mit einem solch komplexen Bewertungssystem eine Prognose stellen zu wollen. Zum Schluss waren die zwei Wochen in Helsinki jedoch in jeder Hinsicht von Überraschungen geprägt – zum Beispiel durfte ich nebst Gold auch noch Bronze für die Höchstpunktzahl aller Berufsgattungen der Schweizerdelegation «Best oft the Nation» entgegennehmen. Es war mir eine grosse Ehre, auch diese Auszeichnung zu erhalten – sie krönte die unglaublich interessante und emotionsgeladene Zeit.
Ihre bisherige Lebens- und Berufsgeschichte in der Carrosseriebranche ist beinahe beispiellos. Würden Sie mir da beipflichten?
José João Gonçalves: Ich glaube schon, dass man das so sagen darf. Ich habe sie allen zu verdanken, die an mich geglaubt haben und mir heute noch das Vertrauen schenken. Aber es braucht zusätzlich Fleiss, Disziplin, hartes Training und Leidenschaft – zusammen mit Support von aussen führt das zum Erfolg.
Zur Erklärung des Wortes beispiellos möchte ich Ihren Weg nachzeichnen. Sie sind Ende 1998, im Teenager-Alter von 15 Jahren, aus Portugal in die Schweiz zu Ihren Eltern gezogen. Zuerst haben Sie intensiv Deutsch gelernt, dann die Lehre als Autolackierer absolviert und als Zwanzigjähriger WM-Gold gewonnen. War das von Beginn weg Ihr Plan?
José João Gonçalves: Nein, primär war es mein Ziel gewesen, in die Nähe meiner Familie zu kommen. Aber mir war von Anfang an bewusst, dass Deutsch lernen in Bezug auf meine persönliche und berufliche Laufbahn eine wesentliche Rolle spielen wird. Ohne fundierte Sprachkenntnisse ist kaum etwas zu erreichen. Also dachte ich mir: Zuerst Deutsch lernen, dann den Sekundarabschluss erreichen und eine Lehre abschliessen – obwohl ich mir damals nicht im Klaren war, was ein duales Ausbildungssystem ist. In Portugal kennt man das so nicht. Mein Traum war es, Architekt oder Sportlehrer zu werden, ein entsprechendes Studium wollte ich gleich nach der Lehre in Angriff nehmen. Aber zwischenzeitlich habe ich dann das Potential im Lackiererberuf gesehen – und viele Menschen kennengelernt, die mich unterstützt und angefeuert haben, in diesem Beruf weiterzumachen.
Wie kam es dazu, dass ein junger Lackierer, keine sieben Jahre in der Schweiz, Landesmeister wird und an die Berufs-WM geht? Das braucht enormes Selbstvertrauen. Hat man Sie «genötigt»?
José João Gonçalves: Nein, nicht genötigt, aber gefordert und gefördert (lacht). Berufsschullehrer Arthur Böni und meine Vorgesetzten haben wohl Potential in mir gesehen, ihr Support fiel auf fruchtbaren Boden: Ich bin von Natur aus optimistisch, motiviert, zielstrebig und organisiert. Und: Wenn ich mich, damals wie heute, für etwas entschieden habe, investiere ich meine ganze Energie und Leidenschaft.
Der Weg an die Schweizermeisterschaft und die Berufs-WM ist mit riesigem Zeitaufwand verbunden, kostet Freitage, Wochenenden und unbezahlte Ferien. Sie waren bereit, all das auf sich zu nehmen?
José João Gonçalves: Es gibt keinen anderen Weg. Wenn man den so vorgezeichnet hat, muss man bereit sein – sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass Verzicht, Müdigkeit, Training und Schlaflosigkeit für längere Zeit die ständigen Begleiter sind.
Es gab jedoch Zeiten, da hatten Sie Mühe mit dem Schweizer Perfektionismus, den strengen Regeln und hohen Kundenansprüchen. Sie haben sich auch Mal insofern geäussert, dass Sie sich vorstellen könnten, mit Ihrer damaligen Freundin für immer nach Portugal zurückzukehren.
José João Gonçalves: Mit Perfektionismus und Genauigkeit hatte ich keine Mühe, das lernte ich von meinem Vater. Ausschlaggebend waren viel mehr Familie und die Freunde in Portugal – sie fehlten mir. Auch das Klima machte mir zu schaffen, daran musste ich mich gewöhnen. Nach der WM bekam ich viele Angebote von Firmen aus aller Welt – China, Japan, Portugal, Italien und einige mehr. Der Grund zum Bleiben war meine jetzige Frau, meine Eltern, neue Jobangebote und die Weiterbildung zur Berufsprüfung.
Bleiben wir noch kurz bei Ihrer Karriere. Nach der WM folgte die Berufsfachprüfung mit Eidgenössischem Fachausweis, und Sie wurden Schulungsleiter und Trainer von «Akzo Nobel Car Refinishes AG» in Wetzikon. Gab es auf dieser Strecke Menschen, die Sie unterstützt, Ihnen Mut gemacht haben?
José João Gonçalves: Neben WM-Coach Willi Frei kannte ich auch Paolo Flückiger seit der Schweizermeisterschaft in Le Locle. Wir verstanden uns sofort, obwohl ich seinen Tessiner Kandidaten im Wettbewerb geschlagen hatte. Und nach der WM begegnete ich vielen tollen Menschen, die es gut gemeint haben. Zum Beispiel Enzo Santarsiero, der auch heute noch mit seinem Team meine Firma mit der Lackmarke « Standox» beliefert. Er glaubte an mich, bedingungslos, und holte mich zu «Akzo Nobel». Dort habe ich mein Wissen vertieft, und Freundschaften fürs Leben mit Kunden und Arbeitskollegen geknüpft.
An wen denken Sie da insbesondere?
José João Gonçalves: An zahlreiche Persönlichkeiten, die ich näher kennenlernen durfte. Die Liste ist lang, beginnt beim Buchstaben A und endet bei W – zum Beispiel Hans und Jwan Aeschlimann, Rolf Baumgartner, Wolfgang Jun, Udo Klein, Daniel Randegger, Michael Schäfer, Hans-Peter Schneider, Kurt Walde und, und, und. Bitte entschuldigt, dass ich nicht alle namentlich erwähne. Aber wer mich kennt, weiss: Obwohl ich sie alle nicht immer sehe, bleibt jeder und jede in der Erinnerung. Distanz bedeutet für mich nicht Vergessenheit.
Heute engagieren sich bei «Carrosserie Suisse Zürich», zum Beispiel als Experte und Delegierter. Zudem sind Sie Mitglied in der Reparatur-Fachkommission oder auch der Stiftung zur Förderung des Berufsnachwuchses. Warum tun Sie das?
José João Gonçalves: Das ist mein Beitrag an unsere tolle Branche und die jungen Menschen, welche unsere Berufe ergreifen.
Seit 2016 sind Sie Eigentümer und Geschäftsführer der Gehri Carrosserie Spritzwerk AG. War der Entscheid auch im Nachhinein gesehen der richtige?
José João Gonçalves: Ich wählte den richtigen Weg, davon bin ich nach wie vor überzeugt. Die Kundenzufriedenheit, so wie wir sie erleben, ist der Garant dafür.
Sie waren lange Schulungsexperte und hatten Einblicke hinter die Kulissen vieler Betriebe. Haben Sie da gelernt, wie man es nicht macht, wenn man als Unternehmer Erfolg haben will?
José João Gonçalves: Ja, meine früheren Tätigkeiten als Anwendungstechniker, Schulungsleiter, Leiter Coloristik Schweiz oder als Key Account Manager bei Cromax haben mir Wissen und viele Erfahrungswerte gegeben, die ich heute im Alltag einfliessen lasse. Aber auch die Begegnungen mit hervorragend ausgebildeten Fachleuten haben mich weitergebracht. Der Beruf des Lackierers und die Tätigkeit als Firmeninhaber haben eines gemeinsam: Sie waren, sind und bleiben eine spannende Herausforderung, verbunden mit kontinuierlicher Weiterbildung.
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