Carrosserie- und Fahrzeugbau

Interview: So plant Daniel Röschli den Branchenevent 2023

 

Der Branchenevent, so wie er früher von «Carrosserie Suisse» in Langenthal zelebriert wurde, ist längst Vergangenheit. Genauso wie der von den Ausstellern relativ heftig kritisierte Messeauftritt «Go» an der «Aftermarket CH» in der Berner Expo im vergangenen Jahr. Die Zukunft gehört dem geplanten Branchenevent «Carrosserie CH 2023». Wir haben mit Daniel Röschli, Direktor vom Schweizerischen Carrosserieverband, rückwärts und vorwärts geschaut.

 

Interview: Heinz Schneider

Herr Röschli, das waren noch Zeiten. Früher hatte Carrosserie Suisse unter dem Label «Go» einen mehrtägigen Branchenevent im eigenen Rahmen in der Calag – begleitet von einer Messe für die Lieferanten, dem Galaabend und inklusive Schweizermeisterschaften aller drei Berufsgattungen. Da war das Gewerbe so quasi unter sich. Wie fest vermissen Sie diese Veranstaltung?
Daniel Röschli: Ich war damals noch nicht dabei, aber wenn andere vom «Geist von Langenthal» sprechen, höre ich daraus, dass sie dieser Veranstaltung nachtrauern. Und zwar sowohl Mitglieder von uns als auch Vertreter der Zulieferbranche. Man war unter sich, und durfte . . . ja, sich selbst auch ein bisschen feiern und feiern lassen. Das war schon einmalig. Aber die Welt hat sich verändert, zudem war die Organisation für die Calag jeweils eine gewaltige Herausforderung. Dass dort der Entscheid gegen weitere Durchführungen gefallen ist, kann ich nachvollziehen.

 

Die Berufsmeisterschaften sind inzwischen an die «Swiss Skills» delegiert worden, ein Branchenevent ist jetzt im oben genannten Rahmen gar nicht mehr möglich. War es klug, deren Durchführung aus den Händen zu geben?
Daniel Röschli: Die «Swiss Skills» waren in diesem Jahr eine Show mit 150 Berufen, von denen sich 90 an den Meisterschaften beteiligt haben. Wir hatten eine eigene Bühne, es war extrem viel Publikum vor Ort – das ist eine attraktive Plattform.

 

Aber eben, man hat alles aus den eigenen Händen gegeben. Ein richtiger Entscheid?
Daniel Röschli: Ich bin ein grosser Anhänger der getroffenen Lösung, obwohl mir bewusst ist, dass wir bei so einer Grossveranstaltung ein Teil von vielen sind. Aber wir standen vor einer neuen Ausgangslage, und es liegt an uns, daraus eine gute Sache zu gestalten.

 

Eine dieser guten Sachen im Rahmen der diesjährigen Berufsmeisterschaft in der Berner Expo war «My Skills». Was hatte es damit auf sich?
Daniel Röschli: Schulabgänger und Interessierte konnten sich an verschiedenen Posten handwerklich betätigen und so unsere Berufe kennenlernen. Die Aktion war sehr, sehr erfolgreich. Würde man sie vernachlässigen, wären die Möglichkeiten, welche die Plattform «Swiss Skills» bietet, bei weitem nicht ausgeschöpft. Ob im Hinblick auf Schnupperlehren oder Lehrverträgen etwas hängen bleibt, wissen wir im Moment noch nicht. Aber aus der riesigen Nachfrage und dem Interesse heraus müsste das schon so sein, das ist anders fast gar nicht möglich.

 

Gabs nie den Verdacht, angesichts der vielen Konkurrenzberufe und dem gewaltigen Treiben etwas unterzugehen mit «My Skills» und den eigenen drei Berufen?
Daniel Röschli: Diesen Eindruck hatte ich überhaupt nie, ich empfand den Grossanlass mit seinem Programm bereichernd. Wer wollte, konnte viel davon lernen, und Vergleiche anstellen, wie andere sich präsentieren. Wir stehen für die Berufslehre als Ganzes ein, also für den dualen Bildungsweg. Er ist uns wichtig, weil er auch mithilft, unseren Wohlstand zu sichern. Diese Botschaften haben wir an den Meisterschaften einem riesigen Publikum rüberbringen dürfen. Das ist einmalig – und an keiner anderen Veranstaltung auch nur ansatzweise so möglich.

 

Sie haben Mal gesagt, Sie sehen die «Swiss Skills» als eine Art Olympiade.
Daniel Röschli: Aber als Olympiade, an der es im Endeffekt auch darum geht, die Berufslehre gegen die universitäre Welt zu verteidigen. Wir erzielen über «Swiss Skills» eine entsprechende Breitenwirkung, dürfen unsere Berufe in einem passenden Umfeld präsentieren. Wie gesagt: Alleine sind wir nie und nimmer in der Lage, erstens vor so einem grossen Publikum und zweitens auch nur annähernd so wirkungsvoll aufzutreten.

 

Beschliessen wir die «Swiss Skills», und wenden wir uns dem zu, was vom ursprünglichen Langenthaler Event übriggeblieben ist – dem Branchenabend und der Ausstellungsmesse «Go» für die Lieferanten. Im November 2021 hat der Carrosserieverband beschlossen, die beiden «Anlässen» in die «Transport CH» und «Aftermarket CH»zu integrieren. Von Verbandsseite hiess es damals «Wir sind hier am richtigen Ort». Würden Sie das heute immer noch unterschreiben?
Daniel Röschli: Ja, das tue ich. Aber wie erwähnt, kommen wir aus dem «Geist von Langenthal.» Eine für alle gleichwertige Alternative zu finden, ist deshalb nicht einfach. Jedoch war der Versuch, an einem Event im regelmässigen Turnus festzuhalten – an dem wir als Branche zusammenkommen – sicherlich gerechtfertigt. Es war ein Versuch, und der Entscheid war richtig.

 

Kürzlich hat nun von diesem Versuch das Debriefing stattgefunden. Wie ich höre, waren vor allem die Lieferanten und Aussteller nicht zufrieden.
Daniel Röschli: Ja, das ist so. Sie haben geschildert, wie sie die Integration von «Go» in «Aftermarket CH» erlebt haben. Ich habe mich dieser Kritik, die relativ heftig ausgefallen ist, gestellt. Aber sie war, selbstkritisch betrachtet, teilweise berechtigt. Trotzdem: Die Veranstaltung 2021 ist aus den gegebenen Umständen heraus entstanden, da lief das eine oder andere nicht optimal. Wir haben uns damit auseinandergesetzt, und entschieden, den Faden nochmals aufzunehmen und für 2023 einen weiteren Event aufzugleisen. Allerdings mit einigen Korrekturen.

 

Welches sind die von den Ausstellern kritisierten Punkte?
Daniel Röschli: Einer ist die Kommunikation, da sei zu wenig gemacht worden. Auch der Name «Go» kam nicht gut an – er ist nach Meinung der Aussteller zu wenig aussagekräftig. Zudem sei «Go» als Ausstellung und Branchenevent innerhalb der «Aftermarket CH» komplett untergegangen, die Mitglieder des Gewerbes hätten nicht gewusst, was dort passiert.

 

Ich war im November ebenfalls vor Ort und könnte mir vorstellen, dass auch der geringe Publikumsaufmarsch ein Thema gewesen sein könnte.
Daniel Röschli: Das ist richtig, jedoch nicht einfach so zu ändern. Es wird auch 2023 eine Herausforderung sein, genügend Besucherinnen, Besucher und Mitglieder nach Bern zu bringen. Wir sind aktuell daran, Ideen zu entwickeln, wie wir das schaffen können.

 

Sie haben Korrekturen angesprochen, die der Verband am Event 2023 anbringen wird. Wie sehen diese aus?
Daniel Röschli: Eine davon ist, nicht mehr unter dem Label «Go» aufzutreten, sondern mit «Carrosserie CH». Und zwar als dritte Kraft innerhalb «Transport CH» und «Aftermarkt CH», die dem Garagengewerbe vorbehalten bleibt. «Go» ist weg, wir schliessen uns – auch optisch – den beiden Veranstaltungen an. So ist auf den ersten Blick zu sehen, dass «Carrosserie CH» ein zusätzlich integrierter Event ist. Mit der Namensänderung haben wir einen wesentlichen Teil zur Verbesserung beigesteuert. Nun liegt es an uns – den Veranstaltern, Organisatoren und Ausstellern – alles dafür zu tun, dass wir einen grossen Bekanntheitsgrad erreichen, damit im November 2023 viele Besucher nach Bern kommen. Ich bin überzeugt, mit dem neuen Namen transportieren wir sehr deutlich, was das Publikum von uns erwarten darf.

 

Was da wäre?
Daniel Röschli: Eine klassische Messe, an der wir den Lieferanten anbieten, ihre Produkte optimal vorzustellen. Weil wir glauben, dass auf unser Gewerbe einiges zukommen wird in Zukunft – Stichwort Dekarbonisierung und Energiesparen. Dazu haben die Lieferanten einiges zu sagen. Insofern ist es ein Muss, dass wir ihnen eine Plattform zur Verfügung stellen. Eine Plattform, die es ihnen ermöglicht, jene Mittel zu demonstrieren, die sie haben, um das Gewerbe auf dem weiteren Weg zu begleiten.

 

Wie haben die Lieferanten Ihre Ideen aufgenommen?
Daniel Röschli: Ich bin optimistisch. Ich habe sehr viel mit ihnen besprochen, auch anlässlich eines Briefings. Da habe ich deutlich gemacht: Wenn ihr nicht dabei sein wollt, dann ist das so. Ich werde das akzeptieren. Dann machen wir halt nur ein Fest. Aber ich meine, es ist lohnenswert, dass die gesamte Community zusammenkommt und wir das Treffen pflegen. Die Ausschreibung ist lanciert. Jetzt wird es sich zeigen, wieviele Aussteller wir haben motivieren können.

 

Was halten Sie vom Branchenabend?
Daniel Röschli: Sehr viel. Den braucht es, um die Gemeinschaft zusammenzuhalten und ein Fest zu feiern.

 

Wie präsentiert sich der aktuelle Stand? Ich meine, schon in einem Jahr geht es los, dann muss alles bereit sein.
Daniel Röschli: Wir haben im Moment noch eine spezielle Situation. Auf dem Gelände der Expo wird umgebaut, die Festhalle kommt weg, eine neue wird gebaut. Alternativ würden wir in einem Zelt beheimatet sein. Dieses Zelt möchte ich als Carrosserie-Pavillon aufleben lassen – das ist so das Bild, das ich vor mir habe. Natürlich hängt das Ganze noch vom Mietpreis pro Quadratmeter ab.

 

Wenn Sie von einem Pavillon sprechen, stelle ich mir dieses Zelt als Gemeinschaftsort mit Arena, Ständen von Standbauern und einem Forum zum Beispiel für Vorträge vor.
Daniel Röschli: Genauso ist es. Darauf würde ich mich extrem freuen. Auch darauf, dass die Lieferanten zum Beispiel diese Möglichkeit zu Vorträgen nutzen – an einem Branchentreffpunkt für das ganze Schweizer Carrosseriegewerbe.

 

Und welche Pläne haben Sie fürs Jahr 2025 mit «Carrosserie CH»?
Daniel Röschli: Konzentrieren wir uns auf 2023. In drei Jahren werden wie eine ganz neue Situation haben, weil dann auch die neue Festhalle auf dem Expo-Gelände steht. Dann sehen wir weiter.

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