Ein Apotheker aus Australien schreibt gerade das vielleicht schillerndste Kapitel in der Geschichte staatlicher Gesundheitsprogramme – allerdings nicht in einem medizinischen Fachjournal, sondern im Strafregister. Zwischen 2014 und 2023 soll der 58-Jährige das «Pharmaceutical Benefits Scheme» (PBS), ein steuerfinanziertes Subventionssystem für rezeptpflichtige Medikamente, nach Strich und Faden betrogen haben. Die Polizei wirft ihm vor, mit systematisch gefälschten Abrechnungen rund 6,5 Millionen US-Dollar ergaunert zu haben. Medikamente für Bedürftige? Schön und gut. Aber der Mann hat offensichtlich andere Bedürfnisse: Geschwindigkeit, Klang, Karbon.
Während normale Apothekenkunden auf ihre Schmerzmittel warten, treibt der Beschuldigte seine eigene Schmerzgrenze – in einem Aventador SVJ über die imaginäre Ideallinie des Alltags. Lamborghini, Ferrari, McLaren – das Who’s who des Supersport-Segments findet sich in seiner Garage. Nur dass es sich dabei nicht um ein Sammelsurium plakativer Posterträume handelt, sondern um reale Boliden mit echten PS – finanziert mit Steuergeldern, die eigentlich für das Gemeinwohl vorgesehen waren. Wer Medikamente manipuliert, um Carbonflügel zu finanzieren, hat die Gesundheitsfürsorge offensichtlich mit der Startaufstellung verwechselt.
Zwei Lamborghini Aventador stehen exemplarisch für das Ausmaß der Dekadenz. Einer davon: der LP 780-4 Ultimae – limitiert, kompromisslos, laut. Der andere: ein SVJ, berühmt für seine Rekordrunde auf der Nordschleife. Dazu zwei Ferraris aus der 488-Baureihe, darunter die rare Pista-Variante – ein Leichtbau-Geschoss mit Rennstrecken-DNA. Als ob das nicht schon genügt, parkt daneben ein McLaren 765LT in MSO-Spezifikation. Wer so bestellt, will kein Auto. Der will ein Statement. Und weil selbst ein Supersportwagen mal Pause hat, stehen noch sieben BMWs bereit – vom M3 bis zur 7er-Limousine. Dienstwagen für den Alltag, versteht sich.
Doch nun droht dem «Apotheken-Rennstall» das jähe Aus. Die australische Bundespolizei hat Anklage wegen zweifacher Geldwäsche sowie wegen Betrugs zulasten des Staates erhoben. Bis zu 25 Jahre Haft pro Tatbestand sind möglich – das wären dann deutlich mehr Jahre als der Aventador auf dem Tacho hat. Und während die Justiz den Gaspedal-Fetischisten in Handschellen legt, rückt schon die «Australian Financial Security Authority» an, um die Fahrzeuge zu konfiszieren. Die Versteigerung der Sammlung ist geplant, die Erlöse sollen in Programme zur Kriminalitätsprävention fließen. Ironie des Schicksals: Ausgerechnet mit der PS-Protzerei eines Gesundheitsbetrügers sollen künftig Verbrechen verhindert werden.
Für den Apotheker ist das Spiel vorbei. Was bleibt, ist ein Fuhrpark im Wartestand und ein Konto, das bald leerer ist als der Medikamentenschrank nach der Grippewelle. Die Autos wandern unter den Hammer, der Besitzer womöglich hinter Gitter. Kein V12 mehr zum Frühstück, kein Launch Control zum Feierabend. Stattdessen: Justizvollzugsanstalt, Vollpension und wahrscheinlich die erste echte Begegnung mit staatlicher Versorgung – diesmal allerdings ohne Spoiler und Rennmodus.