Carrosserie- und Fahrzeugbau

Sorgt für Umsatz und Arbeit: die Fahrzeugbau-Branche

 

Von Heinz Schneider 

 

Der Carrosseriebau hat in der Schweiz Tradition. Die Folge davon: Die Branche entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden und wichtigen Industriezweig. Das dokumentieren alleine schon die nackten Zahlen: Gegen 600 Millionen Franken pro Jahr setzen die über das ganze Land verteilten 120 einheimischen Fahrzeugbau-Betriebe um. Damit garantieren diese Unternehmungen nicht nur eine breite und nach individuellen Wünschen gebaute  Palette von speziellen Service- und Werkstattwagen, Kühltransportern, Fahrzeugen für behinderte Menschen oder Nutzfahrzeugen für den komfortablen und sicheren Personen- und Warentransport, sondern bieten gleichzeitig auch Arbeit für 2000 Fachleute. Die Mehrheit dieser Angestellten verfügt übrigens über eine abgeschlossene Ausbildung als Fahrzeugschlosser/-in, Carrossier/-in Spenglerei, Carossier/-in Lackiererei und Konstrukteur/-in.

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Ein massgeschneidertes Wohnmobil für Dumbo und Co.: der Firma Lanz + Marti AG aus Sursee (LU) sei Dank.

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Tatü, tata, das Hotelgepäck ist da. Auch diese Schneemobile auf der Walliser Riederalp sind von Fankhauser auf die Raupen gestellt worden.

 

Das sind durchwegs Berufsgattungen, für die nicht nur aktuelle Bildungsverordnungen (BiVO) vorliegen, sondern auch Lehrpläne sowie Modell-Lehrgänge für die Ausbildungssparten Betrieb, überbetriebliche Kurse und Berufsfachschule.

Aufteilen lassen sich die verschiedenen und in den Schweizer Betrieben hergestellten Nutzfahrzeuge in die Kategorien Waren- und Personentransport sowie Arbeitsgeräte. Kundenspezifische, auf hiesige Bedürfnisse ausgerichtete Aufbauten für den Warentransport (u.a. Sand, Beton, Holzstämme, Frischwaren) bilden dabei das weitaus grösste Marktsegment. Gefolgt von der Arbeitsgeräteproduktion – zum Beispiel für die Bereiche Strassenunterhalt, Militär, Polizei, Feuerwehr oder auch die kommunale Entsorgung.

 

 

 

Der mit Um- und Ausbauten für den Personentransport erzielte Umsatz beträgt rund zehn Prozent des Gesamtvolumens – namentlich Armee-Sanitätsautos, Trolley- und Autobusse oder spezielle Gefängniswagen spielen in diesem Produktionszweig eine wichtige Rolle.

Ihre Arbeiten erhält die Schweizer Fahrzeugbaubranche etwa zu einem Fünftel von der öffentlichen Hand – zum Beispiel von regionalen Verkehrsbetrieben oder Ämtern (siehe Artikel «Zwei Beispiele von Schweizer Fahrzeugbau-Firmen», Walser AG, Zizers). 80 Prozent des Auftragsvolumens vergeben private Firmen, die in allen Wirtschaftssektoren tätig sind – so zum Beispiel in der Baubranche, im Forst- und im privaten oder öffentlichen Personentransportdienst.

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Die Schweizer Spezialisten habens erfunden: Spezialanfertigungen wie dieser Lastwagen für den Betontransport.

 

 

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Sonderanfertigung à la Rusterholz (Richterswil) für die Zürcher Gebäudeversicherung: Das Gebläse wird über einen Dieselmotor angetrieben und stoppt Rauchentwicklungen zum Beispiel in Tunnels.

 

Das automobile Umbau-Potential dazu ist durchaus vorhanden, schliesslich verkehren hierzulande 4,4 Millionen Personenwagen und 55 490 Lastwagen. Dazu kommen – gemäss René Mitteregger vom Branchenbeobachter auto-i-dat – knapp 1,37 Millionen landwirtschaftliche Traktoren, über 36 000 landwirtschaftliche und andere Arbeitskarren, 15 582 Arbeitsmaschinen, über 327 000 Lieferwagen und 13 724 Sattelschlepper (Stand: Oktober 2012). Die Individualisierung der Auf- und Umbauten für alle diese Liefer- und Lastwagen, Busse oder Sattelschlepper – das ist die Kernkompetenz der genannten 120 Schweizer Fahrzeugbau- und Carrosserieunternehmungen. Gleichzeitig stellen sie für die Mehrzahl aller eingesetzten Nutzfahrzeuge eine hohe Reparaturqualität sicher.

 

 

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Zwei Beispiele von Schweizer Fahrzeugbau-Firmen  

 

Walser AG, Zizers GR

 

Ein Allrounder und Rundum-Dienstleister in der Produktion von Spezialfahrzeugen, die transportieren, reinigen, löschen, entsorgen sowie Schnee und vieles andere wegräumen können – das ist die Firma Walser AG in Zizers nahe Landquart GR. Zu verdanken ist das Knowhow einem motivierten Team, bestehend aus Bau- und Landmaschinenmechanikern, Lastwagenmechanikern, Diagnostikern, Metallbauschlossern für spezielle Fahrzeugaufbauten und Fahrzeugschlossern. Und natürlich Peter Schmid. Der Flimser, gelernter Landmaschinenmechaniker-Meister, hat sich schon früh auf Forstfahrzeuge spezialisiert und steht heute dem Unternehmen in Zizers als Betriebsleiter vor.

Eine wichtige Aufgabe im Team hat auch Thomas Berger. Er ist Ansprechpartner für Schweizer Kunden, wenns um eine weitum bekannte Walser-Spezialität geht: den Verkauf und die Produktion von Feuerwehrautos. Diese Sonderfahrzeuge werden im Walser-Hauptsitz in Rankweil (A) hergestellt – keine halbe Autostunde von Zizers entfernt.

 

 

 

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Voilà, der Holztransporter fährt. Die Lastwagenhersteller liefern Kabine und Chassis, den Rest erledigt Walser.

 

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Wird bald vom Waschbalken befreit und mit einem Pflug bestückt: das Sonderfahrzeug des Tiefbauamtes Thusis.

 

Grundsätzlich gilt: Wer von Walser Fahrzeuge ab Stange erwartet, liegt falsch. Flexibilität und Individualität heissen hier die Losungsworte. Ein weiteres wichtiges Standbein des Unternehmens ist zum Beispiel die Herstellung von Holztransportern: Sie werden in einem ersten Schritt von Renault, Volvo und anderen quasi «nackt» nur mit Kabine und Chassis nach Zizers geliefert, wo sie von den Spezialisten mit Ladebrücke und Kran versehen werden. Viel Fantasie und Sachkenntnis erforderte weiter der Auftrag des Tiefbauamtes Thusis. Hier gings darum, ein Auto mit Allradantrieb auf die Räder zu stellen, das einerseits für den Winterdienst geeignet ist, andererseits aber auch mit einem Waschbalken für Strassen- und Tunnelreinigungen während des Sommers bestückt werden kann. Klar, dass die Spezialisten bei Walser auch diese Aufgabe mit Bravour meisterten.

 


 

 

Rolf Waldspurger AG, Bergdietikon AG

 

Das Familienunternehmen aus dem Aargau hat sich mit viel Freude, Berufsstolz, Engagement und Know-how voll und ganz auf den Aus- und Umbau von Kleinbussen und Lieferwagen spezialisiert. Eine ganz besondere Innovation gelang dem Unternehmen darüber hinaus mit «Rolli Box». Dahinter steckt das modernste und sicherste Rollstuhl-Transportsystem. Ob die mitzuführenden Personen dabei auf Sitzen oder in Rollstühlen zu transportieren sind, spielt keine Rolle: «Rolli Box» überzeugt in jedem Fall mit einer durchdachten Lösung und einem geprüften System, das dieselbe Sicherheit bietet wie in einem Personenwagen.

 

 

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Ist das modernste und sicherste Rollstuhl-Transportsystem:  «Rolli Box» mit  drehbaren Kopfstützen und Dreipunkt-Sicherheitsgurten.

 

Die Sitze lassen sich seitlich wegklappen und sind in der Länge verschiebbar. Die drehbaren Kopfstützen mit Dreipunktgurten können für die Sicherung der Person im Rollstuhl genutzt werden. Darüber hinaus ist die Bestuhlung auf einfachste Weise veränderbar, komfortabel und sicher – unabhängig davon, ob die Passagiere auf normalen Sitzen oder in Rollstühlen mitfahren.

 

waSind komfortabel, innovativ und patentiert: die Safety-Schulbussitze.

 

«Rolli Box» eignet sich für sieben Personen auf Sitzplätzen oder vier in Rollstühlen, ist aber auch flexibel kombinierbar.
Und damit das gebotene Sicherheitspaket auch rundum geschnürt ist, sind sämtliche Passagierplätze mit drehbaren Kopfstützen und Dreipunkt-Sicherheitsgurten ausgestattet.

Eine weitere einmalige Spezialität aus dem Hause Waldspurger ist der Ausbau von Schulbussen. Zu diesem Zweck haben die Aargauer den sogenannten Safety-Schulbussitz entwickelt und mit «Easy Fix»-Gurthöhenverstellung ergänzt. Das komfortable und sichere Transportsystem wurde patentiert und zeichnet sich insbesondere mit einer Gurthöhenverstellung aus, die sich automatisch der Schulterhöhe eines jeweiligen Insassen anpasst. Eine weitere Kernkompetenz der Firma Waldspurger ist auch die Herstellung von Polizei- und Einsatzfahrzeugen, der Bau von Werkstatt- und Servicewagen und das Produzieren von Feuerwehrautos.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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