Carrosserie- und Fahrzeugbau

Im Rückspiegel: die Carrosserie Worblaufen

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Lange Schnauze, langer Radstand: Isotta-Fraschini 8A von 1928. Ausgeliefert wurde das herrliche Cabriolet im Jahre 1933.

 

 

Von Heinz Schneider

 

30 Jahre ist es jetzt her, seit das Berner Carrosserie-Herstellungsunternehmen «Fritz Ramseier & Co., Carrosserie Worblaufen» den Betrieb eingestellt und die  firmeneigene Liegenschaft an der Tiefenaustrasse 6 in Worblaufen verkauft hat. Wir ehren dieses denkwürdige Ereignis mit einem Rückblick auf das Schaffen jener Firma, die eines der spannendsten Kapitel in der Geschichte der Schweizer Carrossiers geschrieben hat.

 

 1954 Lancia Aurelia B52 Worblaufen 480c

Ein Ramseier-Coupé für Ästheten: Lancia Aurelia B52 aus dem Jahre 1954.

 

Wir befinden uns im Jahre 1900. Wagenbauer Fritz Ramseier-Scheidiger (1872 – 1936) und Schmiedemeister Gottfried Bärtschi tun sich zusammen und stellen gemeinsam Pferdewagen her – dies unter dem Firmennamen «Fritz Ramseier, Wagenbau».

 

29 Jahre später zügelt Fritz Ramseier-Scheidiger sein Unternehmen an die Worblaufener Tiefenaustrasse, benennt es in «Fritz Ramseier & Co.» um und holt seine Söhne Fritz jun. (Zeichner/Designer), Hans (Carrosseriespengler) und Ernst (Verkauf) an Bord.

  

 

Im Laufe der Zeit stossen weitere Familienmitglieder zum Unternehmen, das sich in der Folge einen exzellenten Namen in der Handwerkskunst der Carrosserie-Herstellung machen wird.

 

Alfa Romeo, Bentley, Bugatti, Buick, Cadillac, Delahaye, Ford, Packard, Peugeot, Rolls-Royce – das sind die bekanntesten Marken, die ihre Chassis nach Worblaufen transportieren und dort spezielle Aufbauten für ihre Fahrzeuge kreieren lassen.

 1934 Mercedes SSK Huerlimann Wil Worblaufen 1 480c

Wurde für einen Kunden aus St. Gallen nach Mass . . .

 

 

 1934 Mercedes SSK Huerlimann Wil Worblaufen 2 480c

. . . gebaut: Mercedes SSK mit 7,1-Liter-Kompressormotor.

 

Während des Krieges hat die Carrosserie Worblaufen mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen, hält sich aber mit Aufträgen von der Armee und der Produktion von Kühlschränken, Heizöfen und Holzgasgeneratoren über Wasser.

 

Dann gehts wieder steil bergauf – dank Alfa Romeo und Lancia, deren Aufträge eine Erhöhung des Mitarbeiterstabes auf 50 Personen und den Anbau einer Produktionshalle nötig machen.

 

 

 

In dieser Halle entsteht ab 1949 in einer Kleinserie das Peugeot 203 Cabrio, das über die Schweizer Markenvertreter in den Verkauf gelangt. In den fünfziger Jahren beginnen die Automobilproduzenten damit, ihre Fahrzeuge mit selbsttragenden Carrosserien auszuliefern. Für das Schweizer Unternehmen wird es deshalb immer schwieriger, an Aufträge respektive Chassis zu kommen. Konsequenz: Nach dem Aufbau des letzten Fahrzeugs im Jahre 1955 – ein Rolls-Royce Phantom III mit Jahrgang 1938 – beschäftigt sich die Firma fortan mit dem Reparaturgeschäft und dem Bau von Nutzfahrzeugen.

 1939 Alfa Romeo 6C2300 Worblaufen 480c

Für einen Kunden aus Bern in Worblaufen massgeschneidert:
Alfa Romeo 6C 2300 von 1939.

 

 

Zu den Kunden zählen unter anderem die Armee und die PTT.

1983 ist endgültig Schluss: Die Carrosserie Worblaufen stellt ihren Betrieb ein und verkauft ihre Liegenschaft an die PTT. 1995 werden die Gebäude abgebrochen und durch einen Neubau der Swisscom ersetzt. Was von den Schweizer Handwerkskünstlern übrig bleibt, sind das Firmenarchiv und rund 50 edle «Ramseier»-Schönheiten, die ab und zu an verschiedenen Concours und Clubtreffen zu bewundern sind.

 

carwing.ch bedankt sich bei «Swiss Car Register» und Urs Paul Ramseier, die uns die nötigen Informationen und Fotos für die Realisierung dieses redaktionellen Beitrages zur Verfügung gestellt haben.

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