Carrosserie- und Fahrzeugbau

Stabiles Standbein – Geschäft mit Camper und Wohnwagen wächst

 

Welche Chancen bieten Camper und Wohnwagen dem Carrossier? Vor welchen Herausforderungen stehen Fachleute bei der Instandsetzung? Fakt ist: Der Bestand an Wohnmobilen wächst. Heute fahren rund 60 000 Camper auf Schweizer Strassen, zudem existieren weitere 40 000 Wohnwagen. Das sind zusammen 100 000 potenzielle Kunden. Rein zahlenmässig birgt die Caravan-Instandsetzung also ein erhebliches Potenzial für Carrosserie- und Lackierbetriebe.

 

Davon ist Markus Knutti vom ACW Auto-Center in Visp überzeugt: «Die Reparatur von Reisemobilen ist für meinen Betrieb ein attraktives Standbein.» Jeweils im Spätsommer beginnt in seiner Werkstatt im Wallis die Stosszeit für das Geschäft. «Zahlreiche Wohnmobile kehren mit Blessuren aus den Ferien zurück», weiss der Betriebsinhaber. Der Grossteil sind Kleinschäden in der Höhe von rund 1500 Franken – hauptsächlich Parkschäden im Schwellenbereich und Streifschäden am Dach oder an der Dachkante.

 

So oder so: Die Instandsetzung von Campern und Wohnwagen erfordert vom Lackierer Präzision und Erfahrung. «Durch die komplexe Struktur der Fahrzeuge sind Fachkenntnisse nötig, um zu verhindern, dass beispielsweise durch feine Haarrisse grössere Schäden entstehen, die kostenintensivere und aufwändigere Reparaturen erfordern», bringt es Volker Wistorf auf den Punkt. Dazu verweist der Technische Leiter bei Spies Hecker auf die vielen technischen Herausforderungen, die Caravans bei ihrer Instandsetzung mit sich bringen. «Das liegt zum einen am im Fahrzeug verbauten Materialmix, zum anderen an der besonderen Beschaffenheit der Bleche», sagt Wistorf.
Das nächste Seminar «Caravan-Reparatur» findet am 11. Oktober 2019 bei «Axalta Coating Systems Switzerland GmbH» in Pratteln (BL) statt.

 

Interview mit David Kukies – Caravan Experte bei Spies Hecker in Köln

Herr Kukies, welche Faktoren haben Einfluss auf die Caravan-Reparatur?
David Kukies: In Wohnmobilen und Caravans sind viele unterschiedliche Materialien wie Aluminium, PMMA, PUR, Holz, ABS und GFK verbaut. Dieser Mix beeinflusst den Instandsetzungsprozess von der Farbtonfindung bis zur Lacktrocknung. Darüber hinaus stellt die geringe Lackschichtdicke die Lackierer vor besondere Herausforderungen. Das beginnt bereits bei der Vorbereitung, denn PMMA, das bei Stossstangen und Kühlergrills Anwendung findet, ist beispielsweise sehr lösemittelempfindlich. Daher sollte der Lackierer hier nur milde Reinigungsmittel verwenden, um Versprödung oder Rissbildung im Material zu vermeiden.

 

Welche Besonderheiten sind bei der Farbtonfindung zu beachten?
David Kukies: Die Farbtonbestimmung bei Caravans ist sehr komplex. Die Bleche werden in der Serie im Bandwalzverfahren hergestellt und pulverbeschichtet. Die Lackschichtdicke beträgt zwischen 35 und 40 Millimeter. Zum Vergleich: Beim Pw liegt sie zwischen 120 und 140 Millimeter. Deshalb ist es empfehlenswert, für den Farbtonabgleich eigens erstellte Musterbleche als Orientierungshilfe einzusetzen.

 

Welche Auswirkungen hat die geringe Farbschichtdicke der Caravan-Bleche auf den Lackierprozess?
David Kukies: Auch die Lackstärke im Reparaturbereich ist mit 100 bis 130 Millimeter deutlich niedriger als beim Pw. Der Lackaufbau muss darauf abgestimmt sein. Es bieten sich daher lufttrocknende Produkte an – zum Beispiel «Permasolid HS Speed Füller 5500» und «Permasolid HS Speed Klarlack 8800». Den Füller kann der Lackierer innerhalb von weniger als einer Stunde Lufttrocknung schleifen.

 

Was ist bei der Trocknung darüber hinaus zu beachten?
David Kukies: Durch den Materialmix können bei zu hohen Temperaturen Schäden entstehen. Das gilt insbesondere bei der Infrarottrocknung: Die starke Hitzeentwicklung kann das verbaute Aluminium und auch PUR-Verbindungen deformieren und so irreparable Schäden verursachen. Daher bieten sich lufttrocknende Produkte an.

 

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