Carrosserie- und Fahrzeugbau

Neue Serie: «Vorwärtskommen – Berufsleute mit Biss + Ziel»

 

Wer in der Carrosseriebranche vorwärtskommen will, hat allerbeste Chancen. Denn hier wird Aus- und Weiterbildung GROSS geschrieben, die Möglichkeiten sind umfassend – egal, ob man sich werkstattseitig nach oben orientieren möchte oder der Plan steht, später einmal einen Betrieb zu führen oder zu übernehmen. Wohin ihr eigener Weg bereits geführt hat oder wohin er noch weisen wird, das erzählen einige Interviewpartner in unserer kleinen Serie «Vorwärtskommen».

Heute: Diana Schlup (38), Büren an der Aare (BE), Carrosseriespenglerin HFP

 

Frau Schlup, Sie waren der Zeit voraus, als Sie 1997 Ihre Ausbildung bei der Bleuer AG im bernischen Studen begonnen haben. Damals gab es sicherlich nur sehr wenige weibliche Carrosseriespengler, oder nicht?
Diana Schlup: Soweit ich weiss schon. Ich hatte damals natürlich noch nicht die gesamte Schweiz im Blickfeld. Wir waren aber tatsächlich zwei Frauen, welche die Ausbildung begonnen haben. Meine Kollegin hat dann aber frühzeitig abgebrochen und danach Autolackiererin gelernt.

 

Wie haben Sie Ihre Berufswahl getroffen? Haben Sie früh gewusst, dass nur eine Handwerksausbildung in Frage kommt?
Diana Schlup: Meine erste Wahl war tatsächlich Schläckstängu-Verkäuferin. Als ich dann irgendwann festgestellt habe, dass dies kein Beruf ist und ich demzufolge auch nicht den ganzen Tag Süssigkeiten Essen kann, war Carrosseriespenglerin die einzige Wahl für mich. Was sich auch nicht mehr geändert hat.

 

Wenn Sie einem Schulabgänger erklären müssten, warum er oder sie die Carrosseriebranche wählen muss, was würden Sie sagen?
Diana Schlup: Dass der Beruf wahnsinnig viel bietet. Er ist abwechslungsreich, man arbeitet mit verschiedenen Materialien, Werkzeugen, modernen Maschinen und Geräten. Die Entwicklung bleibt nie stehen. Und natürlich würde ich darüber sprechen, was für mich immer wichtig war: Am Ende der Arbeit sieht jeder das Resultat vor sich.

 

Sie selber haben sich beruflich in sehr vielen Bereichen weitergebildet. War das schon während der Lehre Ihr Plan oder ist der Appetit mit dem Essen gekommen?
Diana Schlup: Definitiv mit dem Essen. Weiterbildungen standen anfangs nicht auf meiner Liste, sondern sie haben sich jeweils automatisch mit neuen Herausforderungen so ergeben. Mir hat die Arbeit als Carrosseriespenglerin immer Spass gemacht, und sie könnte durchaus auch heute noch Alltag sein.

 

Fünf Jahre lang bis 2006 haben Sie als Carrosseriespenglerin bei der Firma Hügli in Lyss gearbeitet, danach folgte der Wechsel zur damaligen VSCI-Sektion Bern, wo Sie als Kursleiterin tätig waren. Wie kam der Umstieg von der Werkstatt in die «Schulstube» zustande?
Diana Schlup: Ich wurde angefragt. Und dachte mir, dass man Möglichkeiten wie diese wohl kaum sehr oft bekommt. Also habe ich die Herausforderung angenommen. Vielleicht muss ich dazu sagen, dass ich schon während meiner Ausbildungszeit Schulungen geleitet habe – für Mädchen von der 7. bis 9. Schulklasse, die den Beruf kennenlernen wollten.

 

Während der Zeit als Kursleiterin haben Sie 2008 die Berufsprüfung und 2010 auch gleich noch die Höhere Fachprüfung abgelegt. Was hat Sie dazu bewogen, ein zeitlich so intensives Engagement auf sich zu nehmen?
Diana Schlup: Ich dachte mir, jetzt bist du schon mal dabei – also mach weiter, einfacher wird es wohl kaum je werden. Gleichzeitig hatte ich mich ans Lernen und an die kurzen Wochenenden gewöhnt.

 

2010 sind Sie dem Ruf des Schweizerischen Carrosserieverbandes gefolgt und haben zum Beispiel als Leiterin sieben Jahre lang auch den Fachbereich Technik weiterentwickelt. Rückblickend: Wie war die Zeit für Sie?
Diana Schlup: Ich habe sehr viel gelernt und mein Netzwerk erweitert. Zwar fehlte mir teilweise die Werkstatt-Atmosphäre, durch meine Tätigkeiten für die Meisterschaften und im Kurswesen ergaben sich aber immer mal wieder Möglichkeiten fürs handwerkliche Arbeiten.

 

Wie ist die Anstellung beim Verband als Bereichsleiterin Technik zustande gekommen? Haben Sie während der Zeit als Kursleiterin in Bern aktiv nach Veränderungen gesucht?
Diana Schlup: Gegen Ende der Weiterbildung zur Höheren Fachprüfung wollte ich meine neu erlernten Eigenschaften etwas mehr einsetzen können. Deshalb fiel der Entscheid, einen neuen Berufsweg einzuschlagen.

 

Sie sind seit vielen Jahren Expertin bei den Qualifikationsverfahren und an den Berufsweltmeisterschaften sowie Chefexpertin bei den Schweizermeisterschaften. Wie wird man das?
Diana Schlup: Das hat sich durch die Weiterbildungen und mein Engagement so ergeben. Ich denke, wenn man den Beruf mit Leidenschaft ausübt und sich für den Nachwuchs nicht nur interessiert, sondern auch für ihn einsetzt, erhält man tolle Chancen, etwas weitergeben zu dürfen. Bei mir war es sicherlich auch so, dass meine beruflichen Stationen für einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Branche gesorgt haben.

 

An der vergangenen Berufs-WM in Kazan sind Sie zum «Deputy Chief Expert» gewählt worden. Das bedeutet, dass Sie für Shanghai 2021 noch mehr Verantwortung übernehmen werden und sich noch mehr Arbeit aufladen. Denken Sie nie daran, kürzer zu treten?
Diana Schlup: Immer mal wieder. Aber mit derselben Regelmässigkeit verwerfe ich die Gedanken sofort wieder – weil ich alle diese Tätigkeiten mit Freude ausübe und mich entsprechend gerne für den beruflichen Nachwuchs engagiere.

 

Das heisst, Sie werden weiterhin als Expertin und Chefexpertin tätig sein?
Diana Schlup: Das heisst es, ja. Zumindest so lange, wie es zeitlich möglich ist. Um den Aufwand im Rahmen zu halten, beziehe ich aber auch weitere Personen mit in die Aufgaben ein.

 

Vor einem Jahr – nach Ihrer Tätigkeit als «TC Manager EMEA» bei der Firma Blutech AG in Wünnewil – haben Sie mit der «autobody repair & training gmbh» eine eigene Firma gegründet. War das der logische Schritt als Ergebnis Ihres umfangreichen Berufswissens?
Diana Schlup: Jein. Ich wollte auf dem Beruf weiterarbeiten, vor allem aber auch im Bereich der internationalen Schulungen tätig sein. Da es seitens der Arbeitgeber auf diesem Gebiet kaum Möglichkeiten gibt, habe ich mich für den Schritt der Selbstständigkeit entschieden.

 

Worauf ist «autobody repair & training gmbh» spezialisiert? Welche Dienstleistungen bietet Ihre Firma an?
Diana Schlup: Das Hauptgebiet liegt in praktischen Weiterbildungstrainings für Carrosseriespengler – im Auftrag von Automobilherstellern, Importeuren und Lieferanten. Natürlich will ich ein breites Angebot haben, weshalb ich auch Coachings für Carrosseriefirmen mache oder bei komplexen Reparaturen aushelfe. Daneben gebe ich in diesem Jahr verschiedene Kurse in der Weiterbildung oder unterstütze die Messe Frankfurt bei medialen Texten für die «Automechanika Workshops». Sie sehen, ich habe das Glück, weiterhin abwechslungsreiche Arbeiten in der Branche zu übernehmen.

 

Sie sind gleichzeitig auch noch zertifizierte Carrosserietrainerin für Fahrzeuge der Marken BMW, Rolls-Royce und Opel. Wie wird man das und was hat Sie dazu bewogen?
Diana Schlup: Um in meinem Gebiet anerkannt zu sein, gehört es einfach dazu, sich ständig weiterzubilden. Somit muss auch ein Trainer eine Ausbildung absolvieren und sich immer mit den neuen Entwicklungen und den Veränderungen befassen. Die Zertifizierungen haben sich jeweils aus meinen Aufträgen ergeben und waren auch eine Voraussetzung.

 

Ich stelle mir vor, dass Sie mit der eigenen Firma und allen anderen Tätigkeiten als Expertin zeitlich am Anschlag sind. Oder haben Sie sich bereits irgendwo für eine neue Weiterbildung einschreiben lassen?
Diana Schlup: Ich habe mich zwar nicht in einen Weiterbildungskurs eingeschrieben, würde aber behaupten, dass ich trotzdem jeden Tag dazulerne. Um möglichst alles unter einen Hut zu bekommen, ist die Planung natürlich das A und O.

 

Abschliessend gefragt: Welcher Kurs, welche Weiterbildung hat Ihnen auf dem Berufsweg am meisten genützt?
Diana Schlup: Das kann ich so nicht beantworten. Ich habe aus jeder Weiterbildung und Tätigkeit etwas für mein Leben und meine Karriere gewonnen. Alles, was ich gemacht habe, hat mich hierhin geführt – und ich möchte rein gar nichts missen.

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