Carrosserie- und Fahrzeugbau

Fusion «carosserie suisse»: Das ist der aktuelle Stand

 

Es ist ein denkwürdiger Dienstag: Am 5. November 2019 stimmen die Delegierten von «carrosserie suisse» anlässlich der ausserordentlichen Versammlung «Ja» zur Fusion der beiden Carrosserieverbände aus der Deutsch- und Westschweiz. Endlich. Damit ist klar: Ab 1. Januar 2021 wird es nur noch einen einzigen nationalen Verband geben, dem neu knapp 850 Mitgliederbetriebe angehören und der gemäss Zentralpräsident Felix Wyss nun tatsächlich auch «gestärkt und als Einheit gegenüber Politik, Behörden und Marktpartnern auftreten kann».

 

In der Tat war der Weg bis dahin aber lang. Sehr lang sogar, wie Thomas Rentsch weiss. «Erstmals aufs Tapet gekommen ist die Fusion zu einem Zeitpunkt, als wir alle noch gar nichts mit dem Verband zu tun gehabt haben – nämlich vor rund dreissig Jahren», erinnert sich der Geschäftsführer von «carrosserie suisse». Den Stein erneut ins Rollen gebracht haben dann im Jahre 2017 die Vorstandscrew um Präsident Felix Wyss und eben Geschäftsführer Thomas Rentsch. «Jetzt ist die Zeit reif. Wenn wir die Abstimmung zu einem Zusammenschluss nochmals anstossen wollen, dann machen wir es richtig» – das waren Credo und Anspruch der Mannschaft, die sich erneut an die Thematik heranwagen wollte.

 

Mit dem «Ja» ergibt sich folgende Verbandssituation: Per 31. Dezember 2020 löst sich der bisher unabhängige Verband «carrosserie suisse westschweiz» auf und seine Sektionen wird gleichberechtigte Sektionen von «carrosserie suisse». Selber davon ausgeschlossen hat sich vorderhand noch die Sektion Fribourg: Ihre Mitglieder stimmen erst am 10. September 2020 darüber ab, ob sie dem nationalen Verband beitreten oder eigenständig bleiben wollen. Letzteres haben die Mitglieder der Sektion «carrosserie suisse genève» so für sich entschieden – sie gehen vorerst nur eine Verlobung mit «carrosserie suisse» ein, um zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen zu werden. In der Übergangsphase sollen viele Detailfragen geklärt werden.

 

Dass die Fusion zahlreiche Vorteile bringt, daran zweifelt niemand. Beispielsweise stehen dem Verband durch die zusätzlichen Beiträge mehr monetäre Mittel zur Verfügung, mit denen sich nationale Projekte noch professioneller vorantreiben lassen. Und auch die einzelnen Mitglieder werden profitieren, ist Alexandre Winiger von der «Carrosserie Roland Winiger SA» in Lausanne überzeugt. Sein Argument: «Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit einer einzigen gewichtigen Stimme mit den verschiedenen Institutionen wie Versicherungen, Leasingunternehmen und Lieferanten zu verhandeln. Das stärkt unsere Position.»

 

Gleichzeitig glaubt der Lausanner fest daran, dass die neu gebildete Geschäftsstelle in der Lage ist, die strukturellen Kosten in einigen Bereichen nach unten zu fahren und die gemeinsame Konzentration auf eine gezielte Aus- und Weiterbildung die Misserfolgsquote an den Lehrabschlussprüfungen drastisch senken wird. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang kommt Pierrick Blanchard zuteil, der Federico Ventrici als «Projektverantwortlicher Ausbildung Romandie» ablösen wird (siehe Box).

 

Klar ist aber auch: Aus dem Zusammenschluss entsteht eine neue Kultur, die den einen oder anderen Stolperstein beinhalten könnte. Zum Beispiel hinsichtlich der Umgangsformen, da in der Westschweiz eine durchaus heftigere Diskussionskultur gepflegt wird als in der Deutschschweiz. «Gleichzeitig müssen wir uns alle bemühen und daran gewöhnen, jemandem zuzuhören, der eine andere Sprache spricht», ist Thomas Rentsch überzeugt.
Ein wichtiger Baustein für eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen West- und Deutschschweiz wird deshalb, da sind sich alle einig, mehr denn je die möglichst perfekte Kommunikation sein. Garanten dafür sollen gemäss Thomas Rentsch einerseits die Geschäftsstelle («Ich bin bestrebt, meine Mitarbeiter in Richtung französischer Sprache fit zu trimmen») und andererseits Marc-André Perrin sein: Der 55-Jährige arbeitet im 50-Prozent-Angestelltenverhältnis in Zofingen und wird nicht nur Texte, Korrespondenzen und ähnliches in die beiden Landessprachen übersetzen, sondern auch als Simultanübersetzer an Sitzungen teilnehmen. Zudem bekommt die Romandie, analog zur Deutschschweiz mit Bruno Moser, mit Giovanni Cuttitta einen «Regionenleiter Romandie» und somit einen eigenen Aussendienstmitarbeiter. Seine Aufgabe wird es sein, die Mitgliederbetriebe und das Netzwerk in der Romandie zu betreuen und damit die Integration in den Gesamtverband zu unterstützen. Cuttitta nimmt im Kader von «carrosserie suisse» Einsitz und berichtet an die Geschäftsstelle in Zofingen, die den Verband auch in der neuen Konstellation verwalten und führen wird.

 

Mitten in der Projektierungsphase befindet sich aktuell die «Antenne Romande». Sie ist eine Aussenstelle und somit auch Treffpunkt für alle Verbandsmitglieder aus der Westschweiz. Die Antenne versteht sich aber auch als Empfänger und Sender und damit so quasi als Relaisstation für die Anliegen der französischsprechenden Verbandsmitglieder. Zudem soll sie zu einem Kompetenzzentrum ausgebaut werden, welches Weiterbildungen anbietet.

 

Eingemietet ist die «Antenne Romande» in einem zentral gelegenen Ausbildungszentrum der Romandie in Moudon, das der Sektion Waadt gehört. Als «Hausherrin» amtet Hélène Bra, Präsidentin der Sektion Waadt. Zu ihren aktuellen Aufgaben zählt die Realisierung von einem ins Ausbildungszentrum integrierten Erweiterungsbau, der nicht nur Platz für die Angestellten von «Antenne Romande» bietet, sondern auch als Aus- und Weiterbildungsstätte für die Mitglieder von «carrosserie suisse» dient.

 

 

Weitere Stimmen zur Fusion

Armin Haymoz, Präsident «carrosserie suisse romandie»: «Wir alle wollen einen starken Verband von carrosserie suisse. Ich möchte mich deshalb dem Slogan der Sektion Waadt anschliessen: La force du nombre.» Was frei übersetzt in etwa «Stärke dank Anzahl der Mitglieder» heisst.

Alexandre Winiger, Carrosserie Roland Winiger SA, Lausanne: «Den Hauptvorteil der Fusion sehe ich im Gewinn an Stärke bei den Vertragsverhandlungen mit Lieferanten und in den Diskussionen über Kalkulationsbedingungen mit den Versicherungen. Über den Gesamtarbeitsvertrag erhalten wir nun die Rechtsgrundlage, alle Nichtmitgliedsbetriebe die hohen Kosten der Berufsbildung mitfinanzieren zu lassen.» Zum Thema Nachteile: «In einer ersten Phase wird sicherlich die Erhöhung der Mitgliederbeiträge als Nachteil gesehen. Mittelfristig werden die Mitglieder bei der Kosten-Nutzenrechnung jedoch feststellen, dass sie für ihr Geld mehr Leistung bekommen.» Zum Thema Knackpunkt: «Die grösste Herausforderung wird sein, dass das gegenseitige Vertrauen von Anfang an da ist und sich die beiden Sprachkulturen finden werden. Aber ich bin sehr zuversichtlich, schliesslich gibt es in der Schweiz über 150 zweisprachige Berufsverbände. Das Business ist überall dasselbe – unabhängig davon, ob der Carrosseriebetrieb in Lausanne oder Luzern steht.»

 

 

Das ist der neue Bildungsverantwortliche für die Romandie

Per Ende Oktober 2020 wird Federico Ventrici seinen Posten als «Projektverantwortlicher Ausbildung Romandie» verlassen. Aber der Nachfolger ist schon bestimmt: Er heisst Pierrick Blanchard, ist 43 Jahre alt und von Beruf Autolackierer mit Eidgenössischem Fachausweis. Seine Hobbys sind Motorradfahren, Kino, Joggen und Lesen.

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