Carrosserie- und Fahrzeugbau

Serie: Mein erstes Auto

 

Egal, wie lange es her ist, von welcher Marke es stammte und in welchem Zustand es damals war: Sein erstes Automobil vergisst keiner, jeder und jede erinnert sich besonders gerne daran. Oftmals auch mit etwas Wehmut. Wir haben bekannte Profis aus der Carrosserie- und Fahrzeugbranche zu einer Zeitreise in die automobile Vergangenheit eingeladen und sie zu ihrem emotionalen Erlebnis des ersten Fahrzeugbesitzes befragt.

 

Heute: Maya Bitterli, Back Office Managerin «In Coatings AG», Pratteln BL

 

Frau Bitterli, es gibt lustige, wunderliche, schräge, liebenswerte, dramatische und kuriose Geschichten rund um Fahrprüfungen und das erste eigene Auto. Sie haben mir einmal gesagt, Sie verfolgen diese carwing-Serie und jede ihrer Folgen mit Aufmerksamkeit und Vergnügen. Dann sind wir uns einig: Ihre Story ist mit die verrückteste und unglaublichste, die man bislang hat lesen können.
Maya Bitterli: Da stimme ich Ihnen zu. Und mit Sicherheit auch die schmerzhafteste. Begonnen hat sie kurz vor meinem 18. Geburtstag. Der Lernfahrausweis war bestellt, der Termin für die erste Fahrstunde fixiert, und den damals schon obligatorischen Nothelferkurs hatte ich erfolgreich hinter mich gebracht.

 

Dann kam der schicksalhafte Moment, genau zwei Wochen nach Ihrem 18. Geburtstag. Sie fuhren . . .
Maya Bitterli: . . . Ja natürlich, jetzt weiss ich es wieder. Ich habe Ihnen schon Mal davon erzählt. Soll ich die Geschichte zu Ende führen?

 

Aber klar doch, und bitte mit allen Einzelheiten. Die kenne ich nämlich nicht.
Maya Bitterli: Also, ich befand mich damals mit meinem rostroten Puch Maxi auf dem Weg zur Arbeit. Plötzlich, auf der berühmt-berüchtigten alten Kreuzmatt-Kreuzung in Sissach, nahm mir einer die Vorfahrt, ich knallte seitlich in ihn hinein. Und wissen Sie, wer der Crash-Pilot war? Mein Lehrer aus dem Nothelferkurs!

 

Ein Drama. Sie waren verletzt?
Maya Bitterli: Oberschenkelbruch. Er musste fünf Mal operiert werden. Ich ging anderthalb Jahre an den Stöcken, was gleichzeitig bedeutete, dass ich die Hälfte meiner Lehrzeit bei der Berlac AG – eine Anbieterin hochwertiger Spezial- und Effektlacke für dekorative Nischenanwendungen aus Kunststoff und Metall – unter erschwerten Bedingungen habe zu Ende bringen müssen.

 

Dann aber gabs Erfolgsmeldungen im Eiltempo. Sie haben Fahrstunden genommen, die Prüfungen ab- und sich auch sofort das erste Auto zugelegt.
Maya Bitterli: Ich wusste immer, was ich wollte. Ein VW Scirocco musste es sein.

 

Warum dieses Sportcoupé?
Maya Bitterli: In meinem Wohnort gab es einen Nachbar mit einer kleinen Boutique in einem Garagengebäude. Er besass ein 1975er-Modell, eigentlich ein Rosthaufen. Aber er hat ständig in der Werkstatt am Auto herumgeschraubt und es auch neu lackiert. Das hat mir imponiert. Genauso einen Scirocco wollte ich haben. Natürlich ohne Rost.

 

Sie haben ihn gefunden?
Maya Bitterli: Klar, ohne Probleme. Ein 1978er-Modell, wunderschön lackiert in Silber.
Ich weiss noch jedes Detail: An einem Samstag holte ich ihn in Liestal ab, fuhr mit ihm zu meinen Eltern.

 

Wie sind Sie an Ihn herangekommen?
Maya Bitterli: Mein Bruder ist mit mir die «Occasions-Strassen» rauf- und runtergefahren. Da reihen sich Garagen an Garagen – zum Beispiel zwischen Olten und Aarburg. Oder eben in Liestal, wo wir das Auto gefunden haben. Es war einfach da draussen und wartete auf mich als neue Besitzerin.

 

Sciroccos standen nie im Verdacht, problemlose Begleiter im Alltag zu sein. Wie hat sich Ihr Modell diesbezüglich gemacht?
Maya Bitterli: Er ist seinem Ruf direkt gefolgt, aber nur am ersten gemeinsamen Tag. Denn tatsächlich begannen die Probleme bereits auf der Fahrt ins Elternhaus: Plötzlich stieg Rauch aus der Motorhaube. Mein Bruder hat ihn dann noch einmal unter die Lupe genommen, fuhr damit Richtung Bad Ramsach. Doch der Rauch wurde immer stärker. Und meine Mutter unbeherrschter. «8700 Franken hast du bezahlt, für ein kaputtes Auto», rief sie ärgerlich.

 

Wie haben Sie reagiert?
Maya Bitterli: Pragmatisch. Ich fuhr den Scirocco zurück in die Garage – und im VW Golf als Ersatzwagen wieder nach Hause nach Biel, meinem damaligen Wohnort.

 

Was war defekt am Auto?
Maya Bitterli: Die Wasserpumpe, sie musste ersetzt werden. Zum Glück auf Garantie. Schon am Montag gegen Abend durfte ich meinen Scirocco wieder in die Arme schliessen. Und war danach super glücklich mit ihm, für 13 lange Jahre. Ich habe ihn geliebt, bis zum bitteren Ende. Eines Tages war ihm alles zuviel, er gab urplötzlich den Geist auf.

 

Sehr zur Freude Ihrer Mutter?
Maya Bitterli: Wo denken Sie hin! Sie war bekehrt, und lobte später: «Die 8700 Franken für dein Auto – die hast du damals wirklich sehr gut investiert».

 

Wer trat die Nachfolge von Ihrem ersten Auto an?
Maya Bitterli: Aufgrund der vielen schönen Erinnerungen musste es natürlich nochmals ein VW Scirocco sein. Allerdings das neue Modell 16V – in Schwarz und mit Schiebedach. Ich behielt ihn ganze zehn Jahre und war dann extrem enttäuscht, dass VW die Produktion eingestellt hatte. Das Nachfolgemodell, der Corrado, gefiel mir gar nicht.

 

Was steht heute in Ihrer Garage?
Maya Bitterli: Nach dem Scirocco war mein Kopf frei für etwas ganz Neues. Und ich verspürte den Wunsch, endlich einmal «oben ohne» unterwegs zu sein und ein Cabriolet zu kaufen. Dies war dann auch mein erster Neuwagen: Zum Anfang ein Peugeot 206 CC, momentan geniesse ich die ersten richtig warmen Sonnenstrahlen im Peugeot 207 CC Swiss Collector. Der macht sich hervorragend, bietet Fahrspass in allen vier Jahreszeiten.

Neuste Artikel: Carrosserie- und Fahrzeugbau