Carrosserie- und Fahrzeugbau

Serie: Mein erstes Auto – Esther Studer-Galliker

 

Egal, wie lange es her ist, von welcher Marke es stammte und in welchem Zustand es damals war: Sein erstes Automobil vergisst keiner, jeder und jede erinnert sich besonders gerne daran. Oftmals auch mit etwas Wehmut. Wir haben bekannte Profis aus der Carrosserie- und Fahrzeugbranche zu einer Zeitreise in die automobile Vergangenheit eingeladen und sie zu ihrem emotionalen Erlebnis des ersten Fahrzeugbesitzes befragt.

 

Heute: Esther Studer-Galliker (53), Leiterin Administration «Galliker Transport & Logistics», Altishofen LU

 

Frau Studer, Sie sind in einer Familie aufgewachsen, in der Lastwagen, Transporter und Personenwagen seit jeher eine grosse Rolle spielen. Wie war das bei Ihnen? Haben Sie sich ebenfalls schon früh mit Autos beschäftigt?
Esther Studer-Galliker: Ich denke schon, dass wir von der Familie Galliker alle mit Diesel und Benzin im Blut auf die Welt gekommen sind. Später absolvierte ich die Lehre im elterlichen Betrieb, arbeitete in der Disposition und hatte demzufolge tagtäglich mit Autos zu tun. Und die waren, zusammen mit dem Geschäft, auch am Mittagstisch ein Thema – wie es in einem Familienbetrieb so üblich ist. Meine Eltern wohnten damals viele Jahre am Hauptsitz in Altishofen, direkt oberhalb unseres Büros. Es war tatsächlich so: Wir hielten die Geschäftsleitungs-Sitzung öfters am Mittagstisch als im Büro ab. Das prägt. Es war eine tolle Zeit.

 

Sie waren nicht immer bei «Galliker Transport & Logistics», sondern direkt nach der Lehre auch noch in einer Autogarage tätig. Ist das richtig?
Esther Studer-Galliker: Ja, ist es. Meine Eltern übernahmen damals in Luzern zusätzlich die Volvo-Garage von meinem Onkel Josef Galliker. Wir waren der Meinung, dass das Unternehmen in der Familie bleiben sollte. Ich arbeitete dort zwei Jahre lang in der Buchhaltung und in der Administration. Später übernahm Emil Galliker den Betrieb.

 

Hinsichtlich Ihres ersten Autos habe ich einen Hinweis erhalten. Ich weiss von Ihrem Bruder Rolf, dass es ein roter Fiat Uno Turbo gewesen ist.
Esther Studer-Galliker: Stimmt, ein Neuwagen mit Jahrgang 1986. Ich habe ihn zu meinem 18. Geburtstag bekommen.

 

Wie bekommen? Als Geschenk?
Esther Studer-Galliker: Als wir Kinder waren, machten unsere Eltern meinen beiden Brüdern und mir die Offerte, dass sie jedem ein Auto zum 18. Geburtstag schenken würden, wenn wir bis dahin nicht rauchen. Wir bekamen alle drei ein Auto, und bis heute raucht keiner von uns.

 

Warum gerade der Fiat Uno Turbo? Haben Sie sich den explizit gewünscht?
Esther Studer-Galliker: Er hat mir einfach von Anfang an sehr gut gefallen. Ich erinnere mich, wie er viele Male auf einem unserer Lastwagen an mir vorbeigerollt ist. Ich konnte nie wegschauen, er hat sich mir richtiggehend empfohlen. Zudem gab es ihn als Turbo – ich meine, er war damals eine richtige Maschine, und auch deshalb mein Favorit. Ich hatte Superfreude an ihm, habe ihn richtiggehend geliebt.

 

Wie war es, mit 18 Jahren ein Auto zu besitzen, aber noch keinen Ausweis zu haben?
Esther Studer-Galliker: Schrecklich, ich habe die Tage bis zur Prüfung einzeln gezählt. An dem Wochenende, als der Lernfahrausweis in der Post war, habe ich gleich die ersten 100 Kilometer rund ums Firmenareal abgespult. Und ich wollte immer üben, üben und nochmals üben.

 

Hatten Sie jemanden, der Ihnen nebenbei als Freizeit-Fahrlehrer half?
Esther Studer-Galliker: Ein Zoll-Deklarant aus unserem Unternehmen hat mich unterstützt, bei ihm durfte ich Praxis sammeln. Wenn er ins Zollamt nach Luzern musste, liess er mich jeweils hinters Lenkrad, und er sass daneben. Das haben wir auch auf dem Weg in die Fahrschule so gemacht – ich fuhr, er war mein Begleiter. Dann wartete er, bis meine Fahrschule zu Ende war, und ich durfte wieder heimfahren. Dieses Training war Gold wert – schon nach wenigen Wochen trat ich erfolgreich zur Prüfung an.

 

Wie lange stand der rote Fiat Uno Turbo in Ihrer Garage?
Esther Studer-Galliker: Nicht lange, er wurde nur ein Jahr alt. Dann sind wir gemeinsam zum Sandwich geworden.

 

Das klingt ja schauderhaft!
Esther Studer-Galliker: War es auch. Auf der Heimfahrt von einem Besuch bei meiner Cousine in Biel stand ich in Solothurn vor einem Rotlicht, als eine junge Lernfahrerin mir voll hintendrauf fuhr. Der Aufprall war so heftig, dass mein Fiat und ich ins vordere Fahrzeug geschoben wurden. Das Auto war komplett eingedrückt, ich konnte nicht mal mehr die Türe öffnen, musste aus dem Fenster klettern.

 

Aber Ihnen ist nichts passiert?
Esther Studer-Galliker: Nein, gottseidank nicht. Aber ich musste mich an einer Ampel in einer mehr oder weniger fremden Stadt von meinem ersten Auto verabschieden. Es war ein trauriger Tag.


Wen haben Sie sich als automobilen Nachfolger ausgesucht?
Esther Studer-Galliker: Natürlich wieder einen Fiat Uno Turbo, aber einen schwarzen. Nach ein paar Jahren musste er jedoch einer Familienkutsche weichen. Wir erwarteten unser erstes Kind, deshalb entschieden wir uns für einen Honda Accord Kombi.

 

Der Clou – auch das weiss ich von Ihrem Bruder – ist aber, dass Sie von Ihrem ersten roten Fiat Uno eine vollständig identische Kopie besitzen.
Esther Studer-Galliker: Ja, dann kam mein 50. Geburtstag – und mit ihm die riesige Überraschung. Meine beiden Brüder hatten sich zuvor überlegt, was sie mir schenken könnten – und hatten dann die unglaubliche Idee, dass es eine Kopie von meinem ersten Auto sein soll. In Rom sind die beiden fündig geworden, haben den Zwillingsbruder vom roten Uno in die Schweiz importiert und ihn hier instand gestellt. Er war im perfekten Zustand.

 

Wie wurde die Geschenkübergabe zelebriert?
Esther Studer-Galliker: Wir feierten meinen Geburtstag in einem Restaurant in Luzern. Als wir spätabends nach Hause wollten, fuhr ein roter Uno Turbo vor. Ich sah die Lackierung, das Fiat-Logo vorne und ahnte gleich: Hier kommt die perfekte Autokopie von 1986, und meine Brüder haben das eingefädelt. Die Emotionen gingen hoch, es war eine Riesenüberraschung. Ich fuhr den Fiat dann nach Hause, zusammen mit meinem Mann und unseren beiden Kindern – an einem 19. Januar. Ich weiss noch, wie froh ich war, dass es nicht geschneit hat, weil noch Sommerpneus montiert waren.

 

Gab es Mal ein Auto, dass Sie sehr gerne gekauft hätten, aber es nie getan haben?
Esther Studer-Galliker: In meinen jungen Jahren gefiel mir der VW Golf, er wäre eine Alternative gewesen. Aber er stand nie ernsthaft zur Diskussion, weil der Importeur nicht zu unserer Kundschaft gehörte und wir die Marke nicht transportieren. Mein Vater hatte einst den Wunsch geäussert, dass wir nur Autos aus der Kundschaft berücksichtigen. Dem haben wir immer voll entsprochen – aus innerster Überzeugung. Und pflegen das auch heute noch.

 

Wie stehen Sie zu Oldtimern oder klassischen Automobilen?
Esther Studer-Galliker: Da haben Sie mich jetzt voll beim Thema erwischt. Es war 1992, da meinte mein Mann, wir sollten uns ein Freizeit- und Hobbyauto zulegen. Wir haben lange die einschlägigen Fachzeitungen und Magazine durchgeblättert, um Ideen zu sammeln. Ein Vorschlag war der Jaguar E – mein Mann war dafür, ich dagegen. Dann überraschte er mich mit der Idee für einen Morgan. Ich war begeistert. In Zürich haben wir dann bei einem älteren Herrn ein schönes Exemplar gefunden, einen Morgan +8.

 

Und Sie fahren den Morgan auch heute noch gelegentlich?
Esther Studer-Galliker: Ihn und einen weiteren, denn aus dem einen ist ein zweites aus England importiertes Modell geworden – ein Lightweight. Das ist eine extrem spartanische Ausführung, die es hier in der Schweiz nie gegeben hat – ohne Heizung und andere Annehmlichkeiten. Ich bin froh, dass er erneut in unserer Garage steht. Wir hatten ihn nämlich zwischenzeitlich verkauft. Als wir erfuhren, dass der Besitzer ihn wieder ausgeschrieben hat und sich ein Wohnmobil zulegen will, packte und das «Heimweh»: Wir haben ihn zurückgeholt.

 

Fahren Sie damit zu den Morgan-Treffen?
Esther Studer-Galliker: Normalerweise schon, aber jetzt während Corona liessen wir es bleiben. Wir kennen ein sehr nettes Paar mit einem Morgan. Mit den beiden Eheleuten machen wir ab und zu Ausflüge, zum Beispiel ins Piemont oder Südtirol.

 

Welches Auto fahren Sie heute am meisten?
Esther Studer-Galliker: Einen Mercedes C320 T-Modell, er ist seit vier Jahren mein täglicher Begleiter. Am Anfang war ich, was einen Kombi angeht, ziemlich skeptisch. Heute würde ich ihn nie mehr hergeben. Es gibt immer was zum Einkaufen oder zum Transportieren, da ist dieses Auto ideal. Wie ich hörte, soll gegen den Herbst hin die neue Modellgeneration vor der Markteinführung stehen. Auf die erste Kontaktnahme mit diesem Auto freue ich mich besonders.

 

Im Schnelldurchlauf: Die Firma Galliker Transport & Logistics
Die 1918 gegründete Firma Galliker führte zum Anfang Transportaufträge mit Pferdefuhrwerken aus. Hinzu kam der Handel mit Holz und Landesprodukten. Seit 1980 in Altishofen LU beheimatet, ist daraus ein international tätiges Logistikunternehmen mit 21 Filialen in fünf Ländern und 3050 Mitarbeitenden geworden. Die Geschäftszweige umfassen die Logistikbereiche Car, Cargo, Healthcare und Food (z.B. für Coop), wofür 1165 Lastwagen, 115 Lieferwagen und 1181 Trailer/Anhänger zur Verfügung stehen. Esther Studer-Galliker sowie ihre beiden Brüder Peter und Rolf führen das Unternehmen, das sich zu hundert Prozent im Familienbesitz befindet, seit 2006 in dritter Generation.

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