Carrosserie- und Fahrzeugbau

Serie: Mein erstes Auto – Sandra Stillhart

 

Egal, wie lange es her ist, von welcher Marke es stammte und in welchem Zustand es damals war: Sein erstes Automobil vergisst keiner, jeder und jede erinnert sich besonders gerne daran. Oftmals auch mit etwas Wehmut. Wir haben bekannte Profis aus der Carrosserie- und Fahrzeugbranche zu einer Zeitreise in die automobile Vergangenheit eingeladen und sie zu ihrem emotionalen Erlebnis des ersten Fahrzeugbesitzes befragt.

 

Heute: Sandra Stillhart (48), Geschäftsführerin Feldgarage Bütschwil AG, 9606 Bütschwil SG

 

Frau Stillhart, Sie führen die «Feldgarage Bütschwil AG», die Ihr Vater vor vierzig Jahren im Toggenburg gründete. Haben Sie sich als Kind in dieser Ford-Garage mit dem Auto-Virus infiziert?
Sandra Stillhart: Tatsächlich war ich sehr früh von Autos fasziniert. Wenn ich als Achtjährige mit meiner Mutter im Auto unterwegs war, stand ich jeweils hinten in der Fahrzeugmitte auf dem Kardantunnel – während der Fahrt. So hatte ich den besten Ausblick durch die Frontscheibe nach vorne, um die entgegenkommenden Autos zu beobachten und mir die Marken einzuprägen.

 

Wie lange hielt Ihre Auto-Begeisterung an?
Sandra Stillhart: Bis heute. Als Schülerin war es meine Lieblingsbeschäftigung, Fahrzeuge nach Modell und Marke zu benennen. Deshalb organisierte ich jeweils auch Wettbewerbe mit meinen Freundinnen. Doch ehrlich gesagt war es auch nicht unbedingt normal, als Mädchen so grosses Interesse an Autos zu haben.

 

Ich gehe davon aus, dass Sie die Fahrprüfung sehnlichst erwartet haben.
Sandra Stillhart: Sie war für mich von allergrösster Wichtigkeit. Ich habe den 18. Geburtstag richtiggehend erdauern müssen.

 

Hatten Sie Pläne, wie Sie die Ausbildung angehen wollten?
Sandra Stillhart: Ja klar, sehr detaillierte sogar. Mein Onkel war Fahrlehrer, und einer der Besten. Er hat mich trainiert – und motiviert. «Das schaffst du locker», war sein Satz zur Aufmunterung. Nach nur sieben Fahrstunden meldete er mich zur Prüfung an.

 

Und wie ging sie aus?
Sandra Stillhart: Ich habs auf Anhieb geschafft. Allerdings nahm ich zuvor noch eine Woche Ferien – so quasi als Trainingslager, weil ich absolut kein Risiko eingehen wollte. Zum Schluss hatte ich 15 Fahrstunden. Die Freude war riesengross, Autofahren bedeutete schon damals für mich Freiheit und Unabhängigkeit. Das war toll – und mein erstes Auto mein Heiligtum.

 

Wie sind Sie zu Ihrem ersten Auto gekommen?
Sandra Stillhart: Sie wissen, dass ich in einer Ford-Garage gross geworden bin. Motoren zählten zu meinem Alltag, deshalb stand das erste Auto schon nach bestandener Fahrprüfung bereit – ein Geschenk meiner Eltern.

 

Es war ein Ford?
Sandra Stillhart: Natürlich, ein gebrauchter grauer Escort XR3-i 1.6 mit Jahrgang 1983 und schicken roten Filets auf der Seite. Sie hätten seinen Klang hören müssen, den Sound beim Gasgeben. Das hat mich fasziniert – dies im Unterschied zu meinen Freundinnen, die kein Verständnis dafür aufbrachten. Auch wenn ich mit dem Velo hätte fahren können – der Escort blieb stets mein treuer Begleiter. Ich sagte schon damals: «Wir verkaufen Autos, keine Zweiräder.»

 

Sie erinnern sich gut an den schicken Escort?
Sandra Stillhart: Als ob es gestern gewesen wäre. Er war sehr sportlich und auf seinem Heck prangte ein schwarzer Gummispoiler, der optisch den letzten Schliff gab. Er hatte drei Türen, ein tolles Sportlenkrad, aber keine Servolenkung und keinen Katalysator. Dafür ganze 120 PS. Der Kat-bestückte Nachfolger ab 1984 brachte es dann nur noch auf 105 PS, sein Durchzug war nicht mit demjenigen meines Escorts zu vergleichen. Ich denke sehr gerne an ihn zurück, an sein Fahrgefühl und sein Ambiente mit dem besonderen Geruch darin. Das war Freiheit pur.

 

Wie lange haben Sie ihn behalten?
Sandra Stillhart: Etwa ein Jahr, dann kaufte ihn eine ebenfalls junge Frau aus dem Nachbardorf. Sie gab ihn dann Jahre später in den Export, mit über 200 000 Kilometern auf dem Tacho – was ja sehr viel über die Qualität dieses Autos aussagt. Das hat übrigens auch die Schweizer Faustball-Nationalmannschaft so gesehen – wir durften 25 Escort XR3-i an den Verband liefern.

 

Wer war der Nachfolger?
Sandra Stillhart: Als Tochter eines Garagisten muss man repräsentieren – und das fahren, was man auch verkaufen möchte. Ich wechselte die Fahrzeuge deshalb öfters als es normal ist – auf einen Escort RS2000 folgte ein Fiesta XR2i, dann ein Escort Cabriolet und ein Puma Sportcoupé. Ich fahre natürlich heute noch Ford – nicht nur deshalb, weil ich die Marke vertrete, sondern auch voll hinter ihr stehe. Ford ist die Marke mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich bin stolze Ford-Fahrerin und empfehle die Autos aus voller Überzeugung weiter.

 

An schönen Wochenenden gehen Sie allerdings ab und zu fremd, wie ich weiss!
Sandra Stillhart: Eine meiner Leidenschaften sind Oldtimer, das stimmt. Die Lebensläufe und Geschichten der Klassiker, das ganz andere Fahrgefühl und die tollen Leute rund um die Szene faszinieren mich seit vielen Jahren. Darum habe ich mir vor sechs Jahren einen Jugendtraum erfüllt und einen 1986er Porsche 911 Carrera 3.2 Targa gekauft. Er lässt einem die Strasse anders spüren . . . seine Form ist klassisch und zeitlos. Ich bin tatsächlich ein grosser Klassik-Fan geworden und hoffe, dass viele Leute diese Leidenschaft weiterhin mit mir teilen und pflegen. Ich befürchte, dass von den heutigen Fahrzeugen nicht mehr sehr viele den Klassiker-Status schaffen werden.

 

Sie fahren die Oldtimer nicht nur gerne, sondern malen sie auch. Wie kams dazu?
Sandra Stillhart: Ich suchte für mein Büro ein schönes Gemälde von einem Auto. Weil ich aber nie fündig wurde, habe ich eben selber eines gemalt. Mit regelmässigen Malstunden brachte ich dann mein erstes Auto in Acryl auf die Leinwand. Bis heute sind über 20 Werke entstanden. Meistens für den Eigentümer des Wagens.

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