Von Heinz Schneider (Text) und Irene Schneider (Fotos)
Wenn Roboter plötzlich Applaus ernten, dann ist das entweder ein Science-Fiction-Film – oder René Vogel steht auf der Bühne. Der Dozent und Geschäftsführer der Seuzacher «Mr. Vision GmbH» hatte beim vierten Treffen von «Certified First Switzerland» jedenfalls leichtes Spiel: Rund 120 Gäste lauschten ihm, als er mit entwaffnender Begeisterung erklärte, warum die Zukunft nicht in Blechdosen steckt, sondern in cleveren Maschinen, die uns das Leben erleichtern sollen – nicht ersetzen. Auf den Punkt gebracht: Als er auftrat, war plötzlich dieser Funke im Raum – die Mischung aus Wissenschaft, Witz und dem leicht beunruhigenden Gefühl, dass die Zukunft bereits auf dem Parkplatz wartet.
Vogel, ein Mann, der Roboter nicht als kalte Konkurrenten, sondern als charmante Kollegen sieht, nahm sein Publikum mit auf eine kleine Zeitreise. Schon vor 250 Jahren gab es die ersten Versuche, Maschinen das Denken oder wenigstens das Winken beizubringen. Die Probleme von damals sind übrigens erstaunlich aktuell geblieben: zu teuer, zu schwache Batterien, zu viel Erwartung.
Dann spannte er den Bogen in die Gegenwart – und hier, so viel ist sicher, spielt China die Hauptrolle. Was dort inzwischen auf zwei Beinen durch die Werkhallen stapft, lässt selbst Science-Fiction-Autoren erblassen: Humanoide, die über Wiesen und Glatteis laufen, Hürden überspringen, sich nach einem Sturz aufrappeln und dabei noch mit geschickten Fingern hantieren, als hätten sie das Chopin-Examen abgelegt. Der Preis? Unter 20 000 Dollar. Für einen Kollegen, der nie Ferien braucht und immer gut drauf ist, ein echtes Schnäppchen.
Doch das absolute Highlight des Abends war – mit Verlaub – keine Statistik, sondern «Henrietta». So nennt Vogel seinen eigenen Roboter, den er kurzerhand mitgebracht hatte. Henrietta lief vor der Bühne hin und her, winkte (begrüsste später die carwing-Fotografin per Handschlag), kippte um, stand wieder auf – und das Publikum kippte gleich mit, allerdings vor Begeisterung. Ein Stehaufmännchen aus Metall, das überdies mit Charme überzeugte.
Danach zeigte Vogel auf, wie weit die Technik schon ist. Ein Humanoid ist in der Lage, zum Schutz von Menschen gefährliche Bereiche abzusichern oder zu erkunden. Im Haushalt kann er einiges mehr als nur den Staubwedel schwingen, und in der Pflege bedient er Patienten oder reicht Medikamente. Vogel weiss zudem aus Erfahrung, dass humanoide Roboter besonders in der Seniorenbetreuung erstaunlich gut funktionieren. Vor allem bei Menschen mit Demenz hat sich gezeigt, dass die künstlichen Kollegen eine fast therapeutische Wirkung entfalten: Sie hören geduldig zu, auch wenn dieselbe Geschichte zum vierten Mal erzählt wird, reagieren freundlich und schaffen damit eine ruhige, vertraute Atmosphäre – ohne Zeitdruck, ohne Ungeduld.
Und in der Carrosserie? Da sieht der Visionär die Zukunft längst angebrochen: Roboter, die Schleif- und Lackarbeiten übernehmen, Schäden analysieren, Offerten vorbereiten, bei der Qualitätssicherung mit scharfen Kameraaugen kontrollieren oder auch nur monotone Arbeiten erledigen. «Cobots» nennt man sie – Kollegen aus Stahl, die nie müde werden und auch Überstunden ohne Murren auf sich nehmen.
Am Ende blieb vor allem diese eine Botschaft hängen: Die Roboter kommen. Aber keine Sorge – sie bringen keine Revolution, sondern vielleicht nur den Kaffeebecher, wenn wir das nächste Mal im Büro zu lange sitzen. René Vogel würde sagen: Das ist keine Science-Fiction. Das ist einfach effiziente Zukunft.