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    Die Flückigers: Eine Werkstattdynastie mit Sinn für Zukunft

Von Heinz Schneider (Text) und Irene Schneider (Fotos)

Wir wissen es natürlich: Hinter vielen Schweizer Carrosseriebetrieben steckt mehr Drama als in einem durchschnittlichen Tessiner Sommergewitter. Und doch überrascht die Geschichte der Carrozzeria Moderna SA jeden Branchenkenner – auch deshalb, weil sie 1950 nicht nur von Carrossiers, sondern auch von einem Baumeister mit Faible für Automobile mitbegründet wurde: Armando Boldrini. Ein Mann, der privat ein Alvis Cabriolet mit Graber-Carrosserie spazieren führte – ein rollendes Gedicht auf vier Rädern. Und weil Boldrini offenbar nicht nur ein Auge für schöne Linien, sondern auch grosse Würfe hatte, stellte er im Locarneser Sonnenlicht ein Gebäude hin, das damals wie heute beeindruckt: 80 Meter lang, 25 breit, ohne einen einzigen Stützpfeiler. Ein Werkstattdom, den man fast mit erhobenem Hut betreten müsste.

Zum damaligen Ensemble gehörten auch der kaufmännische Leiter Fulvio Mattei – und als treibende Kraft ein junger Mann aus Altstätten (SG) namens Enrico Flückiger. Der war mutig genug, seinen Lebensmittelpunkt schon früh in den Tessin zu verlagern – und überzeugt davon, dass dieser Betrieb einmal eine der ersten Adressen im Kanton für Unfallreparaturen sein würde. Visionäre brauchen manchmal nicht mehr als eine Kiste Werkzeug, etwas Geduld – und ein gutes Gefühl. Enrico lag goldrichtig: Er arbeitete sich hoch, wurde schliesslich Mehrheitsaktionär und prägte den Betrieb über Jahrzehnte.

1995 reichte er den Schlüsselbund an seinen Sohn Paolo weiter, damals 58, gelernter Carrosseriespengler mit abgeschlossenem Mowag-Lehrkapitel in Kreuzlingen. Paolo, mittlerweile Alleinaktionär, brachte nicht nur Erfahrung mit, sondern eine Art ruhige Hartnäckigkeit, wie sie im Handwerk selten, aber wertvoll ist. Mit Investitionen, Modernisierungen und einem guten Gespür für die Richtung, in die sich die Branche bewegt, machte er die Carrozzeria fit für die kommenden Jahrzehnte.

2014 war dann die nächste Staffelübergabe fällig: Marco und Claudia, Paolos Kinder, übernahmen das Ruder. Spengler und Lackierer der eine, Administrationskapitänin die andere – ein Duo, das man sich besser nicht wünschen könnte. Und weil Tradition im Tessin so etwas ist wie ein langsam geschmortes Ossobuco, kamen ein Jahr später auch Marcos Kinder Tiffany und Robin an Bord, beide Lackierer aus Leidenschaft. Familienbetriebe mögen manchmal wie komplizierte Uhrwerke wirken, doch bei der Moderna laufen die Zahnräder hörbar geschmiert.

Was aber zeichnet den Betrieb heute aus? Nun, sicher die traditionellen Werte, der Hang zur qualitativ hochwertigen Arbeit und seine Loyalität zur treuen Kundschaft und zu den Lieferanten. Ein Beispiel gefällig? Kein Problem. Nehmen wir die langjährige Zusammenarbeit mit «Glas Trösch Autoglas». «Ich kenne das Unternehmen seit meiner Lehrzeit», sagt Marco Flückiger. Und fährt fort: «Wir beziehen unser Glas von dort, weil das Gesamtpaket einfach stimmt. Sie waren auch die ersten, die das Thema Kalibrieren für Scheiben geschult haben. Zudem ist der Support genial, und sie glänzen mit Sonderanfertigungen. Für uns haben sie mal für eine Lokomotive eine Frontscheibe hergestellt, die nicht mehr lieferbar war». Dem bleibt nichts mehr hinzuzufügen.

Ausser vielleicht die Tatsache, dass «Trösch» mit Jeffrey Leemann nicht nur technischen Support vor Ort garantiert, sondern neben Glas auch Klebstoffe und Werkzeuge rund ums Glas liefert. Neu setzt die «Carrozzeria Moderna» auf die Dienste von «Repairify by Glas Trösch Autoglas.» Mit diesem Produkt können Codierungen für alle Fahrzeugmarken gemacht, Neuteile angelernt oder Schlüssel in Echtzeit und auf OEM-Niveau programmiert werden. Doch davon später.

Tatsache ist nämlich: In jüngster Vergangenheit wurde im Haupthaus in Locarno – es gibt ja noch die Filiale im benachbarten Contone, wo man Oldtimer mit fast schon musealer Hingabe auf Hochglanz bringt – kräftig investiert. Modernisiert. Umgebaut. Wer das neue Innenleben sieht, könnte meinen, er stehe eher in einem Hightech-Labor als in einer traditionsreichen Carrosserie.

Die grosse Industrielackierkabine etwa: Wenn die feuerfesten Seitenwände langsam herunterschweben, entsteht ein Raum, der vier Personenwagen fasst. Oder einen Helikopter. Und nein, das ist nicht die blumige Schreibe eines Journalisten – in Locarno lackiert man tatsächlich Helis in fast serienmässigem Takt. Auch Privatmaschinen aus dem Ausland landen (das Wortspiel sei verziehen) gerne hier für kosmetische Eingriffe, weil man im Tessin eben nicht nur gut isst, sondern auch hervorragend lackiert.

Doch damit nicht genug: Drei neue Vorbereitungsplätze und zwei zusätzliche Lackierkabinen kamen hinzu. Natürlich das Modernste vom Modernen – stromsparend, energieeffizient, mit deutlich verbessertem CO₂-Fussabdruck. Die Flückigers haben die Anlage nicht einfach bestellt und einbauen lassen. Sie haben das Projekt mit ihrer Crew eigenhändig realisiert, flankiert von der Expertise von «Act Green Efficiency», ein Dienstleister, der Energieoptimierung nicht als theoretische Übung versteht, sondern als Mischung aus präzisem Monitoring und cleverer Technologie.

Wer sich in der Branche auskennt, weiss: Moderne Kabinen brauchen heute bis zu 30 Prozent weniger Energie als ältere Modelle – dank Wärmerückgewinnung, optimierter Luftführung und Sensorik, die präziser reagiert als ein Bergführer nach dem ersten Cappuccino des Tages. Dass die «Moderna» hier mitspielt, überrascht niemanden. Man spürt die Haltung: Technik ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, damit der Betrieb auch morgen noch so sauber läuft wie heute. Apropos morgen: 2026 folgt der nächste Umbau: Die Spenglerei wird komplett neu aufgestellt.

Natürlich ist es nicht bei Gebäuden und Kabinen geblieben. Auch beim Werkzeug hat man aufgerüstet. Paradebeispiel: das vorhin erwähnte AS-Tech-Gerät «Repairify by Glas Trösch Autoglas.» Das ist ein Diagnoseinstrument, das mit seinem Softwarehirn so ziemlich alles weiss, was Motoren, Steuergeräte und Frontkameras den Tag über beschäftigt. Marco Flückiger schwärmt vor allem von der Geschwindigkeit: «Nach rund 40 Sekunden steht die Verbindung mit dem Infocenter, und man erhält umgehend die gewünschte Auskunft. Das klappt hervorragend.» Erst getestet, dann für gut befunden – und gekauft. So entstehen Entscheide in Betrieben, die wissen, was sie brauchen. Auch werden Felgen repariert – ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit, denn Räder gibt man heute nicht mehr auswärts. Die bleiben im Haus, wo man sie mit eigenen Händen wieder in Form bringt.

Es ist diese Mischung aus Tradition, Familiengeist, modernster Technik und einer ordentlichen Portion Tessiner Bodenständigkeit, die die «Carrozzeria Moderna» seit 1950 trägt. Ein Betrieb, der Deutschschweizer wie Deutsche anzieht, die in der Region Ferienhäuser besitzen – vielleicht, weil man sich beim Betreten der Werkstatt fühlt, als ob man in eine gut geölte Geschichte eintaucht. Eine Geschichte, die noch lange nicht fertiggeschrieben ist. Und die, wenn wir ehrlich sind, genauso modern wirkt wie ihr Name. 

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