Lackierer und Autolacke

Top: Spies Hecker und Airbrush auf den Mercedes-Rennwagen

 

Ursprünglich entwickelt, um Fotos zu retuschieren ohne Pinselstriche zu hinterlassen, wird die Airbrush-Technik heute auf jedem beliebigen Objekt eingesetzt – von Fingernägeln bis hin zu Sturzhelmen. Oder auf den Formel-1-Rennwagen von Mercedes. Als einziges Team in der Boxengasse mit komplexer Designlackierung inklusive Farbverläufen und Farbübergängen ist die Airbrush-Technik nämlich ein wesentlicher Bestandteil der Lackierprozesse in der Mercedes-Lackierwerkstatt in Brackley (GB). Spies Hecker, eine der drei globalen Reparaturlackmarken von Axalta, ist seit vier Jahren Partner des Teams und liefert die Lacke für die Weltmeister-Silberpfeile.

 

Andrew Moody, Leiter der Lack- und Grafikabteilung, erklärt: «Wir setzen Airbrush für unsere grünen und blauen Flow-Lines sowie für die Farbverläufe und Farbübergänge von Silber nach Schwarz ein. Oder auch für den Mercedes-Stern – er ist auf der Fahrzeugnase und auf beiden Seiten der Motorabdeckung zu finden.»

 

In der Werkstatt kommen viele Produkte von Spies Hecker zum Einsatz – so zum Beispiel «Priomat Wash Primer 4075». Danach entweder «Permasolid HS Vario Grundierfüller 5340» mit hohem Festkörperanteil oder «HS Performance Füller 5320», ein schnell trocknender 2K HS Schleiffüller. «HS Speed Klarlack 8800» findet Verwendung auf Teilen, die schnell trocknen müssen. Auf allen anderen wird «HS Optimum Plus Klarlack 8650» angewendet.

 

Die verwendeten Airbrush-Pistolen sind präzise Werkzeuge und werden von derselben Druckluft angetrieben wie normale Spritzpistolen – allerdings mit niedrigerem Druck und unter Verwendung eines Luftschlauchs mit kleinerem Durchmesser. Luft strömt durch die Kammer im Innern der Pistole, während der Lack über den verbundenen Fliessbecher in die innenliegende Mischkammer fliesst. Der Lack wird durch die hohe Geschwindigkeit der Luft zerstäubt und strömt durch die Düsenspitze direkt auf das zu lackierende Rennwagenteil.

 

Die Pistolen sind mit einer Double-Action-Funktion ausgestattet – das heisst, der Lackierer muss den kleinen und auf der Oberseite sitzenden Hebel mit dem Zeigefinger nach unten drücken, um die Luftzufuhr in Gang zu setzen. Drückt er den Hebel zurück, erfolgt die Lackzufuhr. Je weiter der Lackierer den Hebel zurückdrückt, desto mehr Lack wird in der Düse zerstäubt. Und je stärker er den Hebel nach unten drückt, desto mehr Luft wird zugeführt. Verändert man nun den Abstand zwischen Airbrush und dem zu lackierenden Objekt, so ändert sich auch der Farbeffekt. Diese Variablen ermöglichen es den Lackierern, eine äusserst präzise Linie und einen viel weicheren, breiteren Effekt mit nur einem einzigen Airbrush-Strich zu kreieren.

 

Andrew Moody fügt hinzu: «Im Vergleich zu einer normalen Spritzpistole müssen die Lackierer bei ihrer Arbeit mit Airbrush geduldiger sein und sich zurückhalten. Auch die Bedienung des Hebels ist anders. Als Faustregel gilt: Man beginnt und endet immer nur mit der Luftzufuhr. Ausserdem müssen die Lackierer mit Selbstbewusstsein sowie künstlerischem Können und Geschick an die Sache herangehen, da wir die Airbrush-Technik erst relativ spät im Gesamtprozess einsetzen. Wenn etwas schiefläuft, kann sich das zum Problem entwickeln, da wir immer unter Hochdruck arbeiten.»

 

Das Markenzeichen von Mercedes, der Stern, ist eine komplexe und prozess-orientierte Fläche. Die Lackierung umfasst 16 Schritte, von denen jeder einzelne in bis zu fünf weitere Stufen unterteilt ist. Um eine grössere Präzision zu erreichen, ist die Pistole mit einer geschlossenen Düsenspitze (0,5 mm) versehen. Der Lackierer muss zur Kontrolle und Eindämmung des Spritznebels eine Maske verwenden. Das Ergebnis ist ein dreidimensionaler Effekt mit präzisen Rändern. Dazu Andrew Moody: «Permahyd Hi-TEC hilft uns hier sehr, denn es eignet sich für Mehrfarben- und Designlackierungen. Es ermöglicht uns das Maskieren direkt nach der Ablüftzeit.»

 

Auch die leuchtend grünen und blauen Flow-Lines werden mittels Airbrush-Technik lackiert und stellen eine visuelle Repräsentation des Luftstroms entlang des Wagens dar. Sie verlaufen vom Frontflügel über die Seite des Chassis und werden auf dem Heckflügel fortgesetzt. Andrew Moody erklärt dazu: «Wir beginnen mit einer Maske, um die Aussenkontur der Form exakt zu skizzieren. Die Lackierer führen den Airbrush-Vorgang mit einer geöffneten Düsenspitze (0,8 mm) dann allerdings freihändig aus. Sie müssen durchgängig konsistent arbeiten, was bei einem so hochkreativen Medium wie der Airbrush-Technik eine wahre Herausforderung ist. Der Lackierer kann am Ende einer Linie nicht einfach noch etwas anstückeln, denn alles muss identisch und konsistent sein.»

 

Die Airbrush-Pistolen werden genauso gesäubert wie herkömmliche Produkte, aber unter Verwendung ihres eigenen Reinigungssystems. Damit das perfekt funktioniert, zerlegen die Lackierer die Airbrush-Pistolen mindestens zweimal in der Woche in ihre Einzelteile, um die Innenteile einschliesslich der O-Ringe zu reinigen und zu inspizieren.

 

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