Von Dennis Schneider (Text)
AkzoNobel und Axalta nähern sich an, als hätten zwei alte Bekannte beschlossen, nun endgültig denselben Weg zu gehen. Der Zusammenschluss per Aktientausch wirkt harmonisch, doch die Verhältnisse klären sich rasch: Akzo übernimmt 55 %, Axalta 45 %, und zusätzlich kassieren die Akzo-Aktionäre eine Sonderdividende von rund 2,32 Mrd. Schweizer Franken. Ein Zusammenschluss, ja – aber einer, bei dem die Gewichte klar verteilt bleiben.
Trotz dieser Asymmetrie fühlt sich die Fusion erstaunlich folgerichtig an. Die Lackbranche konsolidiert seit Jahren, und zwei global vernetzte Anbieter nutzen die Gelegenheit, ihre Kräfte zu bündeln. Bis Ende 2026 oder Anfang 2027 soll alles abgeschlossen sein. Genug Zeit, um Systeme zusammenzuführen, Doppelstrukturen zu glätten und jene jährlichen Effekte zu realisieren, die intern mit rund 480 Mio. Schweizer Franken beziffert werden. Jeder, der schon einmal zwei technische Welten zusammenführen musste, weiss: Das wird kein Sprint, sondern sorgfältige Feinarbeit.
Für die Carrosserie- und Lackierbetriebe ist der Zusammenschluss spürbarer. Viele der vertrauten Marken bleiben bestehen – Sikkens, Lesonal, Cromax, Standox, Spies Hecker –, doch sie stehen künftig unter einem gemeinsamen Dach. Das bedeutet mehr gemeinsame Entwicklungsressourcen, mehr globale Logistik, aber auch eine stärkere Konzentration in der Verhandlungslandschaft. Der Ansprechpartner wird grösser, professioneller, vielleicht auch einheitlicher, was Preise, Servicepakete und Systemlösungen betrifft.
Die doppelte Konzernheimat Amsterdam-Philadelphia wirkt pragmatisch, ein klarer Hinweis darauf, dass beide Unternehmen ihre regionalen Stärken behalten wollen. Gleichzeitig verschiebt sich die finanzielle Schaltzentrale Richtung New York – ein Schritt, der die internationale Ausrichtung unterstreicht, ohne die europäischen Wurzeln zu kappen.
Die offiziellen Stimmen bleiben betont nüchtern. AkzoNobel-Chef Greg Poux-Guillaume spricht von gestärkter globaler Präsenz und Effizienz, Axalta verweist auf komplementäre Portfolios und beschleunigte Innovationskraft. Darunter liegt der pragmatische Kern: Gemeinsam lassen sich technologische Entwicklung, Nachhaltigkeitsanforderungen und globale Kundenstrukturen einfacher handhaben als allein.
Wie sich das Markengefüge langfristig sortiert, bleibt offen. Einige Linien werden bestehen, andere wachsen zusammen, manche könnten im Laufe der Jahre verschlankt werden. Für die Werkstätten dürfte jedoch vor allem relevant sein, dass Lieferketten stabiler werden, Schulungs- und Serviceangebote breiter aufgestellt sind und Farbsysteme tendenziell harmonisierter kommen.
Bis all das Realität wird, vergeht Zeit – Prüfungen, Freigaben, Integrationsschritte. Doch der Kurs ist gesetzt: Zwei starke Unternehmen formen einen neuen globalen Lackanbieter, der die Branche nicht auf den Kopf stellt, aber spürbar neu ordnet. Für die Betriebe bedeutet das nicht zwingend weniger Freiheit, sondern vor allem neue Konstellationen – und die Chance, sich in einem stabileren Umfeld neu zu positionieren.