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125 Jahre: «Benz Velo» ist das erste Grossserienauto der Welt

 

Benz & Cie. stellt im April 1894 den ersten Kleinwagen vor: das Benz Motor-Velociped. Der Name wird später umgangssprachlich zu Benz Velo verkürzt. Die Typenfamilie hat Erfolg auch in Europa: Mit rund 1200 bis zum Jahr 1902 ausgelieferten Einheiten wird sie zum ersten Grossserienauto der Welt.

 

Zu den Innovationen des zierlichen und 280 Kilo leichten Autos mit liegendem Einzylindermotor (1,5 PS) gehört die von Carl Benz weiterentwickelte Achsschenkellenkung. Diese Lösung meldet er am 28. Februar 1893 zum Patent an, das als «DRP 73 515» erteilt wird. Verwirklicht wird die Achsschenkellenkung erstmals noch im selben Jahr in den Modellen Victoria und Vis-à-Vis, die deutlich grösser sind als das 1894 folgende «Velo.»

 

Zum «Velo»-Verkaufsstart platziert Benz & Cie. das neue Modell auf der Titelseite des im April 1894 erscheinenden Katalogs. Diese prominente Präsentation nimmt den Erfolg des neuen Fahrzeugs und des von ihm abgeleiteten Modells Velo Comfortable (ab 1898) in den kommenden Jahren vorweg: Insgesamt entstehen von Velo und Comfortable von 1894 bis 1902 rund 1200 Exemplare mit Motorisierungen zwischen 1,5 und 3,5 PS.

 

Auf den Markt kommt das Benz Motor-Velociped 1894. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 20 km/h. Mit seinem Zweistufen-Flachriemengetriebe überwindet das Velo Steigungen von bis zu zehn Prozent. Inklusive Beleuchtung (Laternen) beträgt der Verkaufspreis 2000 Mark.

 

In der Entwicklung des kompakten Automobils gibt es auch Einflüsse von Fahrzeugen mit zwei und drei Rädern. Das zweirädrige Velo (nach dem Antrieb mit der Muskelkraft der Beine auch Veloziped genannt, lateinisch für Schnellfuss) gibt dem ersten Grossserienauto der Welt den Namen. Hier spiegelt sich die Begeisterung von Carl Benz für das Velo und dessen Technik wider. Bereits 1867 erwirbt der spätere Automobilpionier ein Velo mit eisenbereiften Holzrädern und unternimmt damit Touren über Land.

 

In der acht Jahre währenden Produktionszeit werden die Typenfamilien «Velo» und «Comfortable» ständig weiterentwickelt. So präsentiert der Katalog vom Januar 1898 ein «Velo», bei dem für 200 Mark Aufpreis ein stärkerer Motor mit 2,75 PS erhältlich ist. Ein Sonnenschutz (Parasol) als Sonderausstattung kostet 100 Mark. Das Fahrzeuggewicht steigt auf 320 Kilo.

 

Im gleichen Katalog von Anfang 1898 hat das «Velo Comfortable» als Luxusversion vom «Velo» Premiere. Der stärkere Motor gehört hier zur Serienausstattung, und der Verkaufspreis «in hochfeiner Ausstattung» beträgt 2500 Mark. Kennzeichen des Modells sind unter anderem eine aufwändig gepolsterte Sitzbank für Fahrer und Beifahrer sowie ein gegen die Fahrtrichtung eingebauter Kindersitz. Als Sonderausstattung sind für 350 Mark auch Luftreifen (Pneumatiks) zu haben. 1899 werden beide Modelle serienmässig mit einer dritten Übersetzung ausgestattet.

 

Ab Oktober 1899 vereinfacht Benz & Cie. die Bezeichnung der beiden Modelle. Sie werden nun schlicht als Velociped und Comfortable bezeichnet, und sie sind serienmässig mit einem 3 PS starken Einzylindermotor ausgestattet. Das Velociped kostet 2500 Mark, der Comfortable 2800 Mark. Im Benz-Katalog vom Januar 1901 ist das Velociped nicht mehr aufgeführt, nur noch der Comfortable. Dieser erhält in seinem letzten Produktionsjahr 1902 einen 4,5 PS starken Motor, der laut Katalog eine Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h erlaubt.

 

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