Von Heinz Schneider (Text)
Renault nennt sein SUV-Coupé Rafale – benannt nach einem französischen Jagdflugzeug. Ein wenig Kampfgeist kann der Wagen auch gebrauchen, schliesslich muss er sich gleich an mehreren Fronten beweisen. Nach aussen gegen die Konkurrenz im dicht besetzten Mittelklasse-Segment, nach innen gegen den eigenen Bruder Espace. Der wiederum darf, als Familienauto mit praktischem Touch, gerne weiterhin brav den Kinderwagen schlucken. Der Rafale hingegen tritt an für jene, die es eine Spur sportlicher, distinguiert, ja ein bisschen extravaganter mögen – ohne auf die Funktionalität komplett zu verzichten. Gebaut wird er wie seine Brüder im spanischen Werk Palencia, doch auftreten soll er mit französischem Esprit.
Wir fuhren den Rafale in der Topausführung «Atelier Alpine» mit Plug-in-Hybrid. Preis: ab 53 900 Franken. Damit positioniert er sich durchaus attraktiv, zumal er gleich ein prall geschnürtes Ausstattungspaket mitbringt und Allradantrieb im Gepäck hat. Unser Testwagen trug zudem das schicke Zweifarbenkleid (schwarzes Dach) für 2000 Franken, Head-up-Display (650.–) und die Harman-Soundanlage mit zwölf Lautsprechern (1000.–). Ein echtes Highlight aber: das optionale Panoramadach. Für 1500 Franken öffnet es nicht nur die Aussicht, sondern bietet eine Show, die man eher in einem Science-Fiction-Film erwartet. Per Knopfdruck oder Sprachkommando macht es sich undurchsichtig – Flüssigkristalltechnik sei Dank. Ein Rollo? Altmodisch. Hier wird die Sonne digital ausgeblendet.
Apropos Technik, die man nicht missen möchte: die Allradlenkung. Ein SUV dieser Grösse, das sich durch Stadtgassen und Parkhäuser bewegt wie ein Clio – das sorgt für Freude und gesenkte Blutdruckwerte beim Parkieren. Bis zu fünf Grad lenken die Hinterräder gegenläufig mit, das verkleinert den Wendekreis spürbar. Und genau da zeigt sich, dass Renault das Versprechen der Sportlichkeit nicht nur in die Coupé-Silhouette hineingezeichnet, sondern auch in die Technik gegossen hat.
Im Cockpit herrscht die moderne Renault-Linie: hoch aufragender 12-Zoll-Touchscreen, digitales Kombiinstrument, Sprachsteuerung via «Google Assistant». Funktioniert tadellos. Dazu die erwähnte Harman-Anlage, die den Innenraum zum Konzertsaal macht. Besonders clever fanden wir die ausklappbare Mittel-Armlehne hinten, in der sich Tablets einklemmen lassen. Praktisch, wenn die Kinder auf der Rückbank sonst schon bei Kilometer 13 nach dem nächsten Rastplatz fragen. Zwei USB-C-Anschlüsse, Ablagen, Flaschenhalter – Renault weiss, dass auch distinguierte Fahrer gelegentlich durstige Mitreisende dabeihaben.
Unter der Haube arbeitet ein Turbobenziner (1,2 Liter, 3 Zylinder) mit 150 PS, flankiert von gleich zwei Elektromotoren: 68 PS vorne, 136 PS hinten. Dazu ein Generator mit 34 PS für Start- und Schaltvorgänge. Das klingt nach komplizierter Ingenieursakrobatik, fährt sich aber erstaunlich rund – sofern man den kernigen Dreizylinder nicht als Störenfried empfindet. Das Getriebe dürfte harmonischer arbeiten, aber unterm Strich reicht die Systemleistung locker für eine flotte Gangart. Renault verspricht bis zu 100 Kilometer elektrische Reichweite, in der Praxis – wir waren im Bündner Oberland unterwegs – ist das eher ein poetisches Ziel. Bergauf leert sich der Akku so schnell wie die Sonne den Schnee vom Maihang frisst. Doch die Logik überzeugt: Wer will, kann via «EV Mode» den Akku vor der Stadt noch nachladen, um dann etwa 20 Kilometer lokal emissionsfrei zu fahren. Verbrauchswerte? Zwischen 0,7 und 5,8 Litern – je nach Ladezustand. Klingt nach Spagat, ist aber genau der Sinn eines Plug-in-Hybriden.
Platz bietet der Rafale reichlich. Vorne sowieso, aber auch hinten, trotz coupéhafter Dachlinie. Ellbogenfreiheit, Kopffreiheit, Beinfreiheit – alles im grünen Bereich. Etwas weniger elegant fällt die Praxis beim Beladen aus: Die Ladekante liegt bei rund 82 Zentimetern. Wer öfter schwere Koffer wuchtet, wird sich einen tiefergelegten Espace zurückwünschen. Auch die Sicht nach hinten ist, nun ja, eingeschränkt. Auf unserer Skala eine Vier von zehn.
Unterm Strich hat der Rafale überzeugt. Gute Verarbeitung, Hybridantrieb mit echtem Sparpotenzial, cleveres Raumangebot, kleiner Wendekreis, umfangreiche Komfort- und Sicherheitsausstattung. Und er bringt etwas, das man in dieser Klasse selten findet: ein Quäntchen französischen Charme. Der Espace bleibt der brave Familienfreund, der Rafale der Verführer mit einem Augenzwinkern. Ein Unterschied, der durchaus den Ausschlag geben kann.
| Rafale Atelier Alpine Plug-in Hybrid E-Tech 4x4 | |
| Preis ab | 53 900 Fr. |
| Turbobenziner / Hubraum | 3 Zyl. / 1199 ccm |
| Leistung Verbrenner | 150 PS / 230 Nm |
| Systemleistung | 300 PS / 205 Nm |
| Antrieb | 4x4, Automat (DHT) |
| 0 – 100 / Spitze | 6,4 Sek, 174 km/h |
| Verbrauch (WLTP) | 0,7 l / 100 km |
| Elektrisch | 21,7 kWh / 100 km |
| Energieklasse D | CO2 16 g/km |
| Länge / Breite / Höhe | 4,71 / 1,87 / 1,61 m |
| Kofferraum | 530 bis 1600 Liter |
| Anhängelast | 1500 Kilo |