Carrosserie- und Fahrzeugbau

Manuel Lipp: Top-Spengler ist nun auch noch Top-Lackierer

 

Er hat die Berufsmatur abgeschlossen, ist Regional-, Schweizer- und Vizeweltmeister bei den Carrosseriespenglern, Werkstattleiter und seit ein paar Wochen auch noch bester Lernender in der Berufssparte Carrosserielackierer – was Manuel Lipp in die Hände nimmt, wird zu Gold. Wir wollten vom Luzerner wissen, wie er die Zweitlehre erlebt hat und wie seine weiteren Berufspläne aussehen.

 

Interview: Heinz Schneider

Herr Lipp, mir fällt nur eine einzige Sache oder Schule ein, die Sie nicht zu Ende gebracht haben: die Motorfahrer-Rekrutenschule. Aber da hat Sie nur ein fürchterlicher Skiunfall stoppen können – das Resultat war ein gebrochener Oberschenkelknochen mit Kreuzbandriss und Meniskusschaden. Ist damit auch Ihre Militärkarriere definitiv abgeschlossen?
Manuel Lipp: Die Lastwagenprüfung habe ich noch während der RS erfolgreich bestanden. Vier Tage später hatte ich den Unfall, wurde tatsächlich vom Militär suspendiert. Bis ich wieder in den Alltag und die Arbeitswelt starten konnte, sind allerdings sechs Monate vergangen.

 

Wir wissen, dass Sie während der Rekonvaleszenz keine Däumchen gedreht, sondern sich für die Zweitlehre als Carrosserielackierer vorbereitet haben.
Manuel Lipp: Diese Lehre dauert normalerweise vier Jahre. Die Verantwortlichen der Berufsfachschule haben mir dann aber angeboten, den Abschluss nach nur zwei Jahren zu machen. Diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen.

 

Das Ergebnis ist bekannt – Sie haben die Zweitlehre als Carrosserielackierer mit der Note 5,9 abgeschlossen. Wie ist es möglich, Vizeweltmeister bei den Carrosseriespenglern zu sein und solch ein Resultat als Lackierer zu machen? Talent, Ehrgeiz oder absolute Siegermentalität?
Manuel Lipp: Während der Lehre als Carrosseriespengler habe ich gleichzeitig die Berufsmatur gemacht und dabei entdeckt, dass mir das Lernen leicht fällt und ich in kurzer Zeit sehr viel aufnehmen kann. Zusätzlich zur Freude und Motivation, die mir mein Vater täglich vermittelt (Anmerkung Redaktion: Vater Alex Lipp führt in Ruswil eine eigene Carrosseriefirma), fällt es mir ziemlich leicht, mich auch in strengen Momenten reinzuhängen und die Zeit für wichtige Lehrarbeiten zu nehmen. Natürlich müssen Team und Umfeld am selben Strick ziehen, was überhaupt nicht selbstverständlich ist. Ich bin sehr froh, dass ich von so vielen Seiten Unterstützung bekomme. Aber Sie haben schon Recht: Obendrein kommen Perfektionismus, Ehrgeiz und ein gesundes Wettbewerbsdenken bei mir schon noch dazu.

 

Ich wage jetzt Mal die Behauptung, dass es von Anfang an Ihr Plan war, die Lackiererlehre nicht durchschnittlich, sondern im Manuel-Lipp-Stil bei den Allerbesten abzuschliessen.

Manuel Lipp: Mein Ziel war es auf jeden Fall nicht, einfach nur die Lehre zu bestehen und geradewegs so durchzurutschen. Ich bin immer stolz auf Menschen, die ihr Bestes geben – egal, welches Resultat am Ende herauskommt.

Haben Sie die Note 5,9 erwartet?
Manuel Lipp: Nein, ganz ehrlich, das auf keinen Fall. Ich habe mich bei einer Fünf eingeschätzt, bin demzufolge voll überrascht worden.

 

Wie haben Sie die Lehrzeit erlebt? Streng, oder easy?
Manuel Lipp: Die neue Umgebung und die neuen Arbeiten haben mein Interesse sofort geweckt und ich war verblüfft, wie vielseitig auch dieser Beruf ist. Es gab natürlich sehr viel zu Lernen, und mit meinem Perfektionismus wollte ich bald an die Grenze vom perfekten Lackverlauf gehen. Leider schoss ich übers Ziel hinaus, lackierte Läufer. Trotz einiger Missgeschicke machte die Arbeit extrem viel Spass, und nach wenigen Wochen begann ich, in der Freizeit an eigenen Projekten zu arbeiten. So konnte ich die gekürzte Lehrzeit ein wenig aufbessern und Routine erarbeiten.

 

Haben Sie ab und an noch als Spengler gearbeitet oder sich ausschliesslich aufs Lackieren konzentriert?
Manuel Lipp: An freien Abenden und Wochenenden war ich als Spengler tätig. Aber ausschliesslich für eigene Projekte – zum Beispiel baute ich einen BMW e30 mit Jahrgang 1991, den ich auch selber lackierte, zum Drift-Rennwagen um. Mein Vater zeigte mir dabei die Welt der Blechbearbeitung aus alter Schule, da konnte ich sehr viel dazulernen. Innerhalb von fünf Monaten habe ich rund 450 Freizeit-Stunden ins Auto investiert.

 

Ihr erstes Oldtimerprojekt während der Lehre als Spengler war ein VW Golf IV. Was ist aus dem Auto geworden?
Manuel Lipp: Den fahre ich auch heute noch im Alltag. Mit wenigen Instandhaltungsarbeiten ist diese Perle immer noch gut in Schuss.

 

Man hört jetzt, dass Sie so ganz nebenbei während Zweitlehre und Oldtimerprojekt auch noch die Weiterbildung zum Werkstattleiter als Carrosseriespengler in Angriff genommen haben.
Manuel Lipp: Das stimmt. An den Samstagen war immer Schulunterricht, da habe ich mich während den Praxiskursen so richtig beim Spenglern austoben können.

 

Was machen Sie mittlerweile lieber? Spenglern oder lackieren?
Manuel Lipp: Da gibt es keinen Favoriten, jeder der beiden Berufe hat seine eigenen interessanten Seiten. Für den Carrosseriespengler ist es genial, wie er mit blosser Hand das deformierte Blech in eine korrekte und ästhetische Form bringt. Der Lackierer sieht den perfekten Abschluss einer Arbeit – das ist eine riesige Genugtuung.

 

Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus? Bleiben Sie beim Autospritzwerk Hans Kunz in Ruswil?
Manuel Lipp: Bis Ende August 2018 ist die Lehrzeit beim Autospritzwerk Hans Kunz abgeschlossen. Danach darf ich etwa einen Monat lang meinen Vater Alex in der Carrosserie Lipp vertreten, und ab Oktober arbeite ich bis Ende Jahr beim Autospritzwerk Andre Kiser GmbH in Kägiswil mit. Ab Januar 2019 bin ich frei und auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber, bei dem ich Erfahrungen als Spengler und Lackierer sammeln kann.

 

Was halten Sie von der Idee, eine Lackierabteilung in den Carrosserie-Betrieb Ihrer Eltern zu integrieren? Für die Leitung dieser Abteilung sind Sie geradezu prädestiniert.
Manuel Lipp: Momentan sind noch sehr viele Wege offen. Ich hoffe und vermute aber, dass sich in absehbarer Zeit bei der Carrosserie Lipp noch einiges tun wird. Dazu benötigen wir alle, das Lipp-Team und die Familie, aber noch Zeit sowie einige Hammerschläge beziehungsweise einigen Lackiernebel. Dann wird sich die richtige Tür öffnen.

 

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