Carrosserie- und Fahrzeugbau

Im Interview: André Schmid, WM-Dritter an den World Skills

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Interview: Heinz Schneider

 

Herr Schmid, junge Leute wie Sie gehen abends und an Samstagen hauptsächlich an Partys oder Sportveranstaltungen. Sie jedoch haben in Ihrer Freizeit ausschliesslich für die World Skills trainiert. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich für die Berufs-WM anzumelden?

 

André Schmid: Darauf bin ich nicht gekommen. Ich habe lange Zeit gar nicht gewusst, dass es diese Meisterschaften gibt.

 

Wer hat es Ihnen verraten?

 

André Schmid: Mein ehemaliger Kursleiter hat mich während meines Militärdienstes angerufen und gefragt, ob ich mich nicht für die regionalen Meisterschaften anmelden möchte. Er meinte, ich hätte die Fähigkeiten dazu. Nachdem ich dort gewonnen hatte, folgten die Schweizer Meisterschaften.

 

Mit welchen Erwartungen?

 

André Schmid: Ganz ehrlich, ich hatte keine. Als ich jedoch den ersten Prüfungstag meines Erachtens verhauen hatte, packte mich der Ehrgeiz. Deshalb gab ich am zweiten Tag alles – und es hat gereicht. Die WM in Leipzig war der logische weitere Schritt.

 

Man sagt, dort hätten Sie bis zur Rangverkündigung nicht gewusst, ob Sie Weltmeister oder Bronzemedaillen-Gewinner sind oder gar leer ausgehen?

 

André Schmid: Ja, das ist so. Im Vorfeld der Rangverkündigung ist nicht das Geringste durchgesickert. Was ich geleistet habe, war mir erst klar, als ich aufgerufen wurde.

 

Als Sie Ihren Namen hörten – was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen?

 

André Schmid: Schwierig zu sagen. Das Ganze lief wie ein Film ab, aber im Kopf ist nichts präsent geblieben. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich realisierte, welches Ziel ich eigentlich erreicht habe.

 

Wie war Ihr Gefühl direkt nach dem Wettbewerb? Haben Sie aufgrund Ihrer Leistungen an eine Medaille geglaubt?

 

André Schmid: Ich wusste, dass mir alle Aufgaben gut gelungen sind. Aber mit einer Medaille zu spekulieren, wäre dann schon vermessen gewesen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil man ja nicht weiss, wie es den Mitbewerbern ergangen ist.

 

Von den Asiaten weiss man, dass sie zwei Jahre vor der WM nichts anderes mehr tun als sich auf den Wettbewerb vorzubereiten. Wie sah Ihr Trainingsprogramm aus?

 

André Schmid: Im Februar 2013 hab ich damit begonnen, etwa ein bis zwei Tage pro Woche. Von April bis Juni erhöhte ich das Pensum auf drei bis fünf Tage, teilweise auch an den Wochenenden.

 

Wie muss sich ein Aussenstehender diese Trainings vorstellen?

 

André Schmid: Man ist immer auf Achse und gute Trainingsmöglichkeiten fixiert. Ich bin sehr oft ins Porsche-Zentrum nach Schlieren gefahren, wo ich beste Bedingungen zum Üben vorgefunden habe und wo mir die modernsten Geräte praktisch uneingeschränkt zur Verfügung standen. Weitere «Trainingshallen», um es mal salopp ausdrücken, waren die Dorfgarage Wagner im luzernischen Zell, das VSCI-Kurszentrum in Zofingen, die Carrosserie Spiez AG oder eben mein Arbeitgeber in Auswil. Ich weiss, dass sie sehr viel für mich getan haben.

 

Die Koordination war wohl nicht immer einfach, denn parallel dazu absolvieren Sie noch die Berufsprüfung.

 

André Schmid: Das ist richtig, im September 2012 hat der Weiterbildungskurs begonnen. Nächstes Jahr sollte ich die Prüfung abgeschlossen haben.

 

Ein Riesenprogram. Was ist die Triebfeder für Ihren Wissensdurst?

 

André Schmid: Ich mach das in allerster Linie für mich selber. Und eventuell ist es der erste wichtige Schritt in die spätere Selbständigkeit, wer weiss . . .

 

Gibt’s diesbezüglich schon Pläne?

 

André Schmid: Kurzfristig sicher nicht. Mein Arbeitgeber, die Carrosserie S. Flückiger AG in Auswil, hat sich in den vergangenen Jahren stark für mich engagiert und mich gefördert. Mir gefällt es dort, darum bleibe ich sicher noch drei weitere Jahre.

 

Wenn Sie den Berufsmann André Schmid heute vergleichen mit demjenigen von August 2012 – wie haben Sie sich verändert? In welchen Bereichen haben Sie sich verbessert?

 

André Schmid: Man lernt, unter einem enormen zeitlichen Druck Qualitätsarbeiten abzuliefern. Das prägt und macht mental stark, was sich positiv aufs Selbstvertrauen auswirkt. Zudem erhält man die Möglichkeit, neue Arbeitstechniken zu erlernen. Mir war zum Beispiel nicht bewusst, dass an den Seitenwänden von BMW-Fahrzeugen nicht mehr geschweisst, sondern nur noch geklebt und genietet wird. Das ist nur eine von vielen neuen Techniken, die ich kennenlernen durfte. Im übrigen auch dank dem VSCI, der die Kosten für die Trainings und einiges für den Übungs-BMW übernommen hat.

 

Damit sprechen Sie die Partner und Gönner an, dank denen Leistungen wie diejenigen von Ihnen überhaupt möglich sind?

 

André Schmid: Ja, das tue ich. Ohne sie geht gar nichts. Ich verdanke nebst den vorhin erwähnten fünf Trainingspartnern auch Coach Roland Maurer und meinen Trainern und Betreuern Benjamin Mazenauer und Peter Bucheli sehr viel. Um niemanden zu vergessen, hab ich sie alle auf meiner Autogrammkarte verewigt.

 

Eigentlich sollten Sie jetzt vom Arbeitsaufwand her alles ein bisschen gemächlicher angehen. Wie ich aber höre, gibt’s bei Ihnen noch eine sehr grosse Baustelle . . .

 

André Schmid: Wie meinen Sie das?

 

Nachdem Sie kürzlich ihren alten Pontiac Firebird in 200 Stunden restauriert haben, soll jetzt ein etwas lädierter Caterham auf ihre heilenden Hände warten.

 

André Schmid: Ja, das stimmt. Den hab ich gekauft, und jetzt steht sein Neuaufbau auf dem Programm. So bleibe ich im Training.

 

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