Carrosserie- und Fahrzeugbau

Paolo Benedetti: So tickt der neue Jasa-Chef Teil 2

 

Interview und Fotos: Heinz Schneider

Die «Südo AG / Jasa AG» aus Spreitenbach (AG) ist Spezialistin in den Bereichen Beleuchtung, Elektromaterial, Werkstatt- und Fahrzeugbedarf, Carrosserie- und Lackiertechnik, Verbrauchsmaterial und Betriebshygiene. Seit Mai 2024 ist Paolo Benedetti Geschäftsführer – ein Profi mit Kernkompetenzen in der strategischen und operativen Entwicklung, im Vertriebs- und Finanzmanagement sowie Controlling und Reporting. Wir haben den 56-Jährigen zum Interview gebeten. Hier Teil 2 des fast zweistündigen Gesprächs.

 

Herr Benedetti, in Teil 1 unseres Interviews haben wir darüber gesprochen, wie und warum Sie die Stelle bei «Südo AG / Jasa AG» angenommen haben und welche Veränderungen sie in kurzer Zeit vorgenommen haben. Jetzt möchte ich einige «Geheimnisse» über den Betrieb und Sie persönlich erfahren.
Paolo Benedetti: Ich bin einverstanden. Legen Sie los.

 

Die «Südo AG / Jasa AG» arbeitet wie andere Firmen auch mit der Verteilung, dass zwanzig Prozent der Kunden achtzig Prozent des Umsatzes erzielen. Werden Sie das ändern?
Paolo Benedetti: Ich habe vor Stellenantritt verschiedene Firmendaten erhalten und diese auch analysiert. Da sind mir viele Sachen aufgefallen – auch die von ihnen erwähnte Verteilung. Allerdings hat die in ähnlicher Weise auch bei den Lieferanten gegolten. Mir war schnell klar, dass wir zu viele Produkte haben.

 

Sie haben das Lieferantennetz reduziert?
Paolo Benedetti: Um zwanzig Prozent. Aber es sind weitere dreissig Prozent nötig. Das Ziel ist es, bis Ende Jahr von 300 auf 150 Lieferanten zu verkleinern. Zeitlicher Aufwand und geldwerter Ertrag haben sich in vielen Fällen als nachteilig für uns erwiesen.

 

Was passiert mit den Produkten, welche Sie von diesen Lieferanten bekommen haben?
Werden die ersatzlos gestrichen?
Paolo Benedetti: Einen Teil holen wir woanders. Der Entscheid war richtig, es gab Produkte, die wurden dreifach geführt. Eines reicht durchaus. Wir können dem Kunden Alternativen bieten, die praktisch identisch sind. Will er sie nicht, muss er sie woanders holen. Ich habe nicht den Anspruch, alles liefern zu können. Das geht einfach nicht.

 

Ich möchte noch ein bisschen in die Vergangenheit und Ihre berufliche Laufbahn blicken. Ich weiss zum Beispiel, dass Sie die Lehre als Speditionskaufmann absolviert haben.
Paolo Benedetti: Das stimmt, und zwar bei der Firma Kuoni Transport. Die Logistik ist auch jetzt noch ein wichtiger Teil in meinem Berufsleben, sie hilft mir heute, in den Verhandlungen mit den Spediteuren. Ich kann immer noch mitreden, wenn es um Importe geht.

 

Wie gings weiter?
Paolo Benedetti: Nach der Lehre habe ich mich weitergebildet – in Richtung Verkaufskoordinator, Verkaufsleitung und Marketing. Mit 27 Jahren war ich Geschäftsleiter bei «Waeco Schweiz». Weitere Schulungen folgten Schlag auf Schlag – im täglichen Geschäftsleben. Ich werde der Firma «Dometic» ewig dankbar sein – alles was ich dort gelernt habe, kann ich hier einsetzen. Aber so, wie ich es möchte.

 

Sie haben vorhin gesagt, jeder Chef führt anders. Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil?
Paolo Benedetti: Ich versuche, stets ein Vorbild zu sein, gehe aber nicht davon aus, dass alle im selben Modus arbeiten wie ich. Trotzdem ist es mir sehr wichtig, das Team in einzelne Entscheidungsfindungen zu integrieren.

 

Sie schenken Ihren Mitarbeitenden viel Vertrauensvorschuss?
Paolo Benedetti: Das tue ich wirklich. Denke aber auch, dass ich das Potential eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin sehr schnell erkenne. Dann ist es etwas einfacher mit dem Vertrauen. Ich habe hier nach kurzer Zeit das Organigramm verändert, wir sind jetzt anders aufgestellt als zuvor. Es gibt eine neue Entscheidungsebene, mit vier Kaderstellen, die es vorher nicht gab. Diese Leute haben mein Vertrauen, sie dürfen jetzt die Entscheidungen treffen, aber sie müssen sie auch verantworten.

 

Vertrauen schenken, den Mitarbeitern die lange Leine und Entscheide überlassen – ist das das Geheimnis im Geschäftsleben?
Paolo Benedetti: Also, mir hat mal jemand in leitender Stellung gesagt, der Erfolg einer Firma hänge davon ab, ob die Führungsebene die richtigen Entscheidungen trifft. Ich versichere Ihnen: Unter so einer Leitung möchte ich keine Sekunde arbeiten. Kluge Entscheidungen ganz oben setze ich voraus, aber das Potential einer Firma liegt ganz woanders: bei den Mitarbeitenden. Man muss auf sie hören, Gedanken mit ihnen austauschen, Ideen verfolgen. Wenn jemand gut ist, muss man das honorieren – sowieso mit Respekt. Ich habe gute Leute – neu einen Aussendienstmitarbeiter, der ist 57 Jahre alt. Die Fachfrau im Einkauf, sie ist 56 – beide sind dabei, weil sie etwas können.

 

Was denken Sie über die Carrosseriebranche? Wie nehmen Sie sie wahr?
Paolo Benedetti: Ich habe lernen müssen, dass das eine ganz eigene Branche ist. Doch gemeinsam haben wir schon viele gute Kontakte aufbauen können, auch mit dem Verband. Die Sitzungen mit dem Verband empfinde ich als sehr interessant. Es ist eine dynamische Industrie, die in Zukunft Potential hat. Aktuell legt sie den Fokus auf Aus- und Weiterbildung, was natürlich teilweise dem Fachkräftemangel geschuldet ist. Aber die Menschen tun viel dagegen, das gefällt mir.

 

Wie präsentieren sich die Handelsbeziehungen?
Paolo Benedetti: Wir machen mit knapp zehn Produktegruppen neunzig Prozent des Umsatzes. Das ist ungesund, diese Situation wollen wir entschärfen. Wir machen uns Gedanken, mit anderen Produktegruppen ein bisschen zu diversifizieren.

 

Sie haben diesbezüglich schon den einen oder anderen Erfolg verbuchen können, wie ich gehört habe.
Paolo Benedetti: Wir führen zum Beispiel eine neue Reinigungslinie von Scholl im Sortiment. Dann haben wir Motorex ins Boot geholt für die Fahrzeugpflege, und wir haben Mirka. Da sind wir voll dabei, die Mitarbeiter vom Aussendienst entsprechend den neuen Produkten zu schulen.

 

Wo steht die «Südo Jasa AG» in fünf Jahren?
Paolo Benedetti: Wir haben klare Visionen. Wir wollen unsere Stellung im Markt festigen und den Wiedererkennungswert stärken. Ich habe Situationen erlebt, da hatte ich Kontakt mit Leuten aus der Branche. Einige von ihnen haben die Firma «Jasa», nicht aber «Südo» gekannt. Und umgekehrt genauso – das geht ganz einfach nicht. Die Sichtbarkeit der Firma muss besser werden, da wurde bislang zu wenig gemacht. Wir brauchen mehr Social Media Präsenz, müssen die neuen Technologien und die Digitalisierung besser nutzen.

 

Zum Schluss habe ich noch zwei persönliche Fragen, die ich Ihnen stellen möchte. Sie sind Frühaufsteher, habe ich mir berichten lassen. Was heisst das konkret?
Paolo Benedetti: Ich weiss nicht, wer Ihnen das gesagt hat, aber es stimmt – ich brauche nur vier Stunden Schlaf. Unter der Woche stehe ich zwischen drei und halb vier Uhr morgens auf – ohne Wecker. Um etwa 04:15 Uhr bin ich im Fitness, trainiere sechs Mal in der Woche Kraft oder Ausdauer und bin spätestens um sechs Uhr im Büro. Das mache ich seit zwanzig Jahren so. Mittagspause gibt es keine, dafür ein paar Tassen Grüntee und Früchte. Die nehme ich zweimal pro Woche in der Kantine ein, weil mir viel daran liegt, mich dort mit den Mitarbeitenden zu unterhalten und ihren Puls zu fühlen. Zwischen 16 und 17 Uhr ist dann Feierabend.

 

Stimmt es, dass Sie noch aktiv Fussball spielen?
Paolo Benedetti: Mit Feuereifer, beim FC Wallisellen – Senioren 50+ Meisterklasse. Wir trainieren zwei Mal pro Woche am Abend, und haben eine unglaubliche Kameradschaft. Mein engster Freundeskreis im Team ist vier Personen gross. Einer begleitet mich seit dem Chindsgi-Alter, mit zweien bin seit vierzig Jahren befreundet. Gemeinsam besuchen wir Wein Degustationen, wir organisieren alljährlich ein Ski-Weekend und eine Italienreise, und wir gehen jedes Jahr ans Oktoberfest. Diese Freundschaften haben wir sehr gut hingekriegt, das macht mir unglaublich viel Spass.

 

Sind Sie auf dem Spielfeld der, welcher Tore verhindert? Oder der, der die Bälle reinhaut?
Paolo Benedetti: Ich bin Mittelstürmer, mein Platz ist vorne.

Interview Teil1

 

Steckbrief
Paolo Benedetti wuchs zusammen mit zwei älteren Schwestern in Wallisellen (ZH) auf, wohnt jedoch seit 1994 im benachbarten Opfikon. Er ist seit 23 Jahren mit einer Spanierin verheiratet. Gemeinsam haben sie eine Tochter (19) und einen Sohn (22.) In seiner freien Zeit treibt der Doppelbürger (Italien, Schweiz) viel Sport – und liest sehr oft, vorzugsweise Fachzeitschriften und Krimis per E-Book. Im TV interessieren ihn Nachrichten, Tier-Dokus und Infosendungen. Seine Eltern besitzen ein Haus in Norditalien, in dem er öfters nach dem Rechten sieht und Pflegearbeiten erledigt

Neuste Artikel: Carrosserie- und Fahrzeugbau

  • 1
  • 2
Prev Next