Manchmal ist das Internet eine Schatzkarte. Manchmal ein Minenfeld. Und manchmal ist es einfach nur eine sehr teure Lektion in italienischem Markenrecht. Richard Blair aus Arizona dürfte inzwischen wissen, wie sich Letzteres anfühlt. Er kaufte 2018 die Domain «Lambo.com» für vergleichsweise schmale 10 000 Dollar – vermutlich mit jenem Funkeln in den Augen, das sonst nur Menschen haben, die glauben, sie hätten den Generalschlüssel zum Tresor gefunden. Sieben Jahre später steht er mit leeren Händen da. Die Domain gehört jetzt Lamborghini. Ohne einen einzigen Cent Ablöse. Dafür mit einer impressiven Sammlung von Anwaltsrechnungen auf Blairs Seite.

Die Geschichte liest sich wie ein modernes Lehrstück über Gier, Geduld – und juristische Realität. Seit dem Kauf im Februar 2018 bot Blair die Domain immer wieder zum Verkauf an. Zunächst für gut eine Million Dollar, dann für 1,5 Millionen, später 3,3 Millionen. Irgendwann, offenbar berauscht vom eigenen Preisschild, schraubte er die Forderung im August 2022 auf knapp 58 Millionen Dollar. Ein gutes Jahr später waren es 75 Millionen. Man fragt sich unweigerlich, ob da jemand die Inflation mit der Motorleistung eines Aventador verwechselt hat.

Interessenten soll es gegeben haben, doch Blair lehnte alle Offerten ab. Wahrscheinlich wartete er auf den einen Moment, in dem Sant’Agata Bolognese verzweifelt anruft und sagt: «Nehmen wir. Bar oder Überweisung?» Stattdessen klopfte im April 2022 das Schieds- und Mediationszentrum der «World Intellectual Property Organization» an. Lamborghini legte Beschwerde ein, und im August desselben Jahres fiel das Verdikt: Blair habe in böser Absicht gehandelt. Die Domain sei zu übertragen. Punkt.

Blair wollte das nicht auf sich sitzen lassen und zog weiter vor ein US-Bezirksgericht. Doch auch dort verfing die Hoffnung auf den grossen Coup nicht. Die Richter kamen zu einem klaren Schluss: Kein eigenes Recht am Namen «Lambo», kein ernsthafter Versuch, die Website inhaltlich zu entwickeln, dafür der Versuch, vom guten Ruf des italienischen Autobauers zu profitieren. Kurz gesagt: zu viel Show, zu wenig Substanz. Die Klage wurde abgewiesen, die Domain eingezogen. Ende der Geschichte.

Während in Arizona wohl gerade Wunden geleckt werden, dürfte man in Sant’Agata höchstens mit einem Espresso angestossen haben. Für Lamborghini ist «Lambo.com» mehr als nur eine praktische URL. Sie ist digitale Visitenkarte, Markenmonument, gepflegtes Einfahrtstor zur eigenen Legende. Dass man sie nun ohne Ablöse erhält, ist aus juristischer Sicht folgerichtig – aus marketingtechnischer Sicht ein Volltreffer.

Die Episode zeigt, wie wenig romantisch der Traum vom schnellen Reichtum im Schatten grosser Marken tatsächlich ist. Wer glaubt, aus einem berühmten Namen Gold pressen zu können, ohne selbst etwas zu schaffen, landet selten auf der Sonnenseite. Eher auf der Anklagebank. Lamborghini bleibt Lamborghini. Laut, schnell, kompromisslos. Und jetzt auch wieder Herr über eine Domain, die ohnehin nie jemand anderem gehört hat – zumindest nicht im Sinne des Gesetzes. Richard Blair hingegen bleibt vor allem eines: ein Mann, der sehr teuer gelernt hat, dass man einen Stier nicht melkt, sondern respektiert. Oder man wird aufgespiesst. Juristisch korrekt, versteht sich.