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Jubiläum für VW Bus: Vor 70 Jahren kam er in die Schweiz

 

Der VW Bus (im Gegensatz zu Deutschland klang sein Name «Bulli» für Schweizer Ohren unsympathisch, deshalb wurde er hier nur VW Bus genannt) ist jenes Nutzfahrzeug, das weltweit am längsten im Markt ist: Im April vor 70 Jahren wurde er offiziell als «Typ 2» in die Schweiz geliefert. Bis heute folgten dem ersten Exemplar 265 000 weitere, insgesamt wurden weltweit 13 Millionen verkauft.

 

Die Definition von VW für ein kompaktes Nutzfahrzeug mit maximaler Raumausnutzung lautete: Boxermotor im Heck, Fahrer weit vorn, und dazwischen sehr viel Platz. Das sind die Merkmale des T1 – der ersten VW Bus-Generation. Mit jeder weiteren – vom T2 bis zum heutigen T6.1 – wurde das Konzept weiterentwickelt. So entstand das Original seiner Klasse – ein Transporter für Personen und Waren, ein Fahrzeugsystem für alle erdenklichen Aufbauten, ein Van für Freizeit und Business und als California der erfolgreichste Camper der Welt.

 

T1 – 1950 bis 1967
Am 11. November 1949 stellte VW einen von Hand gefertigten Transporter-Prototyp als Kastenwagen vor. Was noch fehlte, war ein Name. 1949 hatte VW unter anderem die Bezeichnung «Bully» als Wortmarke beim Patentamt schützen lassen wollen. Das Pech: Ein anderes Unternehmen hatte sich die Rechte schon früher gesichert. Gleichwohl wurde er intern mit Bully bezeichnet – schnell Bulli geschrieben. Mehr als ein halbes Jahrhundert verstrich, bevor VW Nutzfahrzeuge 2007 die Patentrechte an der Wortmarke «Bulli» erwerben konnte. Nun darf – aber bitte nicht für Schweizer Ohren – jedes Modell der Baureihe offiziell so bezeichnet werden.

 

1950 war VW noch ein Start-up. Sein jüngstes Produkt: der Bus. Motor und Getriebe stammten vom Käfer, die Carrosserie samt verstärkter Bodengruppe wurde neu entwickelt. Maximale Zuladung: 750 Kilo. Bepackt wurde er durch die Flügeltüren oder später die Schiebetür (optional) auf der Beifahrerseite. Als geschlossener Kastenwagen, verglaster Kombi und achtsitziger Bus startet der T1 zuerst durch.

 

1951 folgte die bekannteste Version, inoffiziell «Samba-Bus» genannt. Die Merkmale: Rundumverglasung, Dachfenster, Faltschiebedach. Ein weiteres Jahr später kam der Pritschenwagen auf den Markt, eine Art Pickup der 50er Jahre. Auf der Basis dieses Spektrums entstanden diverse Sonderbauten. Westfalia steuerte die «Camping-Box» bei – ein Modul, das aus dem Bus das erste kompakte Reisemobil machte. 1956 zog die Produktion nach Hannover in ein neues Werk, ab 1957 wurde der Bus auch in Brasilien gebaut. Bis 1967 der Nachfolger auf den Markt kam, hatten ihn knapp 1,9 Millionen Käufer mit der geteilten Frontscheibe («Split Window») und der markanten Nase zu einem Welterfolg gemacht.

 

T2 – 1967 bis 1979
Wilde Zeiten, in denen nicht nur die Rockmusik erfunden wurde: Im August 1969 schrieben Musiker wie Jimi Hendrix, Bob Dylan, Ten Years After oder Joe Cocker in Woodstock Musikgeschichte. Es waren jene drei Tage, in denen das berühmteste Foto von einem VW Bus entstand: Das vom Flower-Power T1 mit dem Paar auf dem Dach. In Hannover war zwei Jahre zuvor die Produktion der zweiten Generation angelaufen. Optisch zu erkennen war der T2 unter anderem an der neuen Frontpartie, nun ohne das typische V des T1, aber mit gewölbter Frontscheibe und dem Lufteinlassgitter darunter. Der T2 verfügte nun serienmässig über eine Schiebetür.

 

Allein im Werk Hannover entstanden bis zur Ablösung im Jahre 1979 gut 2,14 Millionen Exemplare. In Südamerika und Südafrika lief die Produktion noch lange weiter. Den Rekord für den längsten Produktionszeitraum hält das VW Werk in Sao Paolo: Die letzten 1200 Exemplare des T2 – die «56 Anos Kombi – Last Edition» – entstanden 2013 bei VW do Brasil. In der Schweiz wurden von 1967 bis 1978 insgesamt 63 692 T2-Modelle verkauft.

 

T3 – 1979 bis 1992
Ende der 70er-Jahre hatte sich die Welt wieder verändert. Erneut helfen Songs der Erinnerung auf die Sprünge: Dire Straits schickten die «Sultans Of Swing» mit kristallklarem Sound in die Autoradios; The Police brachte «Message In A Bottle» und Pink Floyd errichtete mit «The Wall» das erfolgreichste Doppelalbum der Welt. VW begleitete diesen Soundtrack 1979 mit dem T3. Seine breitere Carrosserie bot bei unveränderter Länge und Höhe mehr Fahrgast- und Laderaum. Ab 1981 gab es erstmals auch einen Dieselmotor.

 

1985 erhielten die Benziner Katalysatoren, die ersten Diesel einen Turbolader. Vor allem aber bereicherten die Syncro-Modelle (4x4) mit Viscokupplung zwischen Vorder- und Hinterachse das Programm. Ab 1988 gab es mit dem California erstmals einen Camper aus eigener Nutzfahrzeug-Produktion. Als der letzte T3 im Werk Hannover vom Band fuhr, waren 1,3 Millionen Exemplare verkauft, neue Versionen wie Caravelle und Multivan ergänzten das Angebot. In Südafrika wurde der T3 bis 2005 als Rechtslenker gefertigt. Die Gesamtzahl erhöhte sich damit auf über 1,4 Millionen. Von 1979 bis 1992 wurden vom T3 in der Schweiz 45 843 Modelle verkauft.


T4 – 1990 bis 2003
1990 folgte mit dem T4 eine technische Revolution: Nach 40 Jahren Heckantrieb mit Boxermotor drehte VW das Konzept um. Ab jetzt waren die neuen Reihen- und später auch VR-Motoren vorn angeordnet und trieben die Vorderachse an. Mit diesem Wechsel änderte sich alles: Design, Fahrwerk, Motoren und Raumangebot. Vor allem im Heck, wo beim T3 noch der Boxermotor einiges an Volumen einnahm, stand nun deutlich mehr Platz zur Verfügung. Nur wenig davon beanspruchten die neue Schräglenkerhinterachse und der optionale Syncro-Allradantrieb. Das neue Antriebslayout und das neue Fahrwerk rückten das Fahrverhalten nochmals näher an das eines Personenwagens. Vorn wuchs der T4 in die Länge, um dort ausreichend Raum für die quer eingebauten Vier- und Fünfzylinder-Reihenmotoren und gute Crash-Eigenschaften zu schaffen.

 

1995 wurde VW Nutzfahrzeuge eine eigenständige Konzernmarke. Zum Modelljahr 1996 erfuhr der T4 eine umfassende Modellpflege. Besonders viel änderte sich unter der Motorhaube. Als erster TDI (Turbodiesel-Direkteinspritzer) in einem Transporter der Marke zog ein Fünfzylinder in den T4 ein. Der längere Vorbau der PW-Varianten erlaubte nun sogar die Installation eines VR6-Benziners. Als die vierte Generation 2003 auslief, waren 1,9 Millionen Kastenwagen, Kombi, Doppelkabinen, Pritschenwagen und Fahrgestelle mit Einzel- und Doppelkabinen, Caravelle, Multivan und California verkauft. In der Schweiz waren es 34 725 Einheiten – von 1990 bis 2003.

 

T5 – 2003 bis 2015
Den Innenraum trimmten die Entwickler konsequent auf mehr Ergonomie. Was sich besonders am Arbeitsplatz des Fahrers bemerkbar machte, der sich durch ein in Neigung und Höhe verstellbares Lenkrad und die neue Joystick-Schaltung auf der Mittelkonsole auszeichnete. Ein Novum im Fond: Da der T5 Multivan in den meisten Versionen mit zwei Schiebetüren aufwartete, rückte der Tisch für die Fondpassagiere von der linken Seitenwand in die Fahrzeugmitte – auf einem Schienenpaar liess er sich je nach Bedarf positionieren.

 

Bei den PW-Versionen führen Caravelle, Multivan und California drei bekannte Modellbezeichnungen fort. Den Vortrieb übernehmen zum Debüt vier neue Pumpe-Düse-Turbodiesel sowie zwei Benziner (auch V6). Neu entwickelt wurde der 4x4-Antrieb (4Motion) mit stufenlos und elektrisch geregelter Lamellen-Kupplung zwischen Vorder- und Hinterachse. Bis 2015 fuhren rund 1,65 Millionen T5 vom Band. 41 385 davon wurden in die Schweiz geliefert.

 

T6 und T6.1 – 2015 bis heute
Modernere Motoren mit Stopp-Start, intelligente Assistenzsysteme und ein neues Infotainment-Programm kennzeichnen die Baureihe. Äusserlich war der T6 an der umgestalteten Frontpartie zu erkennen. Eine neue Eigenständigkeit kennzeichnete auch die Heckansicht. Neue Zweifarblackierungen wecken Erinnerungen an die erste Generation.

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