Von Heinz Schneider (Text und Fotos)
Ich gebe zu: Bei Audis neuer Modelllogik fühle ich mich ein wenig wie im Escape Room – irgendwo muss es eine Lösung geben, aber man weiss nie, welchen Knopf man zuerst drücken soll. Der A5, so hat es CEO Gernot Döllner höchstselbst erklärt, beerbt künftig den A4. Der wiederum wird als A4 E-Tron zur reinen Strom-Variante – was trotz Dementi bedeuten könnte, dass künftig alle geraden Zahlen für Elektro stehen, die ungeraden für Verbrenner oder Hybride. Soweit, so kryptisch. Fest steht immerhin: Der neue A5 Avant ist da. Und er macht gleich auf den ersten Blick klar, dass er kein Notnagel der Nomenklatur, sondern ein echter Charakterkopf ist.
Die Designer haben sich sichtbar Mühe gegeben, dem Mittelklasse-Kombi mehr Dynamik einzuhauchen. Die hinteren Radkästen sind breiter, der Grill schmaler, die Lufteinlässe grösser – und das alles wirkt, als hätte der A5 ein paar Hantelstunden genommen. Serienmässige Voll-LED-Scheinwerfer strahlen selbstbewusst, das Auto steht sieben Zentimeter länger und einen Zentimeter breiter auf der Strasse als sein Vorgänger. In Natura wirkt er damit fast wie ein kleiner A6 – nur eben frischer, sportlicher, zugänglicher.
Innen empfängt das vertraute Audi-Gefühl: solide, stilvoll, aber mit technischer Bühne. Die Display-Landschaft stammt direkt aus dem «Q6 E-Tron» und spannt sich digital über die fast gesamte Wagenbreite. Der Fahrer blickt auf ein 11,9-Zoll-Kombiinstrument, der zentrale Touchscreen misst 14,5 Zoll, und selbst der Beifahrer darf mitspielen: Ein eigener Bildschirm, auf dem er Karte, Radio und Energiehaushalt im Blick hat. Das alles unterlegt von violettem Ambientelicht, das an unserem Testwagen dezent über das Armaturenbrett glimmt – fast ein bisschen Lounge, aber mit Premium-Flair. Die B&O-Soundanlage trägt das ihre bei, samt integrierten Hochtönern in der A-Säule.
Das Platzangebot ist ebenfalls ein Fortschritt. Selbst Grossgewachsene sitzen bequem, die Sportsitze bieten mit ausziehbarer Schenkelauflage und festem Seitenhalt die richtige Mischung aus Komfort und Kurvengier. Und die Geräuschdämmung? Beinahe so dicht wie der Tresorraum einer Privatbank. Verstärkte Türdichtungen, neue Scheiben – der A5 gleitet auf der Autobahn beinahe lautlos dahin, selbst bei zügiger Gangart.
Womit wir beim Fahren wären – und beim Herzstück dieses Wagens: dem Hybridantrieb. Ein Zweiliterbenziner trifft auf einen Elektromotor, gemeinsam liefern sie reichlich Schub. Im Alltag heisst das: spontan, leise, fast ein bisschen unverschämt souverän. Im «EV»-Modus fährt der A5 konsequent elektrisch, im «Hybrid»-Modus hält er bei Bedarf die Akkureserven für später bereit. Die neue Batterie fasst netto 20,7 kWh – etwa 45 Prozent mehr als zuvor – und lädt in zweieinhalb Stunden wieder voll. In der Praxis reicht der Strom laut Bordcomputer für 135 Kilometer. Realistisch waren es im Test durch das Bündner Oberland eher 80. Aber immerhin: wer vorausschauend fährt, kommt lokal emissionsfrei ziemlich weit.
Ein echtes Highlight ist das Panorama-Glasdach. Kein altmodisches Rollo, sondern moderne Kristallmagie: Auf Knopfdruck verändert das Glas seinen Transparenzgrad. Mal blickt man in den Himmel, mal schaltet man ihn einfach ab. Fast schade, dass Audi diese Technik nicht gleich auf die Preisliste übertragen hat – ein Knopfdruck und der Betrag würde milchig günstiger erscheinen. Denn billig ist der A5 Avant nicht: ab 75 400 Franken gehts los, und wer sich ein bisschen verleiten lässt – Glasdach, Soundanlage, Sportsitze, das volle S-Interieur – landet schnell im sechsstelligen Bereich.
Die Allradlenkung entschädigt dafür mit Präzision und Spieltrieb. Bis 60 km/h schlagen die Hinterräder gegenläufig ein, und plötzlich wird der Kombi in der Stadt fast so handlich wie ein Kleinwagen. Auf Bergstrassen, etwa rund um Davos oder über den Julier, zeigt er dann, wie clever das System arbeitet: stabil, flink, irgendwie leichtfüssig.
Am Ende dieser Probefahrt bleibt der Eindruck eines gelungenen Charmeurs. Der Audi A5 Avant ist kein lautes Statement, sondern ein souveräner Begleiter mit technischer Finesse, beeindruckender Laufruhe und einem Schuss Zukunft. Nur die Modelllogik – die dürfte gern so klar leuchten wie seine LED-Scheinwerfer.
| Audi A5 Avant E-Hybrid Quattro TFSI | |
| Preis ab | 75 400 Fr. |
| Vierzylinder, Benziner | 2000 ccm / 252 PS / 500 Nm |
| Elektromotor | 105 kW |
| Systemleistung | 367 PS |
| Antrieb | 4x4, DSG, 7 Stufen |
| 0 – 100 / Spitze | 5,9 Sek, 250 km/h |
| Benzinverbrauch (WLTP) | 2,2 bis 2,9 l / 100 km |
| Bei leerem Akku | 7,7 l / 100 km |
| Energieklasse G (leerer Akku) | CO2 66 g/km |
| Länge / Breite / Höhe | 4,83 / 1,86 / 1,46 m |
| Leergewicht | ca. 2150 Kilo |
| Kofferraum | 361 bis 1306 Liter |