Carrosserie- und Fahrzeugbau

Carrosseriegewerbe: Neuer GAV ist unter Dach und Fach

 

In der Stadthalle in Zofingen fand die ausserordentliche Delegiertenversammlung des Branchenverbandes «Carrosserie Suisse» statt. Im Zentrum stand der neue Gesamtarbeitsvertrag (GAV), den die 57 anwesenden Delegierten (von 84) einstimmig annahmen.

 

Die GAV-Neuauflage wurde zuvor unter Leitung der paritätischen Landeskommission (PLK) für das Carrosseriegewerbe zwischen den Parteien «Carrosserie Suisse» auf Arbeitgeberseite und den Arbeitnehmer-Gewerkschaften Unia und Syna ausgehandelt. Die neuen Regelungen, die bis 2025 gültig sind, treten per 1. Juli 2022 in Kraft und ersetzen den bisherigen GAV, der seit 2017 Bestand hat.

 

Noch vorbehalten sind die weiteren Genehmigungen der Sozialpartner, was aber laut Verhandlungspartner Yannick Egger, nationaler Branchenverantwortlicher Carrosserie von der Unia, eine formelle Sache sei: «Die Stimmung während den Verhandlungen war sehr konstruktiv, alle Beteiligten sahen es als eine gemeinsame Herausforderung an, die Zukunft der Branche zu sichern und die Attraktivität gegenüber der jüngeren Generation zu erhöhen. Diesbezüglich sind wir zufrieden, es ist eine Erfolgsgeschichte in Sozialpartnerschaft.»

 

Es seien umfangreiche Verhandlungen gewesen, so Felix Wyss, Zentralpräsident von «Carrosserie Suisse». Er sei deshalb froh, dass man eine Lösung gefunden habe, die für alle Parteien zufriedenstellend ist. «Die Einigung ist wichtig und wegweisend für unsere Branche. Dass die Parteien einen neuen GAV aushandeln konnten, gibt auch den einzelnen Betrieben Sicherheit und Orientierung.»

 

Bei den Gesprächen hat es auch Meinungsverschiedenheiten gegeben, sagt Wyss: «Bei solchen Verhandlungen gibt es immer einige Punkte, die mehr Diskussionen hervorrufen als andere. Das ist normal, denn es liegen jeweils verschiedene Forderungen auf dem Tisch.» Im Laufe der Verhandlungen habe man sich aber annähern und schliesslich einigen können.

 

Neben diversen kleineren Anliegen umfasst der neue GAV die folgenden Haupt-Anpassungen und Neuerungen

Der Vaterschaftsurlaub beträgt neu zehn Tage zu einem Lohn von 90 Prozent (zuvor ein Tag zu 100% Lohn). Da 80 Prozent pro Tag durch die Erwerbsersatzordnung (EO) abgedeckt werden, ist dieses Zugeständnis für die Arbeitgeber Lohnkostenneutral (10 Mal 10 Prozent statt einmal 100 Prozent).

 

Der Anspruch auf bezahlte berufliche Weiterbildung wird auf drei Tage erhöht (zuvor zwei Tage).

 

Neu hat der Arbeitnehmer Anrecht auf zwei bezahlte freie Tage beim Tod eines Geschwisters, von Eltern und Schwiegereltern (zuvor ein Tag).

 

Die Kündigungsfrist für Mitarbeitende ab dem 58. Arbeitsjahr beläuft sich auf vier Monate (zuvor drei), unabhängig der Dienstjahre.

 

Der neue GAV umfasst eine generelle Lohnerhöhung ab dem 1. Juli 2022 von 60 Franken für alle Arbeitnehmenden mit einem Bruttolohn bis 6300 Franken (exklusiv Anteil 13. Monatslohn).

 

Einige Inhalte seien mit intensiveren Gesprächen verbunden gewesen, hält Verbands-Vizepräsident Marco Flückiger fest, der in die Verhandlungen involviert war: «Die Gewerkschaften möchten für ihre Seite das Maximum herausholen und steigen deshalb mit sehr hohen Forderungen ein, beispielsweise beim Lohn oder den Ferien.» Die Aufgabe der Arbeitgeber-Vertreter sei es dann, zu erklären, warum diese hohen Forderungen für die Unternehmen nicht tragbar seien: «Unser Ziel ist es, einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten passt.»

 

«Carrosserie Suisse» und die Sozialpartner sind davon überzeugt, mit dem GAV den richtigen Weg für eine erfolgreiche und nachhaltige Zukunft der Branche eingeschlagen zu haben. Er soll ab 1. Juli 2022 für das gesamte Carrosserie- und Fahrzeugbaugewerbe in der Schweiz gelten. Bis zum 30. Juni 2022 bleibt der aktuelle GAV in Kraft. Im Falle der Westschweizer Sektionen Neuchâtel, Waadt, Wallis und Fribourg arbeiten die örtlichen Betriebe ab Januar 2022 ein halbes Jahr im Rahmen des noch geltenden Gesamtarbeitsvertrages und übernehmen den neu ausgehandelten Vertrag ebenfalls ab Juli 2022.

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