Erfinden, musizieren, reisen, malen, fischen, fliegen, kochen, sammeln – viele Fachleute aus der Carrosserie-, Lackier- und Automobilbranche haben die tollsten Hobbies. Wir haben einiges über diese Personen und ihre Steckenpferde erfahren. Wer welchem Freizeitvergnügen frönt, lesen Sie in der Serie «Hobbies und Leidenschaften der Carrossiers», die wir in loser Folge «abdrucken».
Heute: Andres Bühler, Kinderkarussell-Betreiber, Inhaber Carrosserie A. Bühler, Obergerlafingen (SO)
Von Heinz Schneider (Text)
Von aussen wirkt die Carrosserie Bühler im solothurnischen Obergerlafingen wie jede andere Werkstatt: Der Duft von Lack und Lösungsmittel liegt in der Luft, in der Halle warten Alltagsautos auf ihre Heilung, ein frisch restaurierter Oldtimer glänzt wie an seinem Entstehungstag. Aber wer den Chef kennt, weiss: Hinter dem Werkstatttor schlägt ein Herz für Nostalgie – und das ziemlich fest.
Seit 1. April 2006 ist Andres Bühler Inhaber des Betriebes, der damals noch «Carrosserie Siegenthaler» hiess – und heute sieben Angestellte zählt, mit einem klaren Faible für Fahrzeuge, die Geschichten erzählen. «Ein Fest zum 20-Jahre-Jubiläum ist geplant», sagt der 63-Jährige und lächelt so, wie nur jemand lächeln kann, der gern Dinge am Laufen hält – egal, ob es sich um Carrosserien oder Karussells dreht.
Der gelernte Lackierer erzählt die Geschichte seines ungewöhnlichen Hobbys mit leuchtenden Augen: Vor 15 Jahren stand er auf einem Antiquitätenmarkt und sah – nun ja, nicht irgendetwas, sondern sein Kinderkarussell. Ein farbiges Prachtstück aus England, Baujahr 1870, zwei Kutschen und 24 Tiere, alles aus massivem Holz. «Es hat mich sofort fasziniert», sagt er. «Und inspiriert». Auch dank dem Vorbesitzer, der am Platz sinnierte: «Das Nostalgische und somit mein Karussell, das wird im Computerzeitalter verloren gehen – das ist mehr als traurig».
Andres Bühler war mit dem Kopf schon sehr nah in der «Szene» drin, seine Gedanken drehten stetig im Kreis – genauso wie die Tiere vom Karussell. Später erinnert sich der damalige Eigentümer an den interessierten Lackierer und ruft ihn an – er wolle seinen Schatz aus Altersgründen abgeben. Bühler sagt sofort zu. Und plötzlich ist er nicht nur Chef eines Carrosseriebetriebes, sondern auch Herr über ein Schausteller-Unikat.
«Gewinn bringen ist nicht nötig», winkt er ab. Versicherungstechnisch allerdings musste das gute Stück aufwändig geprüft, mechanisch instand gestellt und abgenommen werden. Dann gabs die Schausteller-Bewilligung. Dabei stand Roman Hablützel aus Embrach mit Rat und Tat zur Seite – der Zürcher kennt sich aus, nennt selbst ein paar historische Karussells sein Eigen.
Heute läuft Bühlers Antiquität (und noch einiges mehr, siehe Fotogalerie) bei Dorfmärkten, Geburtstagen oder Musikfestivals. Für die Kinder ein Highlight, für ihn und sein Team ein logistischer Kraftakt. Denn das gesamte Konstrukt muss in einen Blachenanhänger verladen werden – jedes Rössli, jede Kutsche hat darin einen festen Platz. Auf- und Abbau sind Millimeterarbeit, die der 63-Jährige zum Glück nicht allein zu stemmen hat. Seine Lehrlinge helfen freiwillig mit – «und bekommen dafür ein schönes Sackgeld», wie er sagt. Und Karin, die ausgelernte Lackiererin, hat sogar die Anhängerprüfung gemacht, um beim Transport einzuspringen. «Das alles freut mich unglaublich», sagt Bühler. «Ich bin überzeugt, dass dieses Hobby unser Team enger zusammenrücken lässt und eine familiäre Stimmung schafft.»
Der Geldwert des Karussells? «Schwer zu beziffern», meint er. «Für mich ist das keine Investition, das ist Leidenschaft». Und der Wert für die Kinder? Unbezahlbar – jedenfalls, wenn man in ihre Augen sieht, sobald sich die ersten Rössli im Kreis drehen.
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