Erfinden, musizieren, reisen, malen, fischen, fliegen, kochen, sammeln – viele Fachleute aus der Carrosserie-, Lackier- und Automobilbranche haben die tollsten Hobbies. Wir haben einiges über diese Personen und ihre Steckenpferde erfahren. Wer welchem Freizeitvergnügen frönt, lesen Sie in der Serie «Hobbies und Leidenschaften der Carrossiers», die wir in loser Folge «abdrucken».
Heute: Ranko Mijatovic (39), Rennfahrer, Inhaber Carrosserie Ponticelli AG, Kappel (SO)
Von Heinz Schneider (Text)
Ranko Mijatovic ist einer, der tagsüber Carrosseriebleche richtet und lackiert, dann aber in der Freizeit und an verlängerten Wochenenden in der «Grünen Hölle» die Ideallinie sucht. Ein Mann, der sich mit derselben Hingabe um Kotflügel kümmert, mit der er später im Rennoverall die Kurven der Nordschleife attackiert. Einer, bei dem man sich fragt: Wann genau schläft der eigentlich?
Seit elf Jahren führt der 39-Jährige in Kappel (SO) die Carrosserie Ponticelli AG, eine Institution, die schon existierte, als man Autos noch mit der Hand polierte und ohne Keramikversiegelung auskommen musste. 1967 gegründet, hat der Betrieb viele Hände gesehen – aber wohl keine so entschlossenen wie die von Mijatovic.
Seine Laufbahn begann in der Carrosserie Bello in Rothrist, wo er das Lackiererhandwerk von der Pike auf lernte – Farbe, Füller, Finish, alles. Danach verschlug es ihn zur Carrosserie Ponticelli, wo er zunächst als Angestellter arbeitete. Später folgten Stationen in grossen, markenspezifischen Betrieben – solide, aber ohne die Aussicht auf Selbstbestimmung. Und als sich 2013 die Gelegenheit bot, griff Mijatovic zu: Der damalige Inhaber der Ponticelli AG wollte in Pension, Mijatovic wollte übernehmen. Er sprach ihn an – und am 1. April 2014 war es soweit. Kein Scherz, obwohl der Tag dazu einlud. Heute arbeitet er Seite an Seite mit einem weiteren Lackierer und zwei Spenglern. Eine kleine, eingespielte Truppe, die lieber anpackt als palavert.
An den Wänden hängen Zertifikate, es gibt Pokale – und ein paar Erinnerungen, die man wohl nur mit Benzin und Mut erklären kann. Denn Mijatovic ist nicht nur Unternehmer, sondern auch Rennfahrer. Und zwar einer, der weiss, was er tut. Über den Umweg Motorrad, dann Kart und Formel, fand er 2019 auf den Nürburgring, genauer: auf die legendäre Nordschleife. Seit 1977 wird dort die «Nürburgring Langstrecken Serie» ausgetragen, kurz NLS – ein gigantisches Spektakel mit rund 100 Autos verschiedener Klassen, die sich auf 25 Kilometer Asphalt gegenseitig die Rücklichter zeigen. Mijatovic startete zunächst im BMW M240i Racing für das Team «FK Performance» und kennt die Strecke inzwischen wie seine Westentasche – über 800 Runden hat er dort abgespult.
Sein grösster Triumph kam 2024, als er im BMW M240i Racing Cup mit «Adrenalin Motorsport» sowohl die Fahrer- als auch die Teamwertung gewann – als erster Schweizer seit 1977. Ein Jahr später legte er nach: In der Saison 2025 sicherte er sich mit Teamkollege Nick Wüstenhagen im BMW M4 GT4 von «FK Performance Motorsport» erneut den Titel. Neun Siege in Folge, Platz zwei im Finalrennen – und der Pokal wieder in Schweizer Hand. Dass der Mann auch noch zweimaliger Schweizer Meister im Kickboxen ist, passt ins Bild: Wenn Ranko Mijatovic etwas will, dann boxt er sich durch – wie im übertragenen Sinn im Kampfsport.
Dabei begann alles ganz unspektakulär: Als Zweijähriger kam er mit seinen Eltern aus Sarajevo in die Schweiz, wuchs hier auf, machte Schule, Lehre, Militärdienst. Und ja – fuhr gerne schnell. Erst mit dem Velo, dann mit dem Töffli. «Der Rennsport war nie ein Thema», sagt er rückblickend, «meiner Familie fehlte schlicht das Kapital dazu.» Doch irgendwann kam der Moment, an dem er sich den Kindheitstraum leisten konnte – 2014, als er sich eine 1000er Suzuki kaufte. Rennen fuhr er damals vor allem in Kroatien – und nebenbei übernahm er die Carrosserie Ponticelli.
Seitdem läufts, manchmal sogar gleichzeitig. Wenn er nicht im Overall am Schleifen oder Lackieren ist, steht er im Rennanzug auf dem Podest. Und an den Wochenenden vor und nach den Rennen? Da gehts in der Werkstatt drunter und drüber. Kundenautos müssen fertig werden, Termine gehalten, Arbeit nachgeholt werden. Doch Mijatovic bleibt ruhig. Er weiss, dass es sich lohnt, für etwas zu brennen – ob auf der Rennstrecke oder unter der Hebebühne. Und er weiss, wie es ist, mit Präzision und Temperament nicht nur Autos wieder zum Glänzen zu bringen, sondern auch Träume.
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