Lackierer und Autolacke

BASF: Interview mit dem neuen Geschäftsführer

 

Der neue Geschäftsleiter bei «BASF Coatings Services AG Schweiz» heisst Alexander Bru. Er ist 36 Jahre jung, stammt aus Österreich, arbeitet zum ersten Mal in der Schweiz und löst in seiner Funktion Ramesse Florean (58) ab, der seinen Arbeitgeber nach 21 Jahren verlassen hat. Wir haben dem neuen starken Mann von BASF Schweiz ein paar brennende Fragen gestellt.

 

Herr Bru, ein Wiener aus der Grossstadt im kleinen Ort Pfäffikon im Kanton Schwyz – passt das? Können Sie sich da überhaupt wohlfühlen?
Alexander Bru: Und wie, ich fühle mich beinahe wie zuhause. Was toll ist, ist die Landschaft – als Österreicher schätze ich natürlich Berge, Seen und schöne Umgebungen. Und das Team und die Menschen, die ich vorgefunden habe, die sind nicht nur toll, sondern herausragend. Wirklich, ich bin sehr warmherzig aufgenommen worden, hatte vom ersten Tag an einen Superstart.

 

Wir Schweizer sind zurückhaltend. Bei Ihnen scheint aber niemand Berührungsängste gehabt zu haben!
Alexander Bru: Das ist tatsächlich so, alle sind sehr positiv auf mich zugekommen. Vielleicht liegts auch daran, dass wir Österreicher langsamer sprechen als andere, was meiner Meinung nach schon Mal eine gute Eigenschaft ist. Nein, wirklich, ich fühle mich wohl in der Schweiz. Meine Frau wird ebenfalls nachziehen. Sie kam wegen mir mit nach Deutschland, zu BASF nach Münster. Jetzt freut sie sich mit mir, hier den nächsten Schritt zu machen.

 

Haben Sie schon eine Wohnung?
Alexander Bru: Ja, in Zürich. Aber nur vorübergehend, so für den Anfang. Aktuell bin ich auf der Suche nach etwas Neuem. Aber meine Frau möchte natürlich mitsprechen, deshalb warte ich auf sie und wir entscheiden dann gemeinsam. Ich will keinen Fehler begehen.

 

Wie ist Ihr erster Eindruck von der BASF Coatings Services AG Schweiz?
Alexander Bru: Ich bin jetzt gerademal neun Tage im Amt (Anm. Redaktion: Das Interview fand am 9. Juni statt), da gibt es noch einiges zum Kennenlernen. Aber ich liess es mir nicht nehmen, den einen oder anderen Kunden zu besuchen. Und da habe ich viel Schönes und Interessantes gesehen. Faszinierend sind die Perspektiven und die Innovationskraft der Schweizer Unternehmungen – also allein schon wie professionell darin gearbeitet wird, das ist schon besonders spannend zu beobachten. Insbesondere ein Betrieb, den ich besuchte (Anm. Red: Es handelt sich um die Cartec AG), der war echt faszinierend.

 

In Bezug aufs Management?
Alexander Bru: Auch, aber vor allem auf die Prozesse, auf die Art, wie er aufgestellt ist. Die haben dort ein herausragendes Konzept inklusive Felgen-Lackieranlage.

 

Eine Eigenheit der Schweiz sind die vier Landessprachen, die vielen Auswärtigen Mühe machen. Ihnen auch?
Alexander Bru: Die lokale Sprache nicht nur zu verstehen, sondern sie auch zu sprechen, das ist ganz wichtig. Denn nur so kriegt man auch wirklich die Sachen mit, die man mitnehmen muss. Bei mir ist deutsch Muttersprache, da komme ich schon Mal ziemlich weit herum. Mein Vater stammt aus Argentinien, deshalb habe ich als zweite Muttersprache spanisch gelernt. Damit verstehe ich italienisch, kann es aber noch nicht sprechen. Französisch habe ich einst in der Schule gelernt, jedoch gibt es da Nachholbedarf, weshalb ich jetzt in den Unterricht gehe.

 

Es herrschen auch Mentalitätsunterschiede – zum Beispiel zwischen Tessinern, Deutsch- und Westschweizern. Sind diese Eigenheiten schwierig zu verstehen?
Alexander Bru: Wir haben in Österreich ebenfalls viele Täler und Berge, die Ortschaften trennen. Ich kenn das, die Mentalität ist von Region zu Region unterschiedlich. Aber das ist für mich weder Handicap noch Schrecken, sondern ganz einfach eine äusserst spannende Herausforderung.

 

Ihrem Lebenslauf entnehme ich, dass sie früher für den Motorrad-Hersteller KTM den Südamerika-Markt aufgebaut haben!
Alexander Bru: Wie erwähnt, ist mein Vater Argentinier. Da pflege ich natürlich zu Südamerika einen besonderen Bezug, einen familiären und kulturellen. Von dort habe ich übrigens einiges mitgenommen, was mir in der Schweiz zugute kommt – zum Beispiel die Leidenschaft, sich mit unterschiedlichen Kulturen und Mentalitäten auseinander zu setzen. Diese Erfahrungen bereichern jeden Menschen.

 

Sie sind kein gelernter Lackierer, haben jedoch schon früh eine Leidenschaft für Autos entwickelt und sich privat mit Lacken beschäftigt. Reicht das aus, um die Sprache der Lackierer zu sprechen?
Alexander Bru: Ich habe nicht nur Wirtschaft an der Wiener Universität studiert, sondern auch eine technische Ausbildung genossen. Das hilft mir zu verstehen, wie unsere Branche tickt. In der Technik geht es weniger nur um Worte, sondern um Arbeitsprozesse und Handwerk.

 

Was haben Sie beruflich gemacht in den letzten vier Jahren?
Alexander Bru: Ich war im Autoreparatur-Lackmarkt tätig – ein unfassbar spannender Markt, der weitaus vielschichtiger ist als man auf den ersten Blick vermuten möchte. Es reicht kaum aus, nur an seiner Oberfläche kratzen zu wollen. Wer das tut, wird nie kapieren, dass man hier nicht bloss irgendwelche Gegenstände verkauft. Da steckt ein Vielfaches mehr dahinter als nur eine Lackdose.

 

Im Schweizer Lackmarkt herrscht ein Verdrängungswettkampf. Was heisst das für Sie, bezogen auf Ihre Tätigkeit als Geschäftsführer einer renommierten Lack-Importfirma?
Alexander Bru: Wichtig ist, dass die Prozesse in den Betrieben optimal aufgestellt sind. Je professioneller sich eine Werkstatt positioniert, desto besser wird ihre Produktivität sein. Und sie haben es angesprochen: Der Markt wird immer kleiner, der Druck grösser. Das ist in allen anderen Ländern um uns herum dasselbe. Nichtsdestotrotz ist meine Erfahrung, dass ein Konsolidierungswandel im Gange ist. Es gibt Betriebe, die werden stärker und erfolgreicher, andere immer kleiner. Wichtig ist, genau das zu tun, damit man zu den Gewinnern zählt – das bedingt ein gesundes Set-up, gute Margen und den richtigen Lackpartner an seiner Seite zu haben. Ich denke, wir von der BASF sind der Richtige. Wir haben exzellente Produkte, und vor allem bieten wir einen exzellenten Service. Das macht uns stark. Letztlich geht es nur darum, gemeinsam den Kunden vorwärtszubringen, denn sein Erfolg und den seines Betriebes ist auch unserer. Es ist unsere Pflicht, diese Services und Dienstleistungen so zu gestalten, dass die Betriebe sich stark und erfolgreich aufstellen können.

 

Sie finden keine einfache Situation vor, denn BASF Schweiz hat kürzlich mit der AMAG und Merbag zwei gewichtige Kunden an die Konkurrenz verloren. Beschäftigt Sie das?
Alexander Bru: Also das beschäftigt uns sehr. Wenn dem nicht so wäre, wären wir wohl völlig falsch unterwegs. Wir haben dadurch auch Marktanteile verloren, das tut sehr weh. Letztlich ziehen wir aber auch die Konsequenzen daraus.

 

Verraten Sie uns, wie die aussehen?
Alexander Bru: Wir sind daran, uns neu aufzustellen. Ich meine, es ist kein reiner Zufall, dass Ihnen mit mir und der neuen Marketing Managerin Christine Maria Köpping (Anm. Redaktion: Das Interview mit ihr erscheint in einer Woche auf carwing) gleich zwei Personen gegenübersitzen und sich mit ihnen austauschen. Es ist aber auch kein Zufall, dass Frau Köpping und ich neu sind. Denn man hat insbesondere jüngere und motivierte Kolleginnen und Kollegen gesucht, die einfach wieder dem ganzen Geschäft die nötige Energie einflössen. Ich denke, wir haben jetzt ein tolles Team hier vor Ort.

 

Ein Team, das alles neu erfinden muss?
Alexander Bru: Ganz und gar nicht. Es geht darum, die Stellschrauben etwas anders zu justieren, dann sind wir auf bestem Weg. Das Allerwichtigste ist aber, dass die Unternehmensleitung im Headquarter in Münster voll und ganz hinter der Schweiz steht. Und das ist gewährleitet, das kann ich an dieser Stelle hundertprozentig versichern.

 

Wettmachen kann man die Verluste am Markt nicht einfach so. Oder gibt es dafür ein Geheimrezept?
Alexander Bru: Leider nein. Klar ist, dass es nichts bringt, in Mitleid zu versinken und an die tollen Tage von früher zu denken. Wir blicken in die Zukunft, werden künftig viele Dinge richtig machen – richtig in dem Sinne, was die Kundenwünsche betrifft. Sind die wichtigen Stellen gut besetzt? Haben wir die wesentlichen Themen, welche die Branche beschäftigen, richtig erfasst? Sind alle nötigen Massnahmen eingeleitet? Haben wir uns genauso wie vorhin geschildert auch wirklich aufgestellt? Wenn wir diese Fragen mit ja beantworten können, dann wird auch der Erfolg automatisch zu uns zurückkehren.

 

Woran hat es gelegen, dass man die beiden erwähnten Grosskunden verloren hat?
Alexander Bru: Ich kann nur wiederholen, was ich schon angedeutet habe. Der
Fokus . . . oder ich sag Mal dem Gespür, was der Kunde wirklich braucht und wünscht, dem wurde offenbar in der Vergangenheit nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt.

 

BASF hat in der Schweiz kein Netzwerk. Vernehmen Sie draussen im Markt Stimmen, welche sich das dringend wünschen?
Alexander Bru: Da sprechen sie einen wichtigen Punkt an: Das Thema Netzwerk wird bedeutender denn je. Aber es gibt unterschiedliche Beweggründe dafür. Einer kann der Gedankenaustausch zwischen den einzelnen Kunden sein – man lernt ja voneinander. Dabei entstehen ganz tolle Dinge. Auf der anderen Seite geht es auch um die Professionalisierung: Um Kundenbedürfnissen gerecht werden, lassen sich mit einem Netzwerk spezielle Angebote kreieren. Oder Spezialthemen pflegen – zum Beispiel, wohin sich ein Betrieb weiter entwickeln möchte oder wie es um die Schadensteuerung steht. Der eine will da vielleicht noch stärker reingehen, ein anderer findet das kein spannendes Geschäft und favorisiert Caravans.

 

Wie denken Sie über Oldtimer? Gehören die dazu?
Alexander Bru: Auf jeden Fall. Das sind alles Themen und Bereiche, denen wir uns früher oder später annehmen werden. Aber wir sind jetzt erst ein paar Tage im Amt, wir können nicht alles schon umgedreht haben. Doch wir gehen genau in die Richtung, die ich beschrieben habe.

 

Vom Spielfeldrand aus betrachtet – ein Netzwerk kostet unendlich viel Zeit und Geld. Haben Sie beides zur Verfügung?
Alexander Bru: Es ist ja nicht so, dass wir das Thema neu erfinden müssen, unsere beiden Marken Glasurit und R-M haben bereits Netzwerke in anderen Ländern. Das Einzige, was wirklich eine Tatsache ist: In der Schweiz gibt es noch keines. Mit den Learnings aus den anderen Märkten ist es dann aber doch nicht ganz so komplex wie sie es schildern.

 

Sie trauen sich und Ihrem Team zu, dass man das managen kann, wenn es soweit ist?
Alexander Bru: Davon bin ich überzeugt.

 

Und Sie werden die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen können?
Alexander Bru: Ich kann noch nicht quantifizieren, wie viele Franken und Arbeitstage dafür notwendig sind. Ich glaube aber auch nicht, dass man auf jedes Pferd aufspringen muss. Es gibt sicherlich Bereiche, da setzen wir den Fokus, andere wiederum werden weniger Augenmerk sein. Fakt ist: Themen wie Kundenprozesse, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind die wesentlichen Schwerpunkte für uns. Und die werden wir definitiv besetzen – dazu haben wir auch das perfekte Set-up. Wir kopieren keine bestehenden Netzwerke, sondern haben sehr viele gute Ideen, mit denen wir unseren eigenen Weg gehen und die Lackierwerkstätten erfolgreicher machen können.

 

Abgesehen vom Arbeitsplatz – wo wird man Alexander Bru künftig sehen können? Beim Ferrari-Treffen? Oder am Fussballmatch?
Alexander Bru: Ich habe ein Hobby, das ist echt eine grosse Leidenschaft. Ich besitze den Pilotenschein, fliege gerne mit kleinen Propellermaschinen durch die Gegend. Die Chance, dass Sie mich auf dem Flugplatz treffen, ist ausserhalb der Arbeitszeiten relativ gross.

 

Beruflicher Werdegang
Alexander Bru (36), geboren in Wien, startete seine berufliche Laufbahn 2000 an der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) für Elektronik und ab 2006 mit einem Diplomstudium (BWL) an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Nach Tätigkeiten als Analyst sowie im Vertrieb und in der Strukturierung von Finanzderivaten wechselte der Hobbyflieger 2013 zu KTM als Verkaufs- und Marketing Manager. Für den Motorradhersteller war Bru fast fünf Jahre lang der Verantwortliche für den Auf- und Ausbau des Marktes in Lateinamerika. Im November 2017 erfolgte der Wechsel zu BASF Coatings Services GmbH nach Eugendorf (u. a. Betreuung der OEMs im Bereich Automotive Refinish Coatings), seit 2019 amtete er als Gesamtvertriebsleiter von Deutschland amtete. Seit 1. Juni 2021 ist Alexander Bru Geschäftsführer der «BASF Coatings Services AG Schweiz» in Pfäffikon (SZ).

Neuste Artikel: Lackierer