Lackierer und Autolacke

Interview: Christine Maria Koepping, Marketingleiterin BASF Schweiz

 

 

Bei der «BASF Coatings Services AG Schweiz» steht bald kein bisheriger Stein mehr auf dem anderen. Mitverantwortlich für den Umbau, Turnaround und die Vorwärts-Strategie ist seit Juni 2021 Christine Maria Koepping (32) aus Münster (D). Wir haben die umtriebige Marketing Managerin zu Ihrer anspruchsvollen Aufgabe und den vergangenen sieben Monaten ihres Wirkens befragt.

 

Interview: Heinz Schneider

Frau Koepping, nehmen wir das Private vorweg. Es war von Anfang an Ihre Absicht, den Lebensmittelpunkt aus Deutschland in die Schweiz zu verlegen. Was ist daraus geworden?
Christine Maria Koepping: Das alles hat geklappt. Sogar mein Pferd ist mittlerweile hier. Ich glaube, ich war in den letzten sieben Monaten nur zwei Mal im BASF-Hauptquartier in Münster, verbunden mit beruflichen Visiten. Ich habe dann jeweils den einen oder anderen Tag angehängt, um die Familie zu besuchen.

 

Welche Gegend kennen Sie mittlerweile am besten?
Christine Maria Koepping: Die rund um den Zürichsee. Ich liebe die wunderschönen Orte um den Albis, habe an den Wochenenden Bergseen erkundet und die Natur genossen. Natürlich war ich auch in Zürich – sowohl zu Tages- als auch Nachtzeiten. Darüber hinaus half mir mein Pferd dabei, ausserhalb des Büros Leute zu treffen und mit ihnen privat etwas zu unternehmen. Ich glaub schon, dass ich da auf einem sehr guten Weg bin.

 

Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie war der Entscheid, in die Schweiz zu ziehen und die Herausforderung bei der BASF anzunehmen?
Christine Maria Koepping: Gibt es eine Zwölf? Für mich persönlich war das genau der richtige Schritt. Es gab Herausforderungen, das ist klar. Aber alles andere wäre mir auch zu langweilig.

 

In unserem ersten Gespräch anfangs Juni 2021 – da waren Sie erst neun Tage im Amt – einigten wir uns darauf, nach 100 Tagen ein weiteres Interview zu führen. Nun sind 200 Tage daraus geworden. Ich nehme an, Sie waren zu stark gefordert!
Christine Maria Koepping: Die Zeit war tatsächlich extrem turbulent, hat aber auch sehr viel Spass gemacht. Jetzt, so im Rückblick Ende des Jahres, habe ich manchmal das Gefühl, an einer Autobahn zu stehen – und die Autos schiessen nur so an einem vorbei. Und ich staune über das horrende Tempo.

 

Trotzdem wirken Sie sehr locker auf mich. Bringt Ihr Arbeitspensum Sie nie an den Rand der Verzweiflung?
Christine Maria Koepping: Nein, da müsste schon einiges mehr passieren. Ich schaffe es immer, noch einmal durchzuatmen – auch dann, wenns richtig stressig wird. Ich glaube, das ist eine bestimmte Gabe, über die ich mich übrigens kürzlich mit meiner Mutter unterhalten habe. Wird es schwierig und verfallen alle anderen in Panik, stellt sich mir sofort die Frage, wo sich denn nun die drei wichtigsten Punkte verbergen. Alle anderen lasse ich konsequent liegen, kümmere mich nur um diese drei.

 

Und das funktioniert?
Christine Maria Koepping: Immer. Sofern man das als Person selber gut kann und das Umfeld Unterstützung bietet. Das dafür nötige starke Management-Team haben wir heute. Wir setzen uns zusammen, und ich sage zum Beispiel: «Hey Leute, wir haben jetzt grad so viel um die Ohren. Welche Sachen schieben wir gemeinsam beiseite, und auf welche drei Themen fokussieren wir uns»? Wir sind immer in der Lage, zu priorisieren. Und das lässt mich weit weg von Verzweiflung sein.

 

Sie haben ebenfalls die Gabe, auf Menschen zuzugehen, Brücken zu bauen und Kontakte zu knüpfen!
Christine Maria Koepping: Tatsächlich habe ich in den letzten Monaten ganz viele interessante Menschen kennengelernt – Kollegen, Kunden, Lieferanten und viele weitere Vertreter aus der Branche. Es gab dazu auch einige Gelegenheiten – zum Beispiel den «Color Emotion»-Event in München, wo wir die Möglichkeit hatten, die persönlichen Kontakte etwas weiter auszubauen. Oder die Kennenlern-Events, von denen wir in der Deutschschweiz schon zwei Stück gemacht haben und an denen wir entspannte Abende mit den Kunden verbringen durften.

 

Eine der Aufgaben, die Sie sich vor dem Arbeitsantritt selbst gestellt haben, war die Verbesserung der Kommunikation. Ist Ihnen das gelungen?
Christine Maria Koepping: Hinsichtlich Aussenwirkung müsste ich diese Frage an sie zurückgeben. Da würde ich wahrscheinlich ein unabhängigeres Feedback erhalten. Nein, in meiner Wahrnehmung glaube ich schon, dass das so passiert ist. Ich bekomme auch hervorragende Rückmeldungen, was unsere Marktpräsenz angeht – von intern, von Kollegen aus Münster oder Nachbarländern, von Kunden und Lieferanten. Da haben wir einen Riesenschritt nach vorne getan.

 

Und werden Sie die Kadenz hochhalten?
Christine Maria Koepping: Auf jeden Fall, wir verfolgen diesen Weg so weiter. Wir sehen ja selber, welches Potential nur schon die Veröffentlichung eines Videos hat (Anm. Red.: Digital-Launch für Glasurit-Reihe 100). Gleichzeitig haben wir intern die Kommunikation zu jenen Projekten erhöht, die uns im kommenden Jahr erwarten. Ich meine, ich habe seit meiner Coaching-Zeit nie mehr so viele Schulungen gegeben wie in den letzten Wochen. Aber wir wollen gewappnet sein für die Zukunft, fühlen uns jetzt wirklich sehr gut aufgestellt.

 

Unter der Eigenmarke Rodim vertreibt die BASF Non-Paint-Artikel wie Abdeckfolien, Spachtel oder Mischbecher. Mich dünkt, aus diesem Bereich hört und liest man wenig. Täuscht der Eindruck?
Christine Maria Koepping: Wir hatten gerade unser Vertriebs-Meeting, in dem auch die Zahlen präsentiert wurden. Wir sind superstark mit Rodim unterwegs in der Schweiz. Ich glaube aber auch, dass in den ersten Monaten, seit ich hier bin, diesbezüglich kein akuter Handlungsbedarf nötig war.

 

Weil es nicht unbedingt ihr Kerngeschäft ist?
Christine Maria Koepping: Unser Kerngeschäft sind Lacke, das stimmt. Da haben wir auch sehr viele Innovationen in den Markt gebracht und diese bevorzugt kommuniziert. Aber ich finde es schön, dass sie das hier ansprechen. Denn tatsächlich wollen wir 2022 mehr in die Kommunikation rein mit Rodim und die Marke verstärkt in den Fokus stellen. Das steht auf meiner To-do-Liste. Allerdings beschäftigt uns, und das ist ein ganz schwieriger Punkt, wie der Markt von der Pandemie beeinflusst wird. Wir erhalten fast täglich Preiserhöhungen von unseren Lieferanten gemeldet, das ist sehr hart.

 

Hart ist auch Ihr Vorhaben, trotz herausforderndem Job Ihr Wirtschaftspsychologie-Studium Anfang 2022 mit dem «Master of Science» abzuschliessen. Sind Sie auf Kurs?
Christine Maria Koepping: Es reicht zeitlich nicht dafür. Ich werde etwas verlängern, habe deshalb ein Urlaubs-Semester beantragt. Aber wie ich grad vorhin gesagt habe: Man muss ab und zu priorisieren, zuerst das eine und erst dann das andere tun. Das habe ich persönlich so auch für mich entschieden, und entsprechend werde ich im Sommer meine Masterarbeit schreiben.

 

Ein Punkt, der Sie in Ihrer Arbeit stark beschäftigt, ist die Digitalisierung. Bei BASF heisst eine Plattform Refinity. Wie ist das Feedback?
Christine Maria Koepping: Die Rückmeldungen sind hervorragend, auch weil Refinity sehr einfach und intuitiv zu bedienen ist. Nichtsdestotrotz befinden wir uns hier in der Schweiz noch immer in einer Pilotphase mit 32 Kunden, werden da aber im kommenden Jahr Vollgas geben.

 

Wie erklären Sie einem Laien Refinity?
Christine Maria Koepping: Sie müssen sich das als cloudbasierte Lösung vorstellen, die alle digitalen Themen, welche die BASF und ihre Partner bündeln, in eine Plattform packt. Und schliesslich einen einheitlichen Zugriff gewährt. Der Vorteil ist, dass man alle notwendigen Infos auf einen Blick hat – das beginnt bei der Farbtonsuche und -findung, bei der Wahl des richtigen Farbtons und geht dann in weiteren Folgen deutlich tiefer. Es gibt Module für Trainings oder Zertifizierungen, Schnittstellen zu Partnerbetrieben, betriebswirtschaftliche Themen oder auch Verknüpfungen zu eigenen Body Shop-Managementsystemen. Refinity ist wie viele Software-Lösungen eine von denen, die von Tag zu Tag besser wird. Es werden kontinuierlich neue Module dazu geschaltet, für die kein Limit vorhanden ist.

 

Vereinbarungen und Kooperationen mit Partnern und Autoimporteuren, welche auch die Lieferung von Lacken an Werkstätten beinhalten können, werden alle fünf Jahre neu ausgeschrieben. Jeder Lacklieferant kann sich dafür bewerben. Wo werben Sie grad im Moment?
Christine Maria Koepping: Über laufende Verhandlungen kann ich nicht sprechen. Aber es ist erfreulich, dass die Kooperation mit BMW Schweiz intensiviert werden konnte und wir einer von zwei gelisteten Partnern sind, der Lacke an die BMW-Werkstätten liefern darf.

 

Bei Mercedes-Benz Schweiz ist die BASF immer noch sogenannter Prefere-Partner, also bevorzugter Partner. Oder nicht?
Christine Maria Koepping: Sie sind richtig informiert, mit Mercedes-Benz Schweiz haben wir ein super Verhältnis und wir gehen auch mit gemeinsamen Schulungen nach vorne. Also ich denke, im Laufe von 2022 werden wir da schon noch einige PS auf die Strasse bringen.

 

Wie ist der Stand bei den britischen Automarken?
Christine Maria Koepping: Da gibt es verschiedene Kooperation. Zum Beispiel gehört Jaguar Land Rover dazu. Oder Bentley. Diese Marke hat eine weltweite Exklusiv-Vereinbarung mit BASF: Auf keinem Bentley, der entsprechend Hersteller-Vorgaben zu reparieren ist, darf etwas anderes als Glasurit verwendet werden. Das ist die einzige freigegebene Lackmarke. Also da sind wir auf der ganzen Landkarte vertreten.

 

Man sagt, dass die Hälfte aller Fahrzeuge weltweit mindestens eine Lackschicht hat, die von BASF stammt!
Christine Maria Koepping: Das ist korrekt. Und nehmen sie jetzt noch die deutschen Automobilhersteller aus dem Premiumsegment – da ist der Prozentsatz deutlich höher. Da sprechen wir von 85 Prozent.



Beruflicher Werdegang
Christine Maria Koepping (32) ist «Industriekauffrau und Betriebswirtin VWA» mit Schwerpunkt «Consultancy Services & Produktmanagement». 2011 startete sie die Karriere bei der «BASF Coatings GmbH» im Heimatort Münster – im Technologie- und Projektmanagement, dann im Marketing, Process Design und schliesslich bei «Strategy and Projects EMEA» sowie «Product Management EMEA». Nach dem «Bachelor of Arts Betriebswirtschaftslehre» an der Fachhochschule Münster (Marketing, Controlling) studiert sie seit 2019 Wirtschaftspsychologie. Seit Juni 2021 arbeitet Christine Maria Koepping bei der «BASF Coatings Services AG» in Pfäffikon (SZ) im Marketing. Sie spricht Deutsch, Englisch und Französisch und hat Grundkenntnisse in Spanisch und Italienisch.

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