Lackierer und Autolacke

Interview mit Alexander Bru, Geschäftsführer BASF Schweiz

 

Alexander Bru ist seit Juni 2021 Geschäftsleiter der «BASF Coatings Services AG Schweiz». Wir haben ihn zu seiner herausfordernden Aufgabe interviewt. Hier die ehrlichen Antworten des 36-Jährigen zu den Fragen über den hiesigen Markt, die Stärken und Schwächen der BASF in der Schweiz sowie über die Bereiche, die Handlungsbedarf nötig machten.

 

Interview: Heinz Schneider

Herr Bru, Sie waren in den vergangenen sieben Monaten stark gefordert, denn es gab in der Tat viel aufzuarbeiten bei der «BASF Coatings Services AG Schweiz». Wie oft sind Sie seit dem 1. Juni abgehoben? Ich meine privat in der Freizeit und im Rahmen Ihres Hobbys, dem Fliegen mit Propellermaschinen?
Alexander Bru: Nicht so oft, wie ich das gerne gewollt hätte. Ich kann keine Zahl nennen, aber es war deutlich weniger als zuvor – weil wir tatsächlich eine intensive Zeit hinter uns haben. Ich sage «wir», weil das ebenfalls fürs Team gilt. Personell haben wir an gewissen Stellschrauben drehen müssen. Einige wichtige Positionen sind schon besetzt, andere noch ausgeschrieben.

 

Wäre ich bösartig, würde ich spekulieren, dass es wenigstens im stressigen Alltag einige Gründe für Sie gab, so richtig in die Luft zu gehen!
Alexander Bru: Jeder erlebt Fälle, bei denen er sich fragt, ob die jetzt wirklich notwendig sind. Wichtig ist, dass man auf dem Boden bleibt – und aus Fehlern lernt. Aber es geschehen halt einfach Dinge, die kann man nicht beeinflussen. Dass wir zum Beispiel unseren Launch-Event wegen Corona haben verschieben müssen, das ärgert mich schon furchtbar.

 

Sie sprechen die Veranstaltung im Emil-Frey-Oldtimermuseum in Safenwil an. Da hätten Sie und Ihr Team vor rund 200 Gästen die neue Wasserbasis-Lackreihe Glasurit 100 vorgestellt.
Alexander Bru: Wir haben uns extrem darauf gefreut. Aber jammern bringt nichts, weshalb wir einen anderen Weg einschlugen – nämlich den, über die digitale Schiene zu launchen. Obendrein mit einem Video auf verschiedenen Kanälen. Da haben wir ganz sicher das Beste aus der Situation gemacht, die Rückmeldungen waren in allen Fällen positiv.

 

Warum die Absage? Ist der Event verboten worden?
Alexander Bru: Es kamen mehrere Faktoren zusammen. Niemand will riskieren, kurz vor Weihnachten in Quarantäne gehen zu müssen. Zudem drohten auf Kantons- und Bundesebene gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich 2G-Regel, was einige vom Event ausgeschlossen hätte. Das wollten wir auf keinen Fall. Diese Unsicherheit, die leider Gottes auf der ganzen Welt herrscht momentan, hat uns dazu gebracht, den Event zu verschieben.

 

Er ist nicht abgesagt?
Alexander Bru: Ich sage ganz bewusst verschieben. Wir lassen uns die Butter nicht vom Brot nehmen, holen die Veranstaltung nach, wissen aber natürlich noch nicht in welchem Rahmen und zu welchem Zeitpunkt. Die neue Lackreihe ist gestartet, und wir werden die Markteinführung vorderhand individuell im kleineren Kreis weiter vorantreiben. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir einen schönen, grossen Event machen können.

 

Als wir uns Anfang Juni erstmals gesprochen haben, waren Sie gerademal neun Tage im Amt, konnten nur wenig über den Zustand Ihrer neuen Firma sagen und darüber, welche Aufgaben auf Sie warten. Wie lautet Ihr Fazit jetzt, knapp sieben Monate später?
Alexander Bru: Was mir als allererstes aufgefallen ist, war das erfahrene, motivierte und sehr integre Team. Jedoch hatten wir an gewissen Stellen Defizite, da spreche ich ganz konkret Schlüsselpositionen an wie zum Beispiel im Key-Account-Management.

 

Die waren gar nicht besetzt!
Alexander Bru: So etwas geht gar nicht. Dank meines beruflichen Backgroundes aus dem Vertrieb konnte ich temporär einiges auffangen. Aber strategisch ändern wir das: Mit einer ausgeschriebenen Stelle wollen wir diese Funktion stärken und passend besetzen. Weiter stand das Thema Vertrieb im Fokus. Da haben wir mit Sebastian Wyder, ein sehr erfahrener Fachmann in der Vertriebsleitung, entsprechend nachschärfen müssen. Weitere personelle Veränderungen gibt es im Aussendienst: Seit November 2021 ist Sandro Bencivinni (Anm. Redaktion: Area Manager, Kundenbetreuung im Aussendienst, Beratung und Verkauf) bei uns, und im Januar 2022 ist ein neuer Techniker gestartet. Sie sehen – wir sind dabei, die Organisation an allen Stellen aufzubauen, zu stärken und an den Schlüsselpositionen entsprechend zu besetzen. Weil wir einfach gesehen haben, dass es das braucht.

 

Sie sind Wiener. Welche Ihrer «Vorurteile» in Bezug auf die Arbeit mit Schweizern haben sich bewahrheitet?
Alexander Bru: Ich wusste immer, dass der Markt hier ein sehr qualitätsbewusster ist. Tatsächlich aber wird das unglaublich grossgeschrieben, sowohl bei den Produkten als auch im handwerklichen Alltag. Das ist ein komplett anderer Ansatz als er in anderen Märkten gelebt wird. Und übrigens mit ein Grund, warum ich in den letzten Monaten den Fokus noch stärker auf den Bereich Personalaufbau gelegt habe. Ich sagte dem Management, dass wir hier einen extrem qualitätsbewussten Markt vorfinden, der kompetente Beratung und enge Betreuung benötigt. Das kann man aber nur garantieren, wenn entsprechend Manpower da ist. Deshalb war es nötig, neu aufzubauen.

 

Bedeutet dies, dass Preise zweitrangig sind?
Alexander Bru: Von den Kunden bekomme ich das Feedback, dass die Qualität für sie an erster Stelle steht. Natürlich müssen auch die geldwerten Argumente passen, aber wenn es bei der Qualität hapert, dann brauche ich auch keinen Preis.

 

Beim Schweizer muss das ganze Paket stimmen?
Alexander Bru: Das ist legitim. Und mir macht es ganz einfach Spass zuzusehen, mit wieviel Leidenschaft das Handwerk gelebt wird. Man ist stolz auf die Leistungen, die aus dem Betrieb kommen, das ist einmalig – und auch an den älteren Fahrzeugen auf den Strassen zu beobachten. Die sind im Vergleich zu vielen anderen Märkten fast ausnahmslos in einem Topzustand.

 

Ein Mitarbeiter von Ihnen hat mir kürzlich verraten, dass in Pfäffikon jetzt endlich wieder alle am selben Strick ziehen und der neue Drive so rasant sei, dass er jeden und jede automatisch mitziehen würde. Ihr Verdienst?
Alexander Bru: Da gehören alle dazu. Ich versuche das vorzuleben, keine Frage. Und ich sagte von Anfang an, dass jeder und jede einfach nur Spass an der Arbeit haben soll, dann kommt der Erfolg von allein.

 

Sie und Ihr Team sollen sich im August zusammengesetzt und in langen Prozessen viele neue Beschlüsse gefasst haben!
Alexander Bru: Da ging es in erster Linie darum, auf welcher Strategie wir alle unsere Aktivitäten abstimmen werden. Und natürlich sprachen wir über Visionen. Eine davon ist, dass wir die erfolgreichsten Kunden der Schweiz bei uns haben möchten. Unser Auftrag ist es, sie dorthin zu führen – weil der Erfolg der Kundschaft auch der unsere sein wird. Wenn irgendwer in unserer Organisation eine Handlung plant, muss er sich immer die Frage stellen, ob er diesen Erfolg damit unterstützt. Kann er das nicht mit ja beantworten, soll er die Aktivität sein lassen.

 

War eine dieser Visionen auch der Ort, wohin Sie die «BASF Coatings Services AG Schweiz» bis in fünf Jahren führen möchten?
Alexander Bru: Ich will keine quantitativen Ziele nennen. Der Anspruch, die Nummer eins sein zu wollen, das reicht nicht. Wichtig ist mir, und da muss ich das wiederholen, was wir gemeinsam im Team formuliert haben: Wir unterstützen unsere Kunden dabei, Erfolg zu haben. Wenn wir das schaffen, lassen sich die quantitativen Ziele automatisch erreichen.

 

Es gibt Stimmen, die behaupten, Sie würden das Netzwerk «Color Motion» umbauen, mit dem ihre Partner-Betriebe leichter Lackmaterial beschaffen können oder sich hinsichtlich neuer Produkte, Technologien oder für die Digitalisierung schulen lassen.
Alexander Bru: Wir bauen nicht um, sondern passen an. «Color Motion» ist ein deutschsprachiges Netzwerk, aber weil die Schweiz mit vier Landessprachen gesegnet ist, unter anderem französisch, haben wir intern beschlossen, für die Westschweiz eine andere Lösung zu finden. Wir möchten auf keinen Fall ein Pauschalding haben, bei dem alle über einen Kamm geschert werden. So nach dem Motto: Wer uns nicht versteht, hat Pech gehabt. Das heisst, wir wollen ein Netzwerk, das spezifisch ist für unsere französischsprechenden Kunden. Dazu werden wir verschiedene Anknüpfungspunkte aus Belgien nutzen und somit nicht nur den sprachlichen, sondern auch den kulturellen Unterschieden in der Schweiz entsprechen. Wir wollen das authentisch machen.

 

An welchen Themen, Verbesserungen und Plänen arbeiten Sie und Ihr Team aktuell?
Alexander Bru: Wie eingangs erwähnt, beschäftigt uns die Markteinführung der Lackreihe Glasurit 100 stark. Für sie erhielten wir sehr viele Anfragen, nicht nur von eigenen, sondern auch Kunden, welche andere Lackmarken als die von BASF einsetzen. Sie alle möchten jetzt mehr darüber erfahren, deshalb gilt es, das alles sauber und professionell abzuarbeiten. Gleichzeitig bauen wir gewisse Felder aus – zum Beispiel die Beratungs-Dienstleistungen oder verschiedenen Serviceangebote. Ein paar Sachen wie das Angebot von «Mister A.T.Z.» – es unterstützt den Betrieb dabei, sich online optimal zu vermarkten – konnten wir schon in die Schweiz bringen. Genauso wie «Repair Fix», das Tool, das den Annahmeprozess in der Werkstatt erheblich erleichtert oder Betriebe dabei unterstützt, Schäden vermittelt zu bekommen. Aber wir haben noch viel, viel mehr in der Pipeline. Wir werden noch viele überraschen.

 

Beruflicher Werdegang
Alexander Bru (36) startete nach Abschluss seines BWL-Studiums an der Wirtschaftsuniversität in Wien seine berufliche Laufbahn in der Bankenbranche. Nach Tätigkeiten als Analyst sowie im Vertrieb wechselte der Hobbyflieger 2013 zu KTM als Verkaufs- und Marketing Manager. Für den Töffhersteller war der Wiener fünf Jahre lang der Verantwortliche für den Auf- und Ausbau des Marktes in Lateinamerika. Im November 2017 wechselte er zu BASF Coatings Services GmbH Österreich und CEE, ab 2019 amtete er als Gesamtvertriebsleiter von Deutschland. Seit 1. Juni 2021 ist Alexander Bru Geschäftsführer der «BASF Coatings Services AG Schweiz» in Pfäffikon (SZ).

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