Wer die Carrosseriebranche kennt, weiss, wer Pascal Lehmann ist. Schweizermeister bei den Lackierern, Weltmeister 2013 in Leipzig, Coach, WM-Experte mit vielen Zusatzausbildungen (u. a. Werkstattkoordinator, Carrosseriefachmann, Werkstattleiter), Präsident vom Champions-Club – die Liste seiner beruflichen Erfolge und Tätigkeiten ist lang. Und lässt sich beliebig weiterführen. Zum Beispiel damit: Der 32-Jährige ist seit kurzem «Global Application Trainer CV» bei «BASF Coatings» in Münster (D). Wir haben ihn getroffen und uns mit ihm über seinen Job unterhalten.
Interview: Heinz Schneider
Herr Lehmann, Sie haben ihren bisherigen Arbeitgeber «Calag» verlassen und sind neu für das Hauptquartier von «BASF Coatings» in Münster (D) als «Global Application Trainer CV» tätig. Das klingt fast ein bisschen akademisch. Was genau sind Ihre Aufgaben?
Pascal Lehmann: CV steht für Commercial Vehicles. Der Titel bedeutet, dass ich als Trainer im Bereich Nutzfahrzeuge tätig bin. Dies vor allem für die Marken Glasurit und R-M für das Gebiet EMEA, also Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Kommen neue Produkte auf den Markt oder gibt es neue Prozesse, darf ich Schulungen organisieren, das Wissen darüber vermitteln beziehungsweise das Know-how mit den in den einzelnen Märkten massgebenden Personen trainieren.
An wen richten sich diese Trainings?
Pascal Lehmann: Das sind überwiegend interne Schulungen für die Landestrainer in den genannten Regionen. Jedoch gibt es auch Trainings für Kunden.
Und was machen Sie genau in diesen internen Schulungen?
Pascal Lehmann: Im Endeffekt kommen die Landestrainer (Anm. Red.: National Head Trainer, NHT) zusammen und halten mit mir eine gemeinsame Schulung ab. Danach trainieren diese NHTs wiederum die eigenen Techniker in ihrem Land. Ein Beispiel: Ich organisiere einen Kurs in Österreich und bitte die Vertreter aus den umliegenden Ländern wie Polen, Tschechien oder Slowakei dazu. Das ist ein Teil meiner Aufgaben, der zweite ist die Anwendungsunterstützung für die Techniker direkt bei den Fahrzeugherstellern.
Mit welchen Arten von Nutzfahrzeugen haben Sie zu tun?
Pascal Lehmann: Es gibt fünf verschiedene Segmente, in die wir die Nutzfahrzeuge aufteilen: Truck, Bus, CV Refinish, Special Vehicle Manufacture und Special Projects. Jede Gattung verlangt ihre eigenen Prozesse, und teilweise unterschiedlichen Produkte. Deshalb müssen sie gesondert bearbeitet werden. Das ist wegen der Vielzahl an Untergründen und Anwendungsanforderungen an die Fahrzeuge nötig. Es gibt verschiedene Produkteportfolios dafür, die korrekt angewendet werden müssen.
Bevor Sie bei der BASF Coatings gestartet sind, waren Sie auf Reisen. Und ich nehme an, Lebenspartnerin Christin war mit von der Partie?
Pascal Lehmann: Nach meinem Austritt bei der Calag standen als erstes die «World Skills» in Lyon (FR) vor der Tür. Im September war das mein Fokus. Danach reisten Christin und ich für vier Monate nach Süd- und Zentralamerika. Wir haben einen wunderschönen Teil unserer Welt entdecken können, waren in Peru, Bolivien, Costa Rica, El Salvador und Guatemala. Es war ein einmaliges Erlebnis, und ein grosser Gewinn an Lebenserfahrung für uns beide.
Wie kam der Kontakt mit BASF zustande? Wurden Sie angefragt?
Pascal Lehmann: Das war ein Prozess, der sich nach einigen guten Gesprächen mit «BASF Coatings Schweiz» entwickelt hat. Für mich ist es eine extrem interessante Stelle, eine, die mir liegt. Coachings sowie Trainings vermitteln und leiten beschäftigen mich ja seit langer Zeit, bislang sowohl für Schweizermeisterschaften als auch die Berufs-WM. Jetzt habe ich die Chance, das auch auf internationaler Bühne hauptberuflich zu tun.
Trotzdem bleibt die Frage, wie der Kontakt zustande gekommen ist.
Pascal Lehmann: Die Zusammenarbeit zwischen der «BASF Coatings» und mir war bereits in der Vergangenheit extrem gut, zum Beispiel nur schon hinsichtlich der Trainings für die «World Skills». Ich und WM-Teilnehmerin Lara Kaufmann hatten 2024 direkten Zugang ins BASF-Trainingszentrum in Wangen. Das verlangt gegenseitiges Vertrauen. Zudem lernte ich durch diese Kooperation viele Kollegen aus dem Schweizer Team kennen. So habe ich erkannt, wie der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit innerhalb der Firma funktionieren. Dies hinterliess einen bleibenden positiven Eindruck über die «BASF Coatings», von dem ich gerne ein Teil werden wollte.
Wie ging es dann weiter?
Pascal Lehmann: Wir haben uns in mehreren Gesprächen ausgetauscht und noch besser kennengelernt. Zum Anfang war kein Job definiert, das Ganze hat sich entwickelt. Wir haben verschiedene Optionen besprochen und uns schliesslich auf die jetzige Stelle geeinigt, die in der Zentrale in Münster vakant geworden ist. Vor der Entscheidungsfindung bin ich noch drei Tage nach Münster gefahren, um alle Hintergründe und das Team kennenzulernen. Auf der Heimfahrt habe ich gewusst, dass ich zusagen werde.
Sie arbeiten nun hauptsächlich in Deutschland. Wohnen Sie auch dort?
Pascal Lehmann: Nein, nein, ich arbeite nicht vorwiegend dort. Ich bleibe in der Schweiz wohnhaft, mache die meisten Office-Arbeiten und Trainingsorganisationen von zuhause aus. Aber ich bin natürlich häufig auf Reisen, die Schulungen finden meist im Ausland statt. Wenn nötig, kann ich einiges im Sitz in Pfäffikon oder im Trainingszentrum in Wangen an der Aare erledigen. Die Produkte, die ich brauche, sind dort ebenfalls vorhanden. Zudem bleibe ich – unabhängig von meiner Stelle bei der BASF – auch künftig in der Rolle als Nationaltrainer bei «Swiss Skills» und «Carrosserie Suisse».
Welche beruflichen Herausforderungen haben im neuen Job auf Sie gewartet?
Pascal Lehmann: Da mein Vorgänger seinen wohlverdienten Ruhestand bereits angetreten hat, gab es wenig Gelegenheit, mich mit ihm über die Vergangenheit auszutauschen. Das macht es ein bisschen herausfordernder, jedoch habe ich eine mehr oder weniger grüne Wiese, was das Trainingskonzept der Zukunft angeht. Zudem planen wir, unsere Online-Trainings «Glasurit Know-how» auch im CV-Bereich auszubauen. Das ist neu, da benötigen wir noch etwas Entwicklungszeit. Auch ist es sicherlich eine Umstellung, so viel unterwegs zu sein. Mir macht es allerdings enormen Spass, und ich habe viele Ideen.
Ich weiss, dass Sie kürzlich ein Meeting beziehungsweise verschiedene Trainingseinheiten mit internen Kollegen aus den USA und China hatten. Worum ging es da?
Pascal Lehmann: Da waren wir eine Woche lang im Hauptquartier in Münster und haben das neue Produktportfolio der Glasurit-Reihe «68 Plus» trainiert, das in diesem Jahr gelauncht wurde. Es ging um den expandierenden Nutzfahrzeugbereich in China und Nordamerika. Wir wollen in diesem Feld wachsen und das Gebiet erweitern. Die Kollegen werden nun die Inhalte mit nach Hause nehmen und dort an ihre Techniker und Vertriebskollegen weitergeben.
Die Berner Popgruppe «Plüsch» singt im Song «Heimweh» davon, dass sie «wiit wäg vo diheimä» sind und Sehnsucht «nach dä Berge, nach Schoggi und em Wii» haben. Wie ist das bei Ihnen? Vermissen Sie auf Ihren langen Reisen Ihr Zuhause?
Pascal Lehmann: Aktuell vermisse ich, nur manchmal, tatsächlich etwas die Berge. Vor allem dann, wenn ich in Münster bin. Dort ist es richtig flach. Aber ansonsten bin ich voll motiviert, liebe meinen neuen Job und alle Herausforderungen, die damit verbunden sind.