Von Heinz Schneider (Text) und Irene Schneider (Fotos)
Zwölf junge Frauen und Männer in Overalls, konzentrierte Blicke hinter den Masken, die Zuschauer atmen den Duft von Lösemittel und frisch aufgerührtem Basislack – die Lackiererinnen und Lackierer an den «Swiss Skills» in Bern stehen nicht nur im Rampenlicht, sondern auch unter Hochspannung. Wer hier eine Motorhaube schleift oder eine Tür grundiert, arbeitet auf der sprichwörtlichen Bühne der Perfektion. Jeder Handgriff zählt. Und wehe, das Schleifpapier frisst sich tiefer als ein Zehntelmillimeter ins Blech – dann ist es vorbei mit der Illusion makelloser Oberfläche.
Der Wettkampf ist kein Sonntagsspaziergang. Vier Tage lang springen die Teilnehmenden von Posten zu Posten: hier schleifen und spachteln, dort Farbtöne mischen, drüben Designlinien ziehen, die jedem «Custom Painter» Ehre machen würden. Am Schluss soll alles zueinanderfinden: eine komplette Fahrzeugseite, zusammengesetzt aus Tür, Kotflügel und Stossstange, so sauber lackiert, dass selbst ein Neuwagen daneben leicht errötet.
Natürlich drückt die Zeit. Lack braucht Trocknung, aber wer zu lange wartet, verliert Minuten, wer zu früh poliert, ruiniert das Ergebnis. Das Einhalten der Kabinenordnung ist ebenso Pflicht wie die Disziplin beim Abdecken – ein kleiner Farbnebel an der falschen Stelle, und schon kann ein ganzer Arbeitstag in den Ochsnerkübel.
Der Ton ist sportlich, aber nicht ohne Humor. Ein Zuschauer neben dem Chronisten grinst: «Hier lernt man Geduld – oder man verliert sie schneller, als der Härter im Lack reagiert.» Und tatsächlich, zwischen all dem Lärm der Schleifmaschinen und dem rhythmischen Sprühen aus der Lackierpistole liegt eine beinahe meditative Ernsthaftigkeit.
Doch es geht nicht nur um Gold, Silber oder Bronze – auch wenn die Nachfolger von Lara Kaufmann, Mylène Roy und Amantin Zubaku schon ungeduldig ihre Chancen wittern. Ein weiterer Preis verleiht dem Wettbewerb eine zeitgemässe Note: der «Sustainability Award». Wer am Ende der vier Tage den kleinsten Abfallberg hinterlässt, darf von sich behaupten, nicht nur schön, sondern auch nachhaltig lackiert zu haben. Putzlumpen, Abdeckpapier, Schleifmaterial – alles wird gesammelt und gewogen. Eine Art ökologisches Gewissen im Overallschnitt.
So wird in Bern lackiert, geschliffen, gespachtelt, poliert, als hinge die Welt davon ab – und irgendwie tut sie das auch. Denn im Hochglanz der frisch lackierten Fahrzeugteile spiegelt sich nicht nur die Zukunft des Handwerks, sondern auch der Beweis, dass Präzision, Kreativität und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sein müssen. Wer am Ende ganz oben auf dem Podest steht, darf sich als Meister des Unsichtbaren fühlen: denn die perfekte Lackierung fällt nicht auf. Und genau darin liegt ihre Magie.
Carrosserielackierer: Das sind die Experten
Pascal Lehmann, Hauenstein, Chefexperte
Flavio Nevoso, Jona
Michelle Fischer, Liebefeld
Aurélie Fawer, Chêne-Pâquier
Simon Küchler, Sarnen
Mauro Abbruzzino, Niederlenz
Marco Zemp, Rothrist
Orlando Luongo, Rupperswil
Martin Dehnert, Aesch