Automobil

Für Sie gefahren: Renault Alpine A110 Légende

 

Von Heinz Schneider (Text und Fotos)

Rund 20 Jahre ist es her, seit die Automarke Alpine vom Markt verschwunden ist. Jetzt gibt es ein Wiedersehen: Mit der von Grund auf neu konzipierten A110. Wir fahren also quasi die Neuauflage einer Legende. Genauer gesagt: Den direkten Nachkommen der Alpine A110 Berlinette von 1966 – eine rund 7000 Mal gebaute flache Flunder, die 1973 die Rallye-Weltmeisterschaft für sich entschieden hat. Was für Renault Anlass genug war, sich die Aktienmehrheit am kleinen französischen Sportwagenhersteller zu sichern. 1977 war dann aber Schluss mit der Ur-Version.

 

Nun ist die A110 wieder da. In zwei Varianten. Sportlich ambitionierten Piloten empfehlen wir die gewichtsoptimierte Version «Pure» – unser auf Komfort ausgelegte Testwagen heisst «Légende». Sein Fahrwerk ist für einen Sportler mit längeren Federwegen kommod abgestimmt , die Lenkung direkt und leichtgängig. Gleichzeitig wartet er innen mit ledergepolsterten Sitzen inklusive Sechswege-Verstellung auf und glänzt mit Karbon-Dekorelementen. Übrigens: Innerhalb der Renault-Gruppe arbeitet Alpine als selbständiger Geschäftsbereich – mit eigenen Entwicklern und Ingenieuren. Die Konsequenz: Der Familienname «Renault» wurde bei der neuen A110 ausgeklammert.

 

Hergestellt wird der Neuling im 1969 errichteten traditionellen Alpine-Werk im nordfranzösischen Dieppe. Das grundlegend modernisierte Werk war bislang auch schon Produktionsstätte von Renault-Sport-Modellen – zum Beispiel sind dort Kleinserien wie Clio V6, Clio R.S. oder Renault Sport Spider entstanden.

 

Was nun also endlich (sehr) gut wurde, währte lange. Denn der Startschuss für das Projekt A110 fiel bereits im Jahre 2012 – und zwar auf einem weissen Blatt Papier, wie Bernard Ollivier bestätigt. «Als ich damals mit der Entwicklung eines neuen Alpine Sportwagens beauftragt wurde, stand lediglich fest, dass der Neue die komplette Alpine-DNA inklusive Agilität, Leichtbau, Eleganz und viel Fahrspass haben muss», erinnert sich der «Deputy Managing Director.» Klar deshalb, dass nicht nur die Grösse des neuen Fahrzeuges, sondern ganz gezielt auch seine Optik an den gleichnamigen Klassiker und Rallye-Sieger erinnert.

 

Als Tribut an die Moderne erhielt der Mittelmotor-Zweisitzer einen neu entwickelten Turbobenziner mit 1,8 Liter Hubraum. Er stellt 252 PS und 320 Newtonmeter zur Verfügung, was gemessen am geringen Fahrzeuggewicht von 1080 Kilogramm – Chassis und Carrosserie sind aus Aluminium gefertigt – aussergewöhnliche Fahrleistungen garantiert. Keine Frage: Die neue Alpine lässt es krachen (0 bis 100 km/h: 4,5 Sekunden).

 

Entsprechend präsentiert sich der Motorensound: Der Turbo kann zornig fauchen, er schnorchelt, schreit, jubelt und lässt es auch Mal furchteinflössend grollen. Dafür haben die Ingenieure in die Akustik-Trickkiste gegriffen und dem Ansaugtrakt eine mechanische Veränderung spendiert. Hinzu kommt ein Direktschaltgetriebe, dessen Reaktions- und Schaltzeiten im Vergleich zu den Vorserienfahrzeugen auf ein besseres Niveau gehoben worden sind. Ungewohnt: Die sieben Stufen lassen sich nur über Alu-Wippen am Lenkrad wechseln, einen Hebel auf der Mittelkonsole gibt es nicht.

 

Im Fahrbetrieb verzeiht die Alpine auch weniger geübten Fahrern das eine oder andere Experiment. Damit das Auto in den Kurven nicht driftet, hat es wie auch anderswo üblich ein Stabilitätsprogramm bekommen. Droht das Heck auszubrechen, nimmt das System Leistung weg – im Modus «Sport» etwas weniger als in «Normal». Und noch weniger in «Track». Dort arbeitet das Getriebe übrigens ausschliesslich im manuellen Modus. Was gleichzeitig bedeutet, dass der Vierzylinder ziemlich giftig reagiert und das ESP dem Piloten viel Spielraum lässt.

 

Kommen wir zur wichtigsten Frage: Ist der Mittelmotor-Sportler auch Alltagsauto? Antwort: «Jein». Auf jeden Fall für jene, die Fahrspass und Exklusivität ganz oben auf die Prioritätenliste setzen. Den Praktikern hingegen dürften die mickrigen 190 Liter Kofferraumvolumen und die kleine Anzahl an Ablageflächen im Innenraum im Wege stehen.

 


Renault Alpine A110 Légende
Preis ab 67 300 Fr.
Turbobenziner R4 / 1798 ccm
Leistung 252 PS
Drehmoment 320 Nm ab 2000 U/min
Antrieb Heck, DKG, 7-Gang
0 – 100 / Spitze 4,5 Sek / 250 km/h
Verbrauch (Werk) 6,3 l / 100 km
Energieklasse G CO2 144 g/km
Länge / Breite / Höhe 4,18 / 1,80 / 1,25 m

 

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