Frankreich inszeniert sich gern als Grande Nation – und tut es am liebsten mit Pomp, Pathos und Präsidentenkarossen. Der neueste Auftritt auf vier Rädern: der Renault Rafale «Présidentiel». Gepanzert, verlängert, veredelt – und selbstverständlich «Bleu Présidence», ein speziell für die französische Staatskarosse entwickelter, tiefblauer Sonderlack mit integriertem Glitzereffekt in Blau, Weiss und Rot, der je nach Lichteinfall subtil an die Nationalfarben erinnert. Ein Fahrzeug, das weniger bewegt, als es repräsentiert. Und zwar die französische Vorstellung davon, wie Staatsmacht im 21. Jahrhundert aussehen sollte: luxuriös, diskret, hochgerüstet.
Doch hinter dem Glanzlack steckt mehr als ein weiteres Stück Staatsfolklore. Der Rafale ist nicht bloss eine gepanzerte Limousine mit Fahnenhalter und protokolltauglicher Soft-Close-Tür. Er ist ein Werkzeug politischer Mobilität – ein Büro auf Rädern, gebaut für Macht und Meetings. Entwickelt wurde er von Renault, gemeinsam mit dem Élysée und französischen Kunsthandwerkern. Dass dabei nicht nur Ingenieure, sondern auch Tischler, Marmorverarbeiter und Lederkünstler am Werk waren, sieht man – und soll man auch sehen. Die Botschaft: französisches «Savoir-faire» (also das gekonnte Zusammenspiel aus handwerklichem Können, stilistischem Feingefühl und jahrhundertealter Gestaltungskultur) trifft sicherheitstechnische Realität.
Die technische Basis bildet der Rafale E-Tech 4x4 – ein 300 PS starker Plug-in-Hybrid. Dass dieser «Hyper Hybrid» auch im Alltag mehr Meetingraum als Fahrerauto ist, zeigen die modifizierten Proportionen: verlängert, verstärkt, verfeinert. Die Panzerung – entwickelt mit Centigon – ist so unauffällig wie effektiv. Die Allradlenkung und das angepasste Fahrwerk sorgen trotz Mehrgewicht für Stabilität. Der Anspruch: maximale Sicherheit, ohne optische Kompromisse. Ein rollender Bunker, der keiner sein will.
Innen wird’s dann deutlich exklusiver. Schwarzer Marmor aus den Pyrenäen rahmt die Mittelkonsole, Holzintarsien zieren die hinteren Bedienfelder, gefertigt von Ludovic Avenel, einem der letzten Pariser Möbelpoeten. Die Polsterung? Handvernähtes Leder mit blauen Ziernähten in republikanischer Farbsymbolik. Selbst die Belüftung der Rücksitze erforderte eigens entwickelte Feinmechanik. Der Präsident soll schliesslich nicht ins Schwitzen geraten – weder politisch noch klimatisch.
Natürlich ist all das auch ein Statement nach aussen: Frankreich kann das. Technik, Design, Handwerk – in einem Fahrzeug, das stilistisch irgendwo zwischen Hightech-Kanzel und Salonkutsche schwebt. Doch es ist nicht nur die Form, die provoziert. Es ist die Symbolik. Denn der Rafale «Présidentiel» steht in einer Linie mit dem Renault 40 CV von 1920, mit dem Präsident Deschanel durch die Dritte Republik chauffiert wurde. Seitdem gilt: Wer im Élysée regiert, fährt Renault.
Und so lebt die über 100-jährige Allianz weiter – nicht aus Nostalgie, sondern aus Inszenierungswillen. Die französische Republik fährt keine deutschen Dienstwagen, keine italienischen Limousinen. Sie fährt Renault. Nicht, weil sie muss. Sondern weil sie will. Und weil ein solcher Wagen nicht einfach nur Transportmittel ist, sondern auch ein Teil der politischen Bühne. Ein mobiles Symbol der Macht – in Lack, Leder und Lamellen.
Die Frage bleibt: Braucht ein Präsident ein solches Fahrzeug wirklich? Vielleicht nicht. Aber in Zeiten politischer Entfremdung und staatlicher Symbolsuche scheint der Rafale «Présidentiel» eine Antwort zu geben, die lauter glänzt als sie klingt. Elegant. Effizient. Und unübersehbar französisch.