Von Heinz Schneider (Text)
In der Schweiz wird bekanntlich nichts dem Zufall überlassen. Nicht der Käse, nicht der Zugfahrplan – und schon gar nicht die Nachwuchsausbildung im Carrosseriebereich. Wenn also im September 2025 in Bern die «Swiss Skills» über die Bühne gehen, dann ist Präzision Trumpf. Und die will gelernt sein. Oder besser gesagt: trainiert, geübt, geschult, vorbereitet – und zwar nicht zu knapp.
Zwölf junge Carrosseriespengler haben sich dem Abenteuer Berufsmeisterschaft verschrieben. Keine kleine Sache – denn bei den «Swiss Skills» wird nicht nur das Können gezeigt, sondern auch die Nervenstärke getestet. Um beidem gewachsen zu sein, gings im Juli an die Geräte. Wobei: Von «Geräten» zu sprechen, wäre fast ein Affront. Wir reden hier von Schweissanlagen, Messsystemen, Kalibrierlehren und einem gewissen «Fast-Drill C2», der klingt wie ein Formel-1-Bolide, aber eine Punktschweiss-Bohrmaschine ist.
Aufgeteilt in zwei Sechsergruppen – der besseren Betreuung wegen – durchliefen die Kandidaten ein Trainingsprogramm, das selbst Rocky Balboa gefordert hätte. Ort des Geschehens: die Firmen «Blutech» in Wünnewil (FR) und «Glas Trösch Autoglas» in Oensingen (SO). Zwei Profibetriebe, zwei Welten – aber ein gemeinsames Ziel: Technik verstehen, anwenden und souverän beherrschen.
Bei «Blutech» war Roger Blum der Mann der Stunde. Unterstützt von Coach und Expertin Diana Schlup sowie seinem Mitarbeiter und Vizeschweizermeister 2020 Manuel Kreuter – man sagt, er habe definitiv mehr Erfahrungen mit Schraubenschlüsseln als der Durchschnittsspengler YouTube-Abos – führte der Blutech-Inhaber die Kandidaten in die Welt der «Car-O-Liner»-Systeme ein. Hier gehts um Richtanlagen, elektronische Messsysteme, Positionierungshilfen von Neuteilen. Also das volle Programm für präzise Carrosseriereparaturen. Highlight des Tages: die CTR 9 – eine Widerstandsschweissanlage, die so futuristisch daherkommt, dass man sie auch in einem James-Bond-Film verbauen könnte. Dazu der «Fast-Drill C2», dessen Namen man sich merken sollte – immerhin klingt er nach Tempo, Technik und Testosteron in einem.
Natürlich war damit noch lange nicht Schluss. Ende Juli gings bei «Glas Trösch Autoglas» und «Carbesa» weiter. Claudio Dionisi und James Valvona (tönt nach italienischem Cop-Duo, ist aber die fachliche Elite im Bereich Carbesa) erklärten, wie man mit Spottern und MAG-Schweissanlagen umgeht. Stefan Glatz, der später auch als Swiss-Skills-Experte fungieren wird, nahm sich der ADAS-Kalibrierung und Fahrzeugdiagnose an – also jener Frontkamerasysteme, die dafür sorgen, dass moderne Autos beim Fahren mehr mitdenken als manche Beifahrer. Das Schulungsgerät? Natürlich Bosch, bereitgestellt von der ESA. Kompetenz: hoch. Spassfaktor: ebenfalls.
Glasersatz? Auch kein Spaziergang. Manuel Amweg von «Glas Trösch Autoglas» zeigte, wie man eine Frontscheibe nicht nur aus- und einbaut, sondern das Ganze auch Swiss-Skills-konform zelebriert. Mit dabei: das Klebematerial «Tack Elite» von Sika. Hält wie ein Berner Sennenhund beim Metzger an der Wursttheke.
Was bleibt? Zwölf junge Carrosseriespengler, die ihre Sommerferien gegen ein echtes Handwerksbootcamp eingetauscht haben. Die wissen jetzt, wie man Fahrzeuge diagnostiziert, einen Spotter zum Singen bringt und eine Frontkamera kalibriert, als wäre sie ein antiker Sextant. Sie sind bereit. Denn bei den «Swiss Skills» gewinnt nicht der, der Glück hat – sondern der, der schweisst, kalibriert und tackt, als hinge die Welt davon ab. Oder wenigstens der Meistertitel. Und wer so trainiert, dem überlässt man gerne die nächste Delle im Kotflügel. Denn eines steht fest: Zufall hat hier nichts verloren – nicht mal als Mitfahrer.