Von Heinz Schneider (Text) und Irene Schneider (Fotos)
Für Laien war die Szenerie eindrücklich. Gelterkinden und das benachbarte Böckten in Basel-Land haben sich kürzlich in eine Mischung aus Werkstatt, Betriebsamkeit, Hochspannung und Krisenzentrum verwandelt. Der Grund: Das «PDR Team Suisse» hat im Auftrag von zwei Versicherungen gerufen. Wenn das der Fall ist, hats in der Regel zuvor gekracht – oder besser gesagt: gehagelt. Dann übernehmen die Dienstleister aus dem Kanton Schwyz die Bestandesaufnahme der Schäden, die an den versicherten Fahrzeugen entstanden sind. So wie kürzlich in den genannten Orten.
Die Szene? Die Kunden rollen vor, parken ihre verbeulten Schätze ein – vom Familienkombi bis zum Pick-up – und melden sich beim Empfang. Dort ist die Popcornmaschine am Surren, Kaffeeduft liegt in der Luft, Gipfeli und Guetzli stehen bereit, und es gibt sogar Glace. Während der Autobesitzer also an der Vanille schleckt, wird sein Auto vom «Colibri» durchleuchtet – ein Scanner, der in einer Stunde sechs Autos in 3D seziert. Fast so präzise wie ein Schönheitschirurg, nur ohne Botox.
Für die Versicherungen ist die Sache ein Geschenk: kein Organisationsstress, kein Ansturm von verunsicherten Kunden in den Filialen. PDR übernimmt das komplette Setting – von der Hallenmiete (diejenige in Gelterkinden gehört dem Dienstleister selber) über die Kosten bis zu den Ablaufplänen für die Reparatur. Für die Automobilisten ist es schlicht bequem: Zwischen Cappuccino und Schoggipfeli erfahren sie, wie stark ihr Wagen beschädigt ist, ob er repariert werden kann oder leider zu den automobilen Ahnen geschickt werden sollte.
Die Technik wirkt beinahe überirdisch. Der Colibri scannt jede Delle, erkennt bis zu 1200 Einschläge – wenn der Hagel mal wieder so heftig war wie eine nächtliche Percussion-Probe. Nur mattlackierte Fahrzeuge entkommen der gnadenlosen Präzision, dann müssen die Experten von Hand ran. Der sogenannte «Scan Report» listet fein säuberlich jede Beule, sortiert sie nach Grösse und legt gleich den Kostenvoranschlag dazu. Da bleibt wenig Platz für Diskussionen.
Einer, der sich an diesem Tag dem Hagelgericht stellte, war Marcel Gasser. Sein Dodge Ram von 2013, gepflegt wie andere ihre Bonsai-Bäumchen, hatte dem Unwetter nicht standgehalten. «Ich war unterwegs, dann kamen die Körner», sagte er mit einem Grinsen, das nicht scherzhaft gemeint ist. Bis er am Strassenrand Schutz fand, hatte der Himmel sein Trommelfeuer aufs Blech niedergeprasselt. Nun stand der Ram zwischen Familienwagen und Kompaktklasse im Scannerlicht – ein amerikanisches Arbeitstier, das wie alle anderen den nüchternen Blick der Schadensexperten ertragen musste.
Und so war dieser Tag ein Erlebnis mit gemischten Gefühlen. Viele gingen mit Popcorn in der Hand und Protokoll unterm Arm wieder nach Hause. Ihre Autos aber hatten einen klaren Befund – mit der Entscheidung, ob sie bald wieder glänzen oder still in der Ecke des Totalschadens verschwinden würden. Ein eigenartig charmantes Schauspiel, das von einer anderen Seite betrachtet doch zeigt: Auch Hagel kann man mit Präzision, Organisation – und einer Portion Glace – die Schärfe nehmen.