In Manesar, einem der industriellen Hotspots Indiens, rollt seit dem 17. Juni 2025 nicht nur das Band in der Fahrzeugproduktion – jetzt fährt auch der Güterzug direkt vom Werkshof ab. Suzuki zieht die logische Konsequenz aus einer Realität, die lange ignoriert wurde: Strassenlogistik ist teuer, ineffizient und ökologisch ein Anachronismus. Mit der neuen Bahnverladeanlage am Werk von Maruti Suzuki, der indischen Tochtergesellschaft des japanischen Mutterkonzerns, macht der Automobilriese ernst mit dem Schwenk zur klimafreundlicheren Logistik.

Kein PR-Gag, sondern eine pragmatische Massnahme mit handfesten Effekten. Bis zu 450.000 Fahrzeuge jährlich können künftig per Bahn in alle Himmelsrichtungen verteilt werden – entweder für den Binnenmarkt oder direkt zu den Häfen «Pipavav» und «Mundra» für den Export. Das spart laut internen Schätzungen satte 60 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr. In CO₂-Äquivalenz: rund 175.000 Tonnen weniger. Reine Mathematik, keine moralische Erweckung.

Indien liefert dafür die ideale Bühne. Nicht nur wegen der gewaltigen Produktionszahlen – Maruti Suzuki ist mit Abstand Marktführer im Land –, sondern auch wegen der infrastrukturellen Ausgangslage. Seit 2013 darf das Unternehmen als erster offiziell Automobile per Bahn transportieren. Ein Vorteil, den man nutzt. 2024 erreichte Maruti Suzuki mit 500.000 auf der Schiene beförderten Fahrzeugen einen Rekordwert. Dass dieser Weg weiterverfolgt wird, ist keine Überraschung, sondern eine Notwendigkeit.

«Mit einem angestrebten Bahnanteil von 35 % bis 2030 leisten wir unseren Beitrag zu einer klimaneutralen Zukunft,» erklärt Maruti-Suzuki-CEO Hisashi Takeuchi. Eine bemerkenswert nüchterne Feststellung angesichts des Effekts, den dieser Umbau in einem Land haben kann, das weltweit zu den grössten Emittenten gehört. Wer also denkt, CO₂-Reduktion sei ein reines Europathema, sollte die Gleisverläufe in Haryana studieren.

Auch wenn Regierungsvertreter und Manager zur feierlichen Inbetriebnahme des Bahnhofs in «Manesar» anrücken wie zu einem Staatsakt – hier wird nicht Symbolpolitik betrieben, sondern Infrastruktur geschaffen. Es ist kein ökologisches Feigenblatt, sondern ein betriebswirtschaftlich motivierter Schritt, der zufällig auch noch dem Planeten hilft. Nachhaltigkeit rechnet sich, wenn man sie nicht bloss als Imagefaktor versteht, sondern als strategisches Instrument zur Effizienzsteigerung.

Dass Suzuki Schweiz diesen Schritt als Meilenstein einordnet, ist nachvollziehbar. Schliesslich zeigt das Projekt in Indien, was passiert, wenn man den Begriff «nachhaltige Mobilität» nicht länger auf Antriebstechnologien beschränkt, sondern auch die grauen Zonen der Industrie betrachtet – Logistik, Transport, Verteilung. Eine Bahnverladung mag nicht sexy sein. Aber sie hat mehr Wirkung als jeder Showroom mit Solardach.

Neuste Artikel: Branchen-News