Die Euphorie ist vorbei, der Zweifel sitzt am Steuer. Während Politiker und Hersteller noch von der «Mobilitätswende» sprechen, lehnt inzwischen fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung Elektroautos kategorisch ab. Vor zwei Jahren konnten sich 34 Prozent vorstellen, ein E-Auto zu kaufen – heute sind es nur noch 24 Prozent. Der neueste Mobilitätstacho der AXA, erstellt vom Forschungsinstitut Sotomo, bringt es auf den Punkt: Aus dem Aufbruch ist Stillstand geworden.
Der Verbrenner dagegen bleibt erstaunlich robust. Wer in den nächsten zwei Jahren ein Auto kaufen will, schaut mehrheitlich nicht auf die Batterie, sondern weiter auf den Tank. Reichweite, Preis, Ladeinfrastruktur – die Bedenken haben sich verfestigt, statt sich aufzulösen. 56 Prozent wünschen sich mehr Reichweite, 51 Prozent niedrigere Preise, 49 Prozent bessere Ladeoptionen. Ein E-Auto mag ein technisches Versprechen sein, in den Augen vieler bleibt es ein teurer Kompromiss.
Der Occasionsmarkt verstärkt den Graben. Während vier von fünf Verbrenner-Fahrern ihr Auto auch gebraucht kaufen würden, tun das bei E-Autos nur 19 Prozent. Batteriezustand, schnelle Modellwechsel, Unsicherheit: zu viele Fragezeichen. «Die Technologie entwickelt sich derzeit rasch weiter», erklärt Michael Hermann von Sotomo. Was auf dem Neuwagenmarkt als Fortschritt gefeiert wird, macht den Gebrauchtwagenmarkt zur Wüste.
Auch das Image beginnt zu bröckeln. Noch 2023 hatten 60 Prozent ein positives Bild von Elektroautos, inzwischen sind es nur noch 51 Prozent. Verbrenner dagegen halten sich stabil bei 62 Prozent. Und immer mehr glauben, dass E-Autos in der Schweiz niemals die Mehrheit erreichen werden. Ein nüchterner Befund, der die politische Debatte entzaubert: Nur 38 Prozent wollen überhaupt mehr Förderung für die Elektromobilität, ein Verbot von Neuzulassungen ab 2035 lehnt eine deutliche Mehrheit ab. «Eine Minderheit befürwortet eine stärkere Förderung – und diese Minderheit wird kleiner», sagt Hermann.
Auf dem internationalen Parkett zeigen sich Verschiebungen. Deutsche Hersteller bleiben gesetzt, fast schon ein Reflex. 82 Prozent der potenziellen E-Auto-Käufer können sich ein deutsches Modell vorstellen – selbst dann, wenn Preis-Leistung objektiv nicht glänzt. Überraschend ist der Aufstieg Chinas: Der Anteil jener, die ein chinesisches E-Auto in Betracht ziehen, hat sich innert eines Jahres verdoppelt, von 17 auf 36 Prozent. Der Name BYD macht Schule. Das stärkste Argument ist der Preis. Dass gleichzeitig politische Differenzen und Arbeitsbedingungen als Negativpunkte genannt werden, scheint die Kaufbereitschaft nicht ernsthaft zu bremsen. Die USA dagegen verlieren: Von einem Drittel Interessierter bleibt nur noch ein Fünftel.
Parallel läuft die Debatte um automatisiertes Fahren – ein weiteres Versprechen der Branche. Fahrerassistenzsysteme gelten als Gewinn für die Sicherheit, doch wenn das Auto selbst fahren soll, schaltet die Mehrheit auf Abwehr. Weniger als die Hälfte befürwortet Stufe 3, also teilautomatisiertes Fahren. Vollautonomie? 62 Prozent lehnen sie ab. «Solche Fahrzeuge wären in der Schweiz seit März theoretisch erlaubt», sagt Jérôme Pahud von der AXA. Theorie bleibt Theorie, solange die Bevölkerung das Steuer nicht aus der Hand geben will.
Misstrauen gibt es nicht nur gegenüber Algorithmen, sondern auch gegenüber Daten. Drei Viertel der Befragten glauben nicht, dass Hersteller sorgsam mit ihren Fahrzeugdaten umgehen. Fast 70 Prozent fürchten Cyberangriffe. Das selbstfahrende Auto ist damit nicht nur ein Sicherheitsrisiko im Verkehr, sondern auch ein Einfallstor ins eigene digitale Leben.
Die Umfrage, die AXA gemeinsam mit Sotomo durchgeführt hat, zeichnet ein nüchternes Bild: Die Bevölkerung ist skeptischer, zurückhaltender, pragmatischer geworden. Von Aufbruch keine Spur. Die Mobilitätswende? Sie steckt im Stau.