Dann gehen wir tiefer ins Metall, dorthin, wo der Sauber C4 mehr ist als nur ein rollendes Kapitel Motorsportgeschichte. 1975 setzt Peter Sauber auf ein Konstruktionsprinzip, das international gerade den Massstab setzt: ein Aluminium-Monocoque, das den Fahrer wie eine Zelle umschliesst. Stabilität durch Vernietung, ergänzt durch einen Hilfsrahmen, an dem Achsen und Motor fixiert sind. Kein Glasfaser, kein Carbon, keine exotischen Werkstoffe – reines Handwerk, präzise genietet, mit dem Mut, das für Hinwil damals Unbekannte zu wagen.
Der Schritt vom C3 zum C4 ist nicht bloss eine neue Nummer im Typenschild. Der C3 basiert noch auf einem konventionelleren Rohrrahmen, leichter zu fertigen, aber limitiert in Steifigkeit und Gewicht. Der C4 dagegen nimmt das Risiko der Alu-Struktur auf sich und bringt damit Sauber in die Liga der Profis. Bis zum C9 – also volle 14 Jahre – bleibt dieses Bauprinzip die Grundlage. Erst als Verbundstoffe unaufhaltsam den Ton angeben, ging Sauber den nächsten Schritt.
Das Herz des C4 schlägt aus England: der Ford-Cosworth-BDG-Vierzylinder. Zwei Liter Hubraum, vier Zylinder, vier Ventile pro Brennraum, 275 PS bei hochdrehenden Spitzenwerten. Kein Turbo, keine Spielereien – ein Sauger, der in der 2-Liter-Klasse das Werkzeug der Wahl ist. Der Motor ist nicht neu, aber er ist robust, drehfreudig und für Sauber vor allem bezahlbar. Man könnte sagen: der Kompromiss zwischen Machbarkeit und Ehrgeiz.
Auch fahrwerksseitig bleibt der C4 sachlich. Doppelte Querlenker, Schraubenfedern, konventionelle Dämpfer – bewährte Technik, aber verpackt in einem Chassis, das plötzlich ganz anders auf Lastwechsel reagiert. Für die Fahrer bedeutete das: härter, präziser, weniger Fehlertoleranz. Wer den C4 beherrscht, gewinnt. Wer ihn überfährt, scheitert.
Interessant ist, wie lange diese Grundarchitektur konkurrenzfähig bleibt. Blumer fährt 1975 Siege ein, Renold hält 1976 dagegen, und selbst als das Auto in Griechenland auf Bergrennen auftaucht, ist es noch immer konkurrenzfähig genug, um dort lokale Lorbeeren einzusammeln. Dass ein einzelnes Auto 20 Jahre lang aktiv im Einsatz steht, ohne in der Versenkung zu verschwinden, sagt viel über seine Substanz.
Die Restaurierung in den USA bringt den C4 zurück zu diesem Ausgangszustand. Original-Monocoque, originale Konfiguration, keine Modernisierung. Im Prinzip fährt er heute wie 1975, mit allen Eigenheiten einer Epoche, in der Fahrer den Grenzbereich noch direkt im Körper spürten. Kein ABS, keine Traktionskontrolle, kein Sicherheitsnetz ausser dem Helm.
Damit ist der C4 weniger ein museales Objekt als eine fahrende Zeitkapsel. Man kann an ihm den Übergang vom improvisierten Privatbau zum professionellen Konstrukteursansatz studieren. Er ist die Blaupause für Saubers Weg, der vom kleinen Hinwiler Betrieb in die Formel 1 führte. Ohne Alu-Monocoque im C4 kein C9, ohne C9 kein Le-Mans-Sieg, ohne Le-Mans kein Formel-1-Werksteam.
Die Rückkehr in die Schweiz ist also nicht nur sentimentale Folklore. Sie ist ein Reminder: Grosse Geschichten beginnen oft mit kleinen, unperfekten Schritten – und manchmal mit einem Auto, das aussieht wie ein Sportwagen, sich fährt wie ein Rennwagen und reist wie ein alter Seemann.