Von Heinz Schneider (Text)

Wenn man heute durchs Zürcher Quartier Seebach spaziert, hört man das Rumpeln der Züge, das Quietschen der Trams und manchmal das Grollen eines startenden Jets vom nahen Flughafen. Und man entdeckt, wenn man genau hinsieht, das Gauss-Stierli-Areal: Zwischen alten Werkhallen und neuen Wohnblocks wirkt es fast wie ein Relikt aus vergessenen Tagen – ein Ort, an dem man die Geschichte noch zwischen den Backsteinfugen spüren kann. Und genau hier kehrt sie nun in voller Pracht zurück: Mit einer Ausstellung, die den frühen Zürcher Pionieren des Automobilbaus gewidmet ist.

Vom 1. November 2025 bis Ende Januar 2026 zeigt die Sonderausstellung «Zürcher Automobile» im historischen Industriegebäude, was einst in den Werkstätten und Köpfen zwischen Limmat und Glatt entstand. Und das ist weit mehr, als man gemeinhin denkt: 39 Firmen sind heute bekannt, die im Kanton Zürich zu Beginn des 20. Jahrhunderts Autos bauten – ein vergessenes Stück Mobilitätsgeschichte, das man nun ans Licht holt.

Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den legendären «Seebachern». Sie stammen aus eben jenen Hallen, in denen die Ausstellung nun stattfindet. Zwischen 1918 und 1924 wurden hier unter dem Markennamen «Semag» elegante Tourenwagen gefertigt, deren Konstruktion auf den Ingenieur Rudolf Egg zurückgeht – ein Mann, der seiner Zeit weit voraus war. Egg war so etwas wie der Zürcher Carl Benz: Tüftler, Visionär, und, wenn man den Anekdoten glauben darf, auch ein wenig Dickkopf. Seine Autos galten als solide, aber charmant eigenwillig.

Gemeinsam mit «Swiss Car Register», «Swiss Classic World» und weiteren Partnern wurde ein Rahmenprogramm geschaffen, das die alte Industriehalle wieder zum Leben erweckt. Überlebensgrosse Arbeiterfiguren erinnern an jene, die hier einst schwitzten und feilten. Food-Trucks sorgen für Duft und Stimmung, ein Weihnachtsmarkt bringt Licht und Lachen in die alten Mauern. Und wer sich in all dem Glanz verliert, darf sich schon jetzt auf ein Buch freuen, das nach der Ausstellung erscheinen soll – als bleibende Erinnerung an die Zeit, als in Seebach Autos gebaut wurden.

Es ist eine Hommage an die frühen Zürcher Autobauer – und an einen Ort, der sich neu erfindet, ohne seine Vergangenheit zu verleugnen. Die «Seebacher» leben wieder auf, zwischen Rost und Romantik, zwischen Schraubenschlüssel und Glühwein. Und wer den Eintritt bezahlen möchte, kann sich das sparen: Der ist frei. Wie es sich gehört für eine Geschichte, die allen gehört.