Automobil

Neuer Van: Im Dacia Jogger zu viert nach Spanien – Folge 3

 

Von Heinz Schneider (Text und Fotos)

Falls Sie Folge 1 und Folge 2 von unserem Fahrbericht verpasst haben, hier eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse. Wir düsen vom Bündner Oberland nach Jávea an die spanische Costa Blanca – drei Erwachsene, ein Hund, 1680 Kilometer, 16 bis 18 Stunden Fahrzeit. Und das im nur 4,55 Meter langen brandneuen Dacia Jogger. Ob das gut geht, haben wir uns im Vorfeld gefragt. Und die Antwort schon bald gefunden.

 

Ja, es ging gut. Weil sich der Van der rumänischen Renault-Tochter einerseits in vielen Beziehungen als wirklich kommodes Reiseauto outet, andererseits aber auch genügend Platz bietet und obendrein über ein paar praktische Details verfügt, welche einen Trip in dieser Grössenordnung bequem beziehungsweise möglich machen. In diesem Zusammenhang schon erwähnt haben wir die im Testwagen serienmässig installierte Dachreling, ohne die unser Trip in der geplanten Form nicht möglich gewesen wäre. Sie besteht aus zwei längs montierten stabilen Streben: Die lassen sich lösen, quer übers Dach legen und auf der anderen Seite wieder fest verschrauben. So entsteht eine perfekte Halterung für eine Box mit Raum für jene sperrigen Koffer und Taschen, die sonst keinen Platz im Auto hätten.

 

Hinzu kommen breite hintere Seitentüren (erleichtern den Einstieg markant), die ausgewogene Strassenlage (Radstand: 2,90 m), eine steife Carrosseriestruktur, eine gelungene Fahrwerksabstimmung und gute Platzverhältnisse, was zusammen mit den bequemen Sitzen (Reihe 3 ist wie im Kino am höchsten positioniert) ein kommodes Vorwärtskommen garantiert. Sein Nachteil ist die geringe Ellbogenfreiheit – sowohl auf den vorderen als auch hinteren Plätzen.

 

Das allerdings schmälert die Freude an unserer Reise keineswegs, die uns wie erwähnt von der Surselva nach Jávea (valencianisch/katalanisch = Xàbia) in die Provinz Alicante an die spanische Costa Blanca führt. Von 1987 an waren wir als Familie einige Male da – und wollen jetzt, viele Jahre später, sehen, wie sich der Ferienort mit seinen mittlerweile knapp 30 000 Einwohnern in dieser langen Zeit verändert hat.

 

Überraschung Nummer 1: Die laut knatternden Scooter – früher meist von Jugendlichen ohne Helm gefahren – gibt es nicht mehr. Dafür hochklassige und punkto Belag und Qualität an frisch sanierte F1-Pisten erinnernde Quartierstrassen. Und riesige Kreisel mit saftigen Sträuchern, Pflanzen und Bäumen: Sie lassen jeden kreativen Schweizer Landschaftsgärtner vor Neid erblassen. Ebenfalls noch da ist an der Strandpromenade mein früher oft aufgesuchte «Tabaco»-Laden. Sogar die bevorzugten «Don Juan»-Zigarren sind noch im Angebot. Leider habe ich das Rauchen in der Zwischenzeit aufgegeben, was insbesondere die lästigen stechfreudigen Mücken freut, die abends vor unserer Mietvilla um Beine und Arme herumschwirren.

 

Das Thema Verkehrsberuhigung (wir nennen das jetzt mal so) ist von Jàveàs Stadtvätern radikal angegangen worden – und zwar so gründlich, dass die Gesichter der roten Stadtzürcher Politiker schlagartig grün werden würden. Vor Neid. Denn im Ort gilt flächendeckend Tempo 20 oder 30, Einbahnstrassen haben Hochkonjunktur, und die Fahrbahnen sind geradezu mit Schwellen übersät. Im Gegenzug stellt die Obrigkeit im Zentrum Hunderte von Parkplätzen zur Verfügung – und erst noch ohne Parkuhren. Auffallend war übrigens auch, dass Restaurants und Läden – im Gegensatz zu früher, wo alles in einheimischer Hand war – heute vielfach von chinesischen Geschäftsleuten geführt und chinesischem Personal betreut werden.

 

Überraschung Nummer 2: Das Publikum ist ein ganz anderes geworden, sowohl hinsichtlich der Feriengäste in den Hotels als auch der ausländischen Immobilienbesitzer. Denn mittlerweile haben sich die früheren Bungalows vielfach in Villen im Fünfsterne-Stil verwandelt – versteckt hinter meterhohen Palisaden und dicken Mauern. Davor parken nicht selten Ferraris und Lamborghinis – die man dann abends an der Strandpromenade wieder trifft, zusammen mit fetten M-BMWs und AMG-Mercedes mit Ukraine-Nummernschild.

 

Was der grossen Aufmerksamkeit, die der Jogger im Ort provoziert hat, allerdings nicht den geringsten Abbruch tat. Zwar kennen die Einheimischen den kompakten Dacia Duster bestens und man sieht ihn auch oft, der neue Van hingegen war für sie so etwas wie eine kleine Sensation. Egal, ob er vor dem Einkaufszentrum «Mas y Mas», an der örtlichen Kartbahn oder vor einem Restaurant parkierte: Sofort stand er im Mittelpunkt. Und das nicht nur wegen seines auch in Spanien fairen Verkaufspreises, der für unseren Testwagen in der höchsten Ausstattungsstufe «Comfort» hierzulande 20 090 Franken beträgt.

 

Nein, auch die schicke Optik und der auf dem Papier schmalbrüstig wirkende Dreizylinder-Turbobenziner mit variabler Ventilsteuerung und 110 PS – übrigens neu in der Dacia-Motorenpalette – gab zu reden. Nicht als souveräner Sportler (beim Aufstieg von Jàvea zur Ferienresidenz Balcon al Mar ging ihm beladen schon Mal leicht der Schnauf aus), sondern als komfortables Triebwerk, das locker aus dem Starthaus kommt, in Tat und Wahrheit jedoch am liebsten so zwischen 2000 und 6000 Touren vor sich hindreht.

 

Bis 2023 gibt es den Jogger ausschliesslich mit der gut bedienbaren manuellen Sechsgangschaltung, später soll ein Hybridmodell mit 140 PS und serienmässiger Automatikschaltung hinzukommen. Übrigens: Rechnet man all die verschiedenen Details (el. Parkbremse, Aussenlackierung «Bleu Iron», Klimaautomat, Pollenfilter, Sitzheizung, «Toter-Winkel»-Warner, Einparkhilfe vorne, Rückfahrkamera, 16-Zoll-Alufelgen «Mahalia») hinzu, mit denen unser Auto aufgepimpt worden ist, kommt man auf 22 940 Franken. Für diese Summe gibt es anderswo gerademal einen «nackten» Van in Basisausführung.

 

Fast ist es vergessen gegangen: Wer Jàvea kennt, weiss auch von den vielen feinen Restaurants, die es dort gibt – pérdon, gegeben hat. Denn der knallharte Konkurrenzkampf hat in der Vergangenheit Spuren hinterlassen, das zahlenmässige Angebot schätzungsweise halbiert. Nach wie vor zu unseren Favoriten zählt das 1988 eröffnete (wir waren von Anfang an dabei) und immer noch von denselben Einheimischen geführte «El Faisan» direkt an der Hauptstrasse. Dort werden Fleischspezialitäten mit allem Drum und Dran serviert, und die wohl besten Miesmuscheln weit und breit. Schräg gegenüber befindet sich das China Restaurant «Wok»: Für 15 Euro gibt es dort ein Buffet à discrétion – in Top-Qualität und riesengrosser Auswahl. Als Geheimtipp geht das «Bar Restaurant El Campo» ausserhalb von Jàvea durch. Die Weine dort sind fein, die internationale Küche gut und der Spirit im Garten konkurrenzlos. Da passt für einmal sogar eine «Don Juan» zur Ambiance – so quasi als einmalige Ausnahme an einem fast einmaligen Ort.

 

 

Dacia Jogger TCe 110 Comfort, 7 Sitze
Preis ab 20 090 Fr.
Zylinder / Hubraum 3 / 999 ccm
Leistung 110 PS ab 5000 U/min
Drehmoment 200 Nm bei 2900 U/min
Antrieb Front, 6-Gang, manuell
0 – 100 / Spitze 11,2 Sek, 183 km/h
Verbrauch (Werk) 5,9 l /100 km
Energieklasse B CO2 134 g/km
Länge / Breite / Höhe 4,55 / 1,78 / 1,67 m
Kofferraum 160 bis 2085 Liter
Anhängelast 1200 Kilo

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